Live-Shopping: Wie Trend aus China das Einkaufen verändert
Trend aus China:Wie Live-Shopping das Einkaufen verändert
von Patrick Andreas
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Beim Live-Shopping wird Einkaufen zur wahren Show im Internet - und soll Kunden mehr Informationen bieten. Dabei ist die Idee hinter dem Trend aus China nicht wirklich neu.
Um was geht es beim digitalen Trend des "Live-Shoppings"?
Quelle: Imago
"Eine neue Dimension des Shopping-Erlebnisses" hat Deutschland erreicht, sagt Jasmin Wollesen von "Millenium Technology". Die Hamburger Digitalagentur beschäftigt sich unter anderem mit dem deutschen Online-Handel und genau dieser könnte durch das sogenannte Live-Shopping zukünftig neu definiert werden.
Das Konzept kommt ursprünglich aus China, sorgt dort bereits für Milliardenumsätze und wird auch in Deutschland immer mehr eingesetzt - zum Beispiel vom Buchhandel-Riesen Thalia:
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mit Video
Was ist Live-Shopping?
Beim Live-Shopping bieten Unternehmen per frei verfügbaren Videostream ihre Produkte so im Internet an, als würde man direkt im Geschäft einkaufen und sich beraten lassen. Das Besondere: Um selbst live dabei zu sein, benötigt es nur das eigene Smartphone.
Interessierte Kundinnen und Kunden können dann bei den Streams nicht nur zusehen, sondern sich über einen Live-Chat mit den Moderierenden der Shows, den Hosts, austauschen, Fragen stellen und die in den Streams gezeigten Artikel direkt nach Hause bestellen - und das durch bloßes Tippen auf dem eigenen Gerät.
Möglich wird das durch spezielle Software, die für die unternehmenseigenen Apps, die Internetseiten der Firmen oder die sozialen Medien angewendet werden kann.
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Bekannte Unternehmen setzen auch in Deutschland auf Live-Shopping
Das dem Teleshopping ähnelnde, aber an das Internet angepasste Konzept wird in Deutschland mittlerweile von einer ganzen Reihe bekannter Unternehmen angewendet:
"Live-Shopping ist ein fester Baustein in unserem Mediamix", erklärt beispielsweise Susanne Killian von MediaMarktSaturn. Die größte Elektronikfachkette Europas erreiche bis zu 250.000 Menschen pro Show, so die Unternehmenssprecherin.
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Livestream ermöglicht direkte Rückmeldung der Kunden
Auch Sebastian Bayer, Geschäftsführer der Drogeriemarktkette dm, die Streams per App anbietet, ist begeistert:
Der größte deutsche Online-Shop OTTO setzt ebenfalls schon länger auf eigene Streams: Man sei von dem Konzept vollkommen überzeugt, heißt es von Sandra Barnstedt, bei OTTO zuständig für Marketing. "Es gibt nichts Wichtigeres als die Beziehung zum Kunden", so Barnstedt.
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Live-Shopping bietet zusätzliche Informationen
Laut Fachleuten wie Wollesen sei es nur logisch, dass diese und weitere Unternehmen wie IKEA, Lidl oder Douglas in Deutschland zunehmend in Live-Shopping investieren: "Kunden brauchen im Online-Shopping wesentlich mehr Informationen als herkömmliche Webseiten bieten können. Diese Lücke schließt die Live-Interaktion mit den Zuschauern."
Dass Einkaufen so immer mehr zur Show wird, stößt jedoch auch auf Kritik: "Nicht jede Sonderaktion und jeder Rabatt sparen wirklich Geld. Teilweise werden die Produkte vorher teurer gemacht, nur um sie dann wieder mit einem Schein-Rabatt besonders günstig wirken zu lassen - ähnlich wie am Black Friday", warnt Markus Nüttgens, Professor an der Universität Hamburg und Experte im Bereich Online-Handel.
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Lohnt sich das Live-Shopping-Format?
Doch auch von Unternehmensseite wird mehrfach darauf hingewiesen, vor welchen anderen Problemen man noch stehe: Die Softwarekosten seien teilweise höher als zum Beispiel in China, die Zuschauerzahlen dagegen viel kleiner.
Bisher hätten laut einer Studie nur acht Prozent der Deutschen Live-Shopping ausprobiert. Auch die mangelnde digitale Infrastruktur in ländlichen Gebieten führe immer wieder zu instabilen Internetverbindungen und würde Menschen davon abhalten, die Streams zu verfolgen. Live-Shopping stecke damit in Deutschland noch in den Kinderschuhen.
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