Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg stellt Friedrich Merz scharfe politische Forderungen. Doch einige seiner Vorschläge könnten an rechtliche Grenzen stoßen.
Wolle man Merz' Pläne umsetzen, müsse Deutschland aus der EU austreten, so Jurist Hruschka. Nach Aschaffenburg drängt Merz auf eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik. 24.01.2025 | 4:20 min
"Das Maß ist endgültig voll", konstatiert Friedrich Merz mit Blick auf die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg. Der Kanzlerkandidat der Union sieht einen "Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik". Daraus ergäben sich zwingende Schlussfolgerungen, die eine von ihm geführte Bundesregierung sofort umsetzen würde.
Mehrere Handlungsfelder will Merz angehen und formuliert Vorschläge. Ein Überblick, ob der Plan des CDU-Chefs rechtlich umsetzbar wäre:
Dauerhafte Grenzkontrollen und Zurückweisungen
Merz kündigte zunächst an, sollte er Kanzler werden, am ersten Tag von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen:
Ich werde […] das Bundesinnenministerium anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.
„
Friedrich Merz, CDU-Chef
Friedrich Merz will die Migrationspolitik massiv verschärfen. Woher die Stimmen im Bundestag dafür kommen, sei ihm nicht wichtig. Einige sehen die Brandmauer zur AfD fallen.24.01.2025 | 2:52 min
Grenzkontrollen finden bereits statt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sie nach dem Attentat von Solingen angeordnet. Kein Normalfall, denn innerhalb des Schengen-Raums, dem Deutschland angehört, sind Grenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen. Der Schengener Grenzkodex enthält allerdings Ausnahmen, unter anderem falls "die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit in einem Mitgliedstaat ernsthaft bedroht sind".
Auch nach den Ausnahmeregelungen sind Grenzkontrollen nur zeitlich befristet zulässig und zwar zunächst für sechs Monate. Sofern die Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder innere Sicherheit anhält, sind Verlängerungen möglich - auf maximal drei Jahre. Darüber hinaus sind Grenzkontrollen nach dem Schengen-Abkommen in keinem Fall vorgesehen.
Schwächelnde Wirtschaft und umstrittene Migrationspolitik: Was bewegt die Deutschen vor der Bundestagswahl? Die Analyse des ZDF-Politbarometers bei ZDFheute live. 24.01.2025 | 29:07 min
Zurückweisungen an der Grenze können in Einzelfällen illegaler Einreise zulässig sein. Merz bezog in seine Forderung allerdings ausdrücklich auch "Personen mit Schutzanspruch" ein. In diesem Fall wäre eine Zurückweisung rechtswidrig. Selbst wenn nach der sogenannten Dublin-III-Verordnung ein anderer EU-Mitgliedsstaat für das Asylverfahren eines Schutzsuchenden zuständig ist, müsste Deutschland ihn zunächst aufnehmen, bis die Zuständigkeit geklärt ist.
Merz verlangt weiter, dass "Abschiebungen und Rückführungen ab sofort täglich stattfinden". In Deutschland waren zum Ende des Jahres etwa 220.000 Menschen ausreisepflichtig, 80 Prozent von ihnen sind allerdings nach dem Aufenthaltsgesetz geduldet - ihre Abschiebung ist also vorübergehend ausgesetzt. Unmittelbar ausreisepflichtig waren etwa 42.300 Personen, diese könnten also aus rechtlicher Sicht abgeschoben oder zurückgeführt werden. Häufig stellen sich hier faktische Hindernisse, etwa fehlende diplomatische Beziehungen wie zum Beispiel nach Afghanistan.
Nach der Messerattacke in Aschaffenburg übt Bundesinnenministerin Faeser (SPD) Kritik an den bayerischen Behörden. Bei den Abschiebungen gebe es "Vollzugsdefizite".23.01.2025 | 6:28 min
Unter bestimmten Voraussetzungen können vollziehbar Ausreisepflichtige auch in Haft genommen werden. Diese Inhaftierung darf aber nur der Vorbereitung oder Sicherung der Abschiebung dienen - und muss deshalb insbesondere getrennt von der Strafhaft, also von klassischen Gefängnissen, erfolgen. Auch deswegen sind die Kapazitäten für Abschiebehaftplätze in Deutschland begrenzt, es gibt aktuell etwa 800. Eine Erhöhung ist möglich, wobei hierfür bislang die Länder zuständig sind.
Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder möchte Merz schließlich "in zeitlich unbefristeten Ausreisearrest" nehmen. Das Aufenthaltsgesetz sieht einen Ausreisegewahrsam zwar vor, dieser ist aber auf 28 Tage begrenzt. Ein unbefristeter Arrest wäre weder mit deutschem noch mit europäischem Recht vereinbar.
Die Unionsfraktion will Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik einbringen. Man wolle sich Mehrheiten "in der Mitte" suchen, so ZDF-Hauptstadtkorrespondent Schmiese.24.01.2025 | 2:25 min
Verschärfungen möglich - aber nur in gewissem Rahmen
"Fundamentale Änderungen des Einreiserechts, des Asylrechts, des Aufenthaltsrechts" möchte der Kanzlerkandidat der Union erreichen. Einige seiner Forderungen insbesondere mit Blick auf Abschiebungen könnte Friedrich Merz, sollte er Bundeskanzler werden, mit einer Mehrheit im Bundestag aus rechtlicher Sicht umsetzen. Andere Vorschläge erscheinen dagegen kaum denkbar: So würden etwa dauerhafte Grenzkontrollen praktisch das Ende von Schengen bedeuten.
Daniel Heymann ist Mitarbeiter der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.