Ampel vor dem Aus? Scholz: Wenn man will, kann man
Ampel-Koalition vor dem Aus?:Scholz: Wenn man will, kann man
von Kristina Hofmann
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Ampel-Koalition vor dem Aus? Noch ist es nicht so weit. Am Dienstag sprechen alle drei Parteien vom Zusammenraufen. Lindners-Papier ist vom Tisch. Eine Minderheitsregierung auch.
Ringen um die Ampel: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, rechts) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Quelle: dpa
Manche Pausen sagen viel. FDP-Fraktionschef Christian Dürr müht sich am Dienstag viele Minuten, das Wirtschaftspapier von Bundesfinanzminister Christian Lindner zu verteidigen. Es sei durchgerechnet, es sei finanzierbar, die FDP bekomme positive Rückmeldungen aus der Wirtschaft darauf. Die Ampel-Koalition sei jetzt in der Verantwortung, den Wirtschaftsstandort zu stabilisieren und Strukturreformen nachzuholen, die seit Jahrzehnten versäumt worden seien.
Die Ampel vor dem Aus? Darum gehe es nicht, sagt Dürr: Es gehe um "eine Kraftanstrengung der gesamten Koalition, darauf liegt mein Fokus, heute, morgen", Pause, Dürr schaut Richtung Decke, Pause – "und in der Zukunft" schiebt er hinterher. Und lächelt in die Runde.
Viele Papiere und viele Gespräche
Wie weit gespannt diese Zukunft ist, darum geht es in diesen Tagen, vielleicht auch Stunden. Hat die Koalition eine Zukunft bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst nächsten Jahres oder nur bis diese oder nächste Woche?
Lindner hat ein Papier zur Belebung der Konjunktur vorgelegt, was die Teile der SPD zum Großteil ablehnt, aber andere als Grundlage sehen. Zugeständnisse sind möglich. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat schon welche gemacht und die Intel-Millionen zur Deckung der Haushaltslücke angeboten. Was aber wiederum die FDP für viel zu wenig hält.
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Gesprochen wird viel: In Einzelrunden, am Mittwochabend treffen sich alle zum Koalitionsausschuss. Bis zu einer Entscheidung geht es auch darum, den Eindruck zu vermeiden, man lasse leichtfertig die Koalition platzen. Also betont Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dass eine Einigung möglich sei, an der jetzt alle arbeiten müssten.
Mützenich findet Lindner "albern"
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betont ebenfalls, es werde "in diesen Stunden sehr intensiv daran gearbeitet", zu einer Lösung zu kommen. "Wir sprechen über alles", so Mützenich.
Dabei ist die Belebung der Wirtschaft das eine, das Schließen der Haushaltslücke das andere. Um überhaupt einen Etat nächste Woche verabschieden zu können, muss eine Einigung am Freitag dem Haushaltsausschuss des Bundestages geschickt werden. "Wir sind im Zeitplan, wir brauchen nur politische Entscheidungen", so Mützenich.
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Lindners Papier, die beiden eigene Wirtschaftsgipfel der FDP? "Das fand ich albern", sagt Mützenich. Auch der Bundesfinanzminister habe doch inzwischen einsehen müssen, dass sein Papier "nicht alle" überzeugt. Es gehe doch nicht um das Papier, sondern eine Lösung für den Wirtschaftsstandort.
Grüne: Papier keine Ampel-Grundlage
Ähnlich sehen es die Grünen. Lindner könne doch nicht ernsthaft damit rechnen, sagte Fraktions-Co-Vorsitzende Katharina Dröge, dass sein Papier, dessen Vorschläge die gesamte Klimapolitik "schreddert", Regierungspolitik werde. Es sei noch nicht einmal "Grundlage des Gesprächs" in der Regierung, so Dröge. Lindners Papier sei eher für die FDP gedacht und nach dem Motto:
Auch Dröge betont: Die Grünen seien daran interessiert, die Konjunktur zu beleben. Sie hätten Vorschläge gemacht, nun seien die anderen dran.
Und wenn die keine machen? Steht dann die Koalition vor dem Aus? "Wir Grünen wollen in der Koalition so lange Verantwortung übernehmen, so lange diese Legislaturperiode gilt", sagt Dröge. Eine Minderheitsregierung mit der SPD kann sie sich nicht vorstellen. "Wir wollen eine Koalition, die eine Mehrheit hat im Bundestag, alles andere macht keinen Sinn."
Eine Minderheitsregierung, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ins Spiel gebracht hatte, denkt Fraktionschef Mützenich derzeit nicht nach, sagt er. Nicht umsonst sollte eine Regierung eine Mehrheit im Bundestag haben. "Ich wünsche mir, dass die beiden Koalitionspartner mit dazu beitragen, dass wir eine stabile Regierung haben", so Mützenich.
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Die Union fällt als Mehrheitsbeschaffer für eine solche Minderheitsregierung aus, machte heute CDU-Chef Friedrich Merz klar. Sie will auch nicht in eine SPD-Regierung eintreten. Entweder rauft sich die Ampel zusammen, so Merz. "Oder macht den Weg anständig frei für Neuwahlen."
Laut CSU-Chef Markus Söder mehr als politische Arithmetik:
Von der FDP heißt es am Dienstag: Ampel-Aus, Minderheitsregierung, das sei alles "politische Spekulation". Eine Lösung sei machbar, "wenn der Wille da ist", so Fraktionschef Dürr.
Ob er da ist, werden die nächsten Tage zeigen. Oder Stunden.