Tipps für pflegende Angehörige: Was Sie wissen sollten
Training für Angehörige:Auch die Pflege zu Hause will gelernt sein
von Ingeborg Rüthers und Julia Bug
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Einen großen Anteil in der Pflegeleistung erbringen pflegende Angehörige. Darauf vorbereitet sind sie jedoch nur selten. Wie Familiale Pflege dabei helfen und unterstützen kann.
Mit Schulung und Training sollen Angehörige die Angst verlieren, etwas verkehrt zu machen bei der Pflege zu Hause.
Quelle: Jana Bauch/dpa
Wird ein Familienmitglied mit einer Pflegebedürftigkeit aus dem Krankenhaus entlassen, möchten viele Angehörige die Pflege zu Hause selbst übernehmen. Mit dieser Entscheidung stehen sie allerdings oft vor großen Herausforderungen. Hier greift das Angebot der so genannten Familialen Pflege. Das Ziel: den Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Pflege zu ermöglichen und dabei zu unterstützen.
Training ist unabhängig von Pflegegrad oder Krankenkasse
In vielen Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg wird die Familiale Pflege in Kooperation mit der AOK NordWest und der AOK Hamburg/Rheinland angeboten. Alle Leistungen sind kostenfrei und unabhängig von der Krankenkassenzugehörigkeit. Die Kosten tragen die Pflegekassen, unabhängig von Alter oder Erkrankung.
Das Angebot ist zudem an keinen Pflegegrad gebunden. Es richtet sich an Angehörige, die Patientinnen und Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt zu Hause pflegen und versorgen. Auch Angehörige, die zu Hause mit Unterstützung eines Pflegedienstes pflegen und versorgen, können das Angebot in Anspruch nehmen.
Wie kann häusliche Pflege gut gelingen? Sabine Hentrich, Pflegeleiterin an der Uniklinik Aachen, zeigt, wie sie mit der Familialen Pflege Angehörige unterstützt.14.03.2023 | 4:48 min
Pflegetraining soll häusliche Versorgung erleichtern
Mit der Familialen Pflege soll die Kompetenz von pflegenden Angehörigen im Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Versorgung gefördert werden. Am Universitätsklinikum Aachen kümmert sich Pflegeleiterin Sabine Hentrich mit ihrer Kollegin Barbara Maier seit 2019 um betroffene Familien. Bereits vor der Entlassung des zu Pflegenden aus dem Krankenhaus werden die pflegenden Angehörigen auf ihre Aufgaben zuhause vorbereitet. Denn viele finden sich damit in einer unerwarteten und neuen Situation wieder.
Diese Angst soll den Angehörigen durch gute Schulung und Training genommen werden. Je nach Pflegebedürfnis werden ihnen wichtige pflegerische Kenntnisse vermittelt.
Wichtig beim Pflegen von Angehörigen: Rechtzeitige Organisation
Bereits im Vorfeld wird geklärt, wie die Gegebenheiten zu Hause sind und ob weitere Hilfsmittel benötigt werden. Auch hier unterstützt die Pflegetrainerin bei der Beantragung.
"Hilfsmittel, die benötigt werden, sollten schon zu Hause sein, bevor der Patient nach Hause kommt. Es ist wichtig, dass man das rechtzeitig organisiert", weiß Sabine Hentrich. Zudem beraten Pflegeleitung, Physiotherapeuten und Ärzte gemeinsam und bedarfsorientiert, was das Beste für die Familie ist.
Beratungsgespräche: Ängste und Sorgen der pflegenden Angehörigen werden hier besprochen und das Vorgehen festgelegt. Ebenfalls wird bei der Hilfs- und Heilmittelversorgung vor der Entlassung unterstützt. Es werden Hilfen zu Pflegegrad- bzw. Höherstufungsanträgen gegeben. Der mögliche Aufbau eines Netzwerks aus verschiedenen Hilfsangeboten wird besprochen, z.B. Hilfe durch Freunde, Nachbarn oder einen ambulanten Pflegedienst.
Pflegetraining im Krankenhaus: Alle zur Pflege notwendigen Handlungen, die speziell auf die Erkrankung des Pflegebedürftigen abgestimmt sind, werden dabei erlernt.
Gruppen-oder Einzelpflegekurse: Pflegemaßnahmen können hier weiterführend praktisch geübt werden.
Hausbesuche: Bis sechs Wochen nach der Entlassung wird bei Hausbesuchen die Pflege zu Hause mitbetreut. Außerdem kann vor Ort geprüft werden, ob die häuslichen Gegebenheiten angepasst werden müssen, ob Hilfsmittel fehlen oder räumliche Gegebenheiten verändert werden sollten.
Unterstützung bei Übergang in die häusliche Pflege
Nach der Unterstützung im Krankenhaus werden die Familien bis zu sechs Wochen zu Hause weiter begleitet. Viele Fragen der Angehörigen ergeben sich oft erst im veränderten Alltag. Durch Hausbesuche können Sabine Hentrich und ihr Team vor Ort überprüfen, ob alles gut funktioniert und vor allem, wie es der Familie geht.
Da müsse man die Angehörigen auch noch einmal darauf hinweisen, dass sie sich Hilfe dazu holen oder sich regelmäßig auch eine Auszeit gönnen,erklärt Kollegin und Pflegeschwester Barbara Maier.
Der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal wird immer dramatischer. Doch es gibt Hoffnung: In naher Zukunft könnten menschengroße Roboter Pflegeaufgaben übernehmen.
von Lucia Gillemot und Benjamin Rost
mit Video
Großer Wunsch nach Verbleib im häuslichen Umfeld
Der Wunsch nach häuslicher Pflege wird immer häufiger geäußert. Meist sind emotionale Werte mit familiärer Loyalität die Motivation dafür. Der Wunsch nach dem Verbleib im häuslichen Umfeld ist vor allem bei Paaren sehr hoch, um eine Heimunterbringung zu vermeiden.
"Es ist für die Familien wichtig, dass sie einen Ansprechpartner haben, der Zeit für sie hat, der ihnen zuhört, der ihnen in Ruhe viele Dinge zeigt, die im laufenden Klinikbetrieb nicht immer so machbar sind",sagt Sabine Hentrich.
Die Familiale Pflege ist eine Möglichkeit, häusliche Pflege zu organisieren und Angehörige zu unterstützen. Wo Familiale Pflege nicht angeboten wird oder wer diese nicht nutzen möchte, kann sich an die Pflegekasse wenden. Zuständige Beraterinnen und Berater nehmen dann Kontakt zu den Familien auf.
Das Bundesministerium für Gesundheit informiert umfassend zu Themen rund um die häusliche Pflege:
Wie geht es mit dem Partner oder einem Angehörigen weiter, wenn er nicht mehr für sich selbst entscheiden kann? Wer als Betreuungsperson in Frage kommt und was alles zu regeln ist.