Scholz nach Gipfel: Bund zahlt 7.500 Euro pro Flüchtling

    Bund und Länder einig:Scholz: Bund zahlt 7.500 Euro pro Flüchtling

    |

    Bund und Länder haben sich auf eine Finanzierung der Flüchtlingskosten geeinigt. Der Bund zahle künftig 7.500 Euro pro Flüchtling, so Kanzler Scholz. Was noch beschlossen wurde:

    Eindämmung irregulärer Migration, mehr Tempo bei Planungen, Deutschlandticket: Bei ihrem mit Spannung erwarteten Spitzenreffen haben die Regierungschefs der 16 Bundesländer und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zahlreiche Beschlüsse gefasst. Ein Überblick:

    Asylverfahren

    Insgesamt soll die Zahl der im Wege der Fluchtmigration nach Deutschland Kommenden deutlich und nachhaltig gesenkt werden. Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, sollen zügiger als bisher abgeschlossen werden.
    Ziel ist, das Asyl- und das anschließende Gerichtsverfahren bei ihnen jeweils in drei Monaten abzuschließen. In allen anderen Fällen sollen die Asylverfahren regelhaft nach sechs Monaten beendet sein.

    Grenzkontrollen

    Grenzkontrollen an den Landesgrenzen zu Österreich, zur Schweiz, zur Tschechischen Republik und zu Polen sollen aufrechterhalten werden. Die Länder und die Bundespolizei wollen weiter eng bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität und der irregulären Einwanderung zusammenarbeiten.

    Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen

    Die bestehende Flüchtlingspauschale des Bundes soll ab dem nächsten Jahr zu einer von der Zahl der Schutzsuchenden abhängigen Pro-Kopf-Pauschale weiterentwickelt werden ("atmendes System"). Ab 2024 zahlt der Bund für jeden Asylerstantragssteller eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro.
    In der ersten Hälfte des Jahres 2024 soll es eine Abschlagszahlung von 1,75 Milliarden Euro geben.
    Die neue Pauschale und Anpassungen bei Leistungen für Asylbewerber würden laut dem Beschlusspapier im kommenden Jahr zu einer Entlastung bei Ländern und Kommunen von rund 3,5 Milliarden Euro führen - basierend auf den Zugangszahlen dieses Jahres.
    Die geplante Einschränkung bei den Leistungen für Asylbewerber könne zu Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro führen, schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner am Dienstagmorgen auf der Plattform X. Dadurch würden nicht nur Länder und Kommunen entlastet.

    Durch diese Maßnahme wird auch die Anziehungskraft des deutschen Sozialstaats reduziert.

    Bundesfinanzminister Christian Lindner 

    So viele Flüchtlinge leben in Deutschland

    ZDFheute Infografik

    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.

    Leistungen für Asylbewerber

    Barauszahlungen an Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen eingeschränkt werden. Das soll den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen minimieren. Hierzu soll eine Bezahlkarte eingeführt werden. Bis zum 31. Januar 2024 soll dafür ein Modell erarbeitet werden.
    Für Asylbewerber, die seit mehr als eineinhalb Jahren in Deutschland sind, sollen Leistungen eingeschränkt werden: Wenn sich ein Asylverfahren lange hinziehe, sollten nicht 18, sondern 36 Monate lang Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden. Bisher gibt es nach 18 Monaten das höhere Bürgergeld.

    Asylverfahren in Drittstaaten

    Die Bundesregierung will prüfen, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind. Geprüft werden soll, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann.

    Kommission für Migration

    Die Bundesregierung wird zu Fragen der Steuerung der Migration und der besseren Integration in Abstimmung mit den Ländern eine Kommission einrichten. Dabei sollen gesellschaftliche Gruppen einbezogen werden - zum Beispiel Kirchen und Gewerkschaften sollen teilnehmen, aber auch Wissenschaftler und Vertreter von Organisationen, die sich für die Belange von Asylbewerbern einsetzen. 
    ZDFHeute Fallback Bild
    Was passiert mit abgelehnten Asylbewerbern?06.11.2023 | 1:24 min

    Weitere Maßnahmen zur Migration

    Intensiv sollen Gespräche zu Migrationsabkommen mit weiteren Herkunftsländern geführt werden. Der Zuzug an den europäischen Außengrenzen soll begrenzt werden und dafür das Zustandekommen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf EU-Ebene vorangetrieben werden.
    Flüchtlinge sollen an den Außengrenzen der EU strikt überprüft und registriert werden.

    Schnellere Planung

    Mehr Tempo in Planungs- und Genehmigungsverfahren soll den Bau von Windrädern, Stromtrassen, Bahnstrecken und Wohnungen beschleunigen. Bund und Länder einigten sich auf einen Beschleunigungspakt zur Verschlankung von Verfahren und zur Reduzierung von Genehmigungsverfahren.
    So soll etwa der Bau von Wohnungen, der Ausbau von Dachgeschossen und das Aufstellen von Mobilfunkmasten erleichtert werden. Scholz sprach von rund 100 Einzelregelungen, die das Paket umfasse.

    Deutschlandticket

    Zur Finanzierung des Deutschlandtickets im Nahverkehr sollen in diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel 2024 für den Ausgleich finanzieller Nachteile bei Verkehrsunternehmen eingesetzt werden können. Außerdem sollen die Verkehrsminister beauftragt werden, ein Konzept zur Durchführung des Tickets ab 2024 vorzulegen.
    In den Blick rückt dabei auch der Preis von bisher 49 Euro im Monat, der von vornherein als "Einführungspreis" bezeichnet worden war.

    Diana Zimmermann

    Der Kanzler sprach von einem "historischen Moment": Bund und Länder haben sich auf ein Paket geeinigt, das die Zuwanderung bremsen und Gelder für die Migrationspolitik neu verteilen soll. Der Bund wird die Länder künftig mit einer Pauschale von 7.500 Euro pro Asylbewerber unterstützen. Das ist weniger als die 10.500 Euro, die die Länder gefordert hatten, aber es geht auf ihren Wunsch nach einem "atmenden System" ein: Je mehr Menschen kommen, desto mehr muss der Bund zahlen. Gespart wird an den Asylbewerbern, die nun nicht mehr nach 18, sondern erst nach 36 Monaten Bürgergeld erhalten sollen. 

    Viele weitere einzelne Maßnahmen sollen die Kommunen entlasten und Menschen davon abhalten, nach Deutschland zu kommen. Die wohl am heftigsten umstrittene ist es, Asylverfahren in Transitländern, aber auch in sogenannten sicheren Drittstaaten durchführen zu lassen. Scholz hat dem am Ende zugestimmt und zwar gegen die Stimme seines Parteigenossen Weil, Niedersachsens Ministerpräsident, der dieses Vorhaben noch wenige Stunden vorher öffentlich kritisiert hatte.  

    Scholz stellt sich damit auf die Seite des NRW-Länderchefs Wüst von der CDU, der für dieses Vorhaben gekämpft hatte. Und obwohl der damit symbolisierte harte Kurs CDU-Chef Merz gefallen müsste - mit dem der Kanzler ja einen Migrationspakt schließen will - macht es diesen nicht unbedingt wahrscheinlicher. Denn Wüst ist Rivale von Merz, wenn es um die Frage geht, wer der nächste CDU-Kanzler werden will.

    Quelle: dpa, Reuters, AFP, ZDF

    Mehr zu Migration