Ein Jahr "Zeitenwende" von Scholz: CDU mit kritischer Bilanz
Ein Jahr nach "Zeitenwende"-Rede:Spahn: "Der Kanzler bricht seine Versprechen"
|
Ein Jahr nach der "Zeitenwende"-Rede wirft die CDU dem Kanzler verpasste Chancen vor. Vom Bundeswehr-Sondervermögen sei "so gut wie nichts verplant" worden, so Fraktionsvize Spahn.
Ein Jahr nach der "Zeitenwende"-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag hält die oppositionelle CDU ihm verpasste Chancen vor.
Spahn: Bundesregierung hat Flughöhe nicht gehalten
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte der "Neuen Westfälischen", die Rede des Kanzlers sei grundsätzlich richtig gewesen. "Ich dachte an dem Tag: Wow, das kann diese Kanzlerschaft prägen", erinnert sich Spahn.
Von dem Bundeswehr-Sondervermögen sei bisher "so gut wie nichts verplant" worden.
Scholz hatte wenige Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine einen Richtungswechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen zur Modernisierung der Bundeswehr angekündigt.
Der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter sagte der "Augsburger Allgemeinen":
"Die Bundeswehr hat ungeheure Defizite und die Zeitenwende hat bei ihr bislang noch gar nicht begonnen", sagte Kiesewetter.
Kiesewetter bezieht sich damit auf einen Social-Media-Post von Heeresinspekteur Alfons Mais, der am Tag des Kriegsbeginns geschrieben hatte: "Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da."
Laut Kiesewetter ging Scholz bei seiner Rede davon aus, dass russische Truppen die Ukraine innerhalb weniger Tage erobern könnten und "dann an der polnischen Grenze stehen". Doch es sei anders gekommen. "Als man merkte, dass die Ukraine sich erfolgreich zu Wehr setzte, erlahmte dieser Schwung sofort."
SPD-Chefin Esken weist Vorwürfe zurück
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wies die Vorwürfe in der "Augsburger Allgemeinen" zurück. Die Kanzler-Rede "enthielt ein klares Signal an unsere wichtigsten Verbündeten: Deutschland wird verteidigungspolitisch reifen", sagte sie.
In schnelllebigen Zeiten werde dann verlangt, dass sich dieser Prozess "in Echtzeit" abspiele.
Aus dem Sondervermögen wurden im Haushaltsjahr 2022 keine Mittel verwendet, allerdings sind laut Verteidigungsministerium inzwischen rund 30 Milliarden Euro verplant. Die Rüstungsindustrie beschwerte sich mehrfach über die schleppende Auftragsvergabe.
Pistorius fordert Aufstockung des Verteidigungsetats
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" an, dass die Rüstungsfirmen künftig Abschlagszahlungen für Aufträge erhalten sollen und nicht erst bei Lieferung bezahlt wird. "Das machen wir jetzt in Zukunft. Einfach auch, um zu dokumentieren, dass Geld abfließt", sagte Pistorius.
Er bekräftigte zudem seine Forderung nach einer Aufstockung des Verteidigungshaushaltes: "Klar ist nur, das muss man in aller Deutlichkeit noch mal unterstreichen, die 100 Milliarden Sondervermögen sind das eine, die werden noch drei Jahre brauchen, bis sie ausgegeben sind", sagte er.
Der Etat des Verteidigungsministeriums müsse deutlich wachsen, "weil wir sonst die Aufgaben nicht wahrnehmen können, die es 30 Jahre lang nicht wahrzunehmen galt".
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.