Experte zu Ampel-Beschlüssen: "Das ist nicht der große Wurf"

    Ampel-Beschlüsse nach Klausur:Experte: "Das ist nicht der große Wurf"

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    Wirtschaftsexperte Rasenberger ist nicht überzeugt von den Ergebnissen der Ampel-Klausur. Das Wachstumschancen-Gesetz werde "verpuffen", gegen Bürokratie könne mehr getan werden.

    Bei der Kabinettsklausur in Meseberg demonstriert die Ampel-Regierung Geschlossenheit. Sogar auf ein Gesetz hat sie sich geeinigt: Das Wachstumschancengesetz. Allerdings ist Wirtschaftsexperte Peter E. Rasenberger nicht ganz so begeistert. "Nein, das ist nicht der große Wurf", sagt der Thinktank-Gründer bei ZDFheute live.
    Kern des Gesetzes ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. Bei der Einigung auf das Gesetz sei es wohl auch sehr darum gegangen, "Handlungsfähigkeit zu präsentieren", vermutet Rasenberger. Damit sollte gezeigt werden, "dass es jetzt vorangeht". Die Ampel-Koalition hätte das Gesetz dem Experten zufolge auch schon früher verabschieden können.

    Die Regierung wird schon in den nächsten Wochen und Monaten eingeholt werden von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.

    Peter E. Rasenberger, Wirtschaftsexperte

    Rasenberger befürchtet sogar eine Immobilienkrise. In den letzten paar Tagen seien mehr Immobilienvermögen in die Insolvenz gerutscht als die sieben Milliarden des Pakets. "Dieses Sieben-Milliarden-Paket wird verpuffen."

    Wirtschaftsexperte: Mehr Gesetze als alle anderen Länder

    Den Unternehmen sollen in Zukunft außerdem Abschreibungen leichter gemacht werden. Das sei schön und wirksam, aber löst laut Rasenberger die derzeitigen wirtschaftlichen Probleme nicht ausreichend:

    Die Unternehmen, die sich jetzt ins Ausland verabschieden oder komplett stillgelegt werden, die werden nicht dadurch im Land gehalten, dass wir irgendwann einen Kopierer besser abschreiben können.

    Peter E. Rasenberger, Wirtschaftsexperte

    Alles, was die Ampel-Koalition auf der Klausur nun beschlossen hat, hätte längst schon beschlossen werden können, betont der Wirtschaftsexperte. Auch beim Abbau von Bürokratie. Auch wenn es gut sei, was nun beschlossen wurde. "Wenn sie im Kern Bürokratie abbauen wollen, muss man doch erkennen, dass wir in einem Land leben, das mehr Gesetze hat als jedes andere Land auf diesem Planeten."

    Experte: Bürokratieabbau "absolut richtig"

    Justizminister Marco Buschmann (FDP) will mit einem Bürokratieentlastungsgesetz vor allem kleine und mittelständische Unternehmen entlasten. Unternehmen müssen beispielsweise nicht mehr so viele Papiere jahrelang aufheben.
    "Bürokratie abzubauen ist absolut richtig", betont Rasenberger. "Das Bisschen" der Ampel-Regierung werde ihm zufolge nicht reichen. Es müsse als allererstes über den Abbau von Gesetzen gesprochen werden.

    Wenn Steuergesetze so umfangreich sind in Deutschland, dass ihr Leben nicht mehr ausreichen wird, alle Gesetze, die sie befolgen müssen, zu lesen, dann hat der Kaiser keine Kleider mehr an und dort sind wir angekommen.

    Peter E. Rasenberger, Wirtschaftsexperte

    Noch keine Einigung beim Industriestrompreis

    Die Bundesregierung streitet seit Monaten auch schon über den Industriestrompreis. Die FDP fordert Steuererleichterung, die SPD hingegen will den Strompreis auf fünf Cent pro Kilowattstunde senken - Bundeskanzler Olaf Scholz ist allerdings kritisch.
    Dazu war aber auch nach der Klausurtagung noch keine Einigung in Sicht. Das stört den Wirtschaftsexperten Rasenberger aber nicht: "Weil es aus meiner Sicht als Ökonom gar nicht möglich ist, als ein Nationalstaat von der Größe der Bundesrepublik Deutschland gegen den weltweiten Energiemarkt zu wetten."
    Deutschland müsse sich stattdessen darüber im Klaren werden, wie viel Strom benötigt wird. Und dann so viel Strom wie möglich produzieren. Die Hemmnisse bei der Stromproduktion, wie etwa lange Genehmigungsverfahren bei Windkraftanlagen, müssten ausgeräumt werden. "Dann, wenn das Angebot steigt, die Nachfrage sich so entwickelt, wie es vorausgesagt wurde, fällt der Strompreis."

    Rasenberger: Viele Möglichkeiten der Stromproduktion

    Dabei gäbe es Rasenberger zufolge viele Möglichkeiten, mehr Strom zu produzieren: Beispielsweise die Dachflächen auf mittelständischen Unternehmen oder ICE-Außenflächen, auf denen Solarpanele angebracht werden könnten.
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    Die Bundesregierung will die Regeln für Netzausbau und Strompreis reformieren: Da, wo grüner Strom produziert wird, soll er preiswerter zu haben sein. Bayerns Ministerpräsident Söder ist dagegen.25.08.2023 | 2:25 min
    Auch den Streit zwischen den Bundesländern um die Strompreise findet er nicht zielführend. Das "Hickhack" zwischen den Bundesländern müsse endlich beendet werden. Außerdem könne nicht auf jeden Bürgerprotest Rücksicht genommen werden.

    Der Kanzler hat gesagt, wer bei ihm Führung bestellt, bekommt sie geliefert. Es wird Zeit, das zu liefern.

    Peter E. Rasenberger, Wirtschaftsexperte

    Wer zahlt wie viel?
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