Regierungserklärung des Kanzlers: Scholz bekräftigt Scholz

    Regierungserklärung des Kanzlers:Scholz bekräftigt Scholz

    Nicole Diekmann
    von Nicole Diekmann
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    Mit seiner "Zeitenwende"-Rede vor einem Jahr hat Scholz Maßstäbe gesetzt und seitdem viel Kritik einstecken müssen. Der Kanzler sieht das anders und bleibt sich inhaltlich treu.

    "Zeitenwende" ist ein großes Wort. Genau deshalb hat Olaf Scholz es in seiner berühmten Regierungserklärung am 27. Februar 2022 ja verwendet, drei Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Allerdings hat er damit auch Maßstäbe gesetzt und Erwartungen geweckt, an denen er seitdem gemessen wird.
    Deshalb hat der Kanzler viel Kritik einstecken müssen in den zwölf Monaten seit Kriegsausbruch. Zögerlichkeit wurde und wird ihm von der einen Seite vorgeworfen, vor allem in der Frage der Waffenlieferungen. Scholz lasse sich treiben, sei nie vor der Welle, sondern würde erst dann den Lieferungen von zuletzt Panzern zustimmen, wenn der Druck auf ihn fast unerträglich hoch werde.
    Die andere Seite, und dazu gehören auch Teile aus Scholz’ Partei, tun sich schwer mit dem Bruch des seit Jahrzehnten währenden deutschen Diktums, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern. Und über allem liegt stets die grundsätzliche Kritik an der aus Sicht vieler zu schwachen, zu unklaren und zu defensiven Kommunikation des Regierungschefs.
    Sehen Sie hier die Regierungserklärung des Kanzlers in voller Länge:

    Kanzler bedankt sich für Unterstützung

    Scholz sieht das anders, das hat er vielfach klargemacht, und seine Art der Politik als Besonnenheit und Zurückhaltung gerechtfertigt. Und das mitunter auch in der Deutlichkeit, die seine Kritiker an ihm so oft vermissen. In der ZDF-Sendung "maybrit illner" bezeichnete Scholz Kritik des polnischen Ministerpräsidenten an seiner Ukraine-Politik als "ein bisschen lächerlich."
    Heute Morgen im Bundestag legte Scholz, der zur emotionalen Ansprache nur in absoluten Ausnahmefällen neigt, eine solche Schärfe nicht an den Tag. Wie im Übrigen auch der grundsätzlich leidenschaftlicher temperierte Oppositionsführer, CDU-Fraktionschef Friedrich Merz. Bei ihm, bei der gesamten Union, bedankte sich Scholz für die Unterstützung seines Kurses.
    Das hatte in den vergangenen Monaten oft anders geklungen. Heute aber war das gut hörbare Signal ein wohltemperiertes. Auch Annalena Baerbock dankte Scholz, sogar gleich mehrfach. Auch um das Verhältnis zwischen ihnen beiden ist es nicht zum Besten bestellt. Baerbock verfolgt eine offensivere Kommunikation als Scholz, beispielsweise in der Frage, ob, in welchem Umfang, von welcher Schlagkraft und welche Waffen an die Ukraine geliefert werden sollten.

    Deutliche Worte Richtung Peking

    Und auch inhaltlich blieb Scholz sich treu: Unbedingte Waffenlieferungen ja, aber nur in enger Absprache mit den internationalen Partnern. Bessere Ausstattung der Bundeswehr, die wieder zu einer funktionierenden Truppe werden soll. Entbürokratisierung der Beschaffungsprozesse für das Heer. Kein Diktatfrieden für die Ukraine. Vermeidung einer Eskalation des Krieges. Die Ukraine darf nicht verlieren, Deutschland darf nicht zur Kriegspartei werden. Scholz bekräftigt Scholz, das ist die Quintessenz der gut einstündigen Rede des Kanzlers.
    Nicht scharf, aber deutlich wurde er gegenüber China. "Nutzen Sie Ihren Einfluss auf Russland, liefern Sie keine Waffen an den Aggressor", forderte Scholz, und kritisierte außerdem die mangelnde Dialogbereitschaft Chinas gegenüber der Ukraine und die Verurteilung des russischen Angriffskrieges.

    Scholz addressiert Wagenknecht und Schwarzer

    Und auch die Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht und die Feministin Alice Schwarzer adressierte Scholz in seiner Rede: Die beiden Frauen hatten am Samstag in Berlin eine als "Friedens-Demo" deklarierte Kundgebung veranstaltet und sich für Verhandlungen und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. In ihre Richtung sagte Scholz:

    Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine.

    Olaf Scholz, Bundeskanzler

    Deutliche Worte also vom Kanzler. Ob oder gar dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse, sagte Scholz allerdings auch heute nicht. Auch da blieb er sich treu.
    Nicole Diekmann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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