Unterschriften? Mitglieder? Warum Parteien nicht antreten
Bundestagswahl:Warum Parteien nicht auf den Wahlzettel kommen
von Kristina Hofmann
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Die Wahlzettel werden lang: Viele Parteien wollen in den Bundestag. Wer draufsteht, entscheidet der Bundeswahlausschuss. Die Identitäre Bewegung ist raus, die Pogo-Partei auch.
Viele Parteien wollen in den Bundestag. 56 kleinere Vereinigungen haben beantragt, antreten zu dürfen. Darüber entscheidet jetzt der Bundeswahlausschuss.
Quelle: picture alliance / photothek
Eine verschollene E-Mail, fehlende Unterschriften und manchmal schlicht und einfach zu wenig Mitglieder: Wer bei der Bundestagswahl am 23. Februar auf dem Wahlzettel stehen will, muss einige Hürden nehmen. Ob man dann auch wirklich eine Partei ist oder irgendwas zwischen Interessengruppe und Verein bleibt, entscheidet der Bundeswahlausschuss. Am Montag hat er damit begonnen.
56 Vereinigungen wollen zu denen auf den Zettel, die schon gesetzt sind: alle Parteien, die schon im Bundestag sind, auch die Freien Wähler, das Bündnis Sahra Wagenknecht und das Bremer Bündnis für Deutschland. Alle 56 mussten einen Antrag stellen. Und das ist für manche einfach zu viel.
Sechs Wochen vor der Bundestagswahl bringen sich die Parteien in Position. Während die Union mit Friedrich Merz vorne liegt, gibt sich Kanzler Scholz kämpferisch. Thomas Münten und Torge Bode haben den SPD-Kandidaten auf seiner Wahlkampftour durch NRW begleitet.13.01.2025 | 1:41 min
Keine Unterschriften: Formales entscheidet
Die Bundeswahlausschuss tagt gerade einmal eine gute Viertelstunde, da ist es für die ersten schon wieder vorbei. Die Partei für den Motorsport ist raus. Die sogenannte Beteiligungsanzeige hat nur der Vorstandsvorsitzende unterschrieben. Erforderlich sind aber drei Unterschriften des Bundesvorstands. Und dann kam die Anzeige nicht als Brief per Post, sondern nur per Mail.
Da hat Bundeswahlleiterin Ruth Brand keine Chance: Aus formalen Gründen kann die Partei für den Motosport nicht zugelassen werden. Kein Widerspruch von den Mitgliedern des Bundeswahlausschuss, in den die aktuell im Bundestag vertretenen Parteien Mitglieder schicken. Und die jetzt zwei Tage lang mit Brand alle Anträge, alle Kriterien Schritt für Schritt durchgehen: Trägt die Vereinigung zur politischen Willensbildung bei? Gibt es ein Programm? Wächst die Zahl der Mitglieder? Meint sie es ernst oder ist alles nur ein Spaß?
So haben sich die Umfragen entwickelt
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"Wer ist diese Bundeswahlleiterin? Wer macht das alles?"
Alle haben diesem Montag viele Unterlagen und Laptops vor sich, denn die Vereinigungen können Widerspruch einlegen oder gegen den Beschluss klagen. Da muss juristisch alles wasserdicht sein. Manche Vereinigungen nutzen ihr Recht, das eine oder andere vor Ort, im Sitzungssaal des Bundestages zu erklären, wenn die Entscheidung auf der Kippe steht.
Die AfD liegt laut aktuellem ZDF-Politbarometer in der Sonntagsfrage auf Platz zwei, das BSW abgeschlagen bei vier Prozent. Woran das liegen könnte, analysiert ZDFheute live.10.01.2025 | 33:04 min
Manche sind dabei eher leise. Das BündnisGRAL - Ganzheitliches Recht Auf Leben hat nur zehn Mitglieder. Wie sie mit diesen Einfluss auf die Bundespolitik nehmen will, kann sie nicht recht erklären. Bundeswahlleiterin Brand ist streng:
Und ein Mitgliederzuwachs von drei Personen innerhalb von vier Jahren laut Brand "zu wenig".
Manche scheinen fast verzweifelt. Die Volksstimmen-Partei würde ja gerne für mehr als ihre fünf aktuellen Mitglieder werben. Aber bis es in Berlin, Bezirk Marzahn-Hellersdorf, eine Genehmigung für einen Infostand gebe, dauere "leider Gottes" drei Wochen.
Der Bundeswahlausschuss entscheidet ab Montag in einer zweitägigen öffentlichen Sitzung über die Zulassung von Parteien zur Bundestagswahl. Alle News hier im Wahlkampf-Ticker.
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Der Bundeszentralrat der Schwarzen in Deutschland bezichtigt gar die Bundeswahlleiterin, dass sie die fehlende Unterschrift hat verschwinden lassen. Und ist überhaupt mit dem ganzen Verfahren unzufrieden.
"Jedes mal, wenn wir hierher kommen, fehlen Unterschriften", klagt ihr Vertreter. "Wer ist diese Bundeswahlleiterin? Wer macht das alles?" Ohne offenbar zu merken, dass diese gerade vor ihm sitzt.
Verfassungsschutz als Beweis? Identitäre Bewegung trotzdem raus
Und manche machen Druck. Die Identitäre Bewegung, deren Positionen der Verfassungsschutz nicht mit dem Grundgesetz vereinbar hält, will die Zahl der Mitglieder noch nicht einmal nennen. "Datenschutz", sagt der Vertreter vor Ort. Ihre "politischen Aktivitäten" seien "unstrittig, wie nicht zuletzt der Verfassungsschutz immer wieder bemerkt", sagt er. "Sollte aus meiner Sicht funktionieren."
Als wichtig genannte Probleme
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Funktioniert aber nicht. Nicht weil die Identitäre Bewegung rechtsextrem ist, sondern weil auf ihrem Antrag die Unterschriften fehlen. Die Marxistisch-Leninistische Partei freut das und wittert ihre Chance: "Eine offen faschistische Organisation", ruft ein Vertreter dazwischen.
Doch darum geht es an diesem Vormittag nicht. "Wir sind hier nicht im politischen Diskurs", weist ihn Brand zurecht und dreht ihm das Mikrofon ab.
Pogo-Partei stellt gleich fünf Anträge - vergeblich
Der Bundeswahlausschuss darf nicht nach inhaltlichen Kriterien urteilen. Also muss sie eine andere rechte Partei, die Freien Wähler Sachsen, zulassen. Wie auch die Partei der Humanisten, die Gerechtigkeitspartei - Team Todenhöfer oder die Partei Menschliche Welt - für das Wohl und Glücklichsein aller, die Gartenpartei.
Auch der Canabis Social Club, obwohl einige im Ausschuss fürchten, dass es hier mehr um kommerzielle als politische Interessen geht.
Die vorgezogene Neuwahl bringt auch logistische Schwierigkeiten mit sich. Für einen reibungslosen Ablauf sind viele Wahlhelfer nötig, die zum Teil noch gefunden werden müssen. 07.01.2025 | 1:36 min
Die Marxisten-Leninisten sind am Ende allerdings raus wie auch die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands. Die hatten sich diesmal eine neue Methode ausgedacht. Statt wie vor drei Jahren im Sitzungssaal lautstark aufzufallen, stellte sie diesmal nicht einen, sondern gleich fünf Anträge, zusätzlich auch als Anarchie-Partei oder als Anarcho-Partei.
Allerdings: Immer derselbe Antragsteller, immer die selben formalen Fehler. "Ein offensichtlicher Missbrauch", sagt Ausschussmitglied Hans-Holger Malcomeß (AfD).
Kritik am Verfahren: "Ein Papierkrieg"
So ganz ohne Animositäten geht es auch in diesem Gremium eben nicht. Auch nicht ganz ohne Politik. Einige Vereinigungen beschweren sich, dass bei einer vorgezogenen Bundestagswahl die Zahl der Unterstützerunterschriften nicht reduziert wurde.
"Wir sind enttäuscht, dass es keine Änderung gab", heißt es von der Partei der Humanisten. Es sei "keine faire Regelung". Die demokratische Beteiligung werde ausgehebelt.
Wie der Wahlprozess in Deutschland verläuft, hängt nicht nur von der Technik ab. Auch Desinformation über Soziale Medien könnte bei der kommenden Bundestagswahl eine Rolle spielen.04.01.2025 | 1:59 min
Die Partei Bündnis C - Christen für Deutschland fordert ein digitales Verfahren, um die Unterschriften bei der Wiesbadener Behörde einzureichen. "Das ist ein Papierkrieg bei den Behörden", sagt die Vertreterin.
"Ja", sagt da Bundeswahlleiterin Brand, "Gut." Ändern kann sie das nicht. Entscheiden muss das der Bundestag, der nächste. Über 15 Anträge muss sie und der Ausschuss noch entscheiden. Am Dienstag, live ab 9 Uhr im Bundestag-TV.
Welche Partei führt in den Umfragen zur Bundestagswahl? Wen hätten die Deutschen am liebsten als Kanzler? Welche Koalitionen wären möglich? Die wichtigsten Zahlen im Überblick.
von Robert Meyer
mit Video
Quelle: ZDF
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