Bauernproteste:Weil wirft Lindner Empathielosigkeit vor
von Pierre Winkler
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Stephan Weil (SPD) ist unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Ampel. Im Umgang mit frustrierten Landwirten wünscht er sich eine andere Kommunikation.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 18. Januar 2024.18.01.2024 | 74:35 min
In Berlin habe sich vor der Streichung der Agrardiesel-Subventionen "nicht herumgesprochen", dass es bei den Bauern in Deutschland ein Problem gebe, sagte Stephan Weil am Donnerstagabend bei Markus Lanz: "Das ist ein Teil des Problems."
"Das erklärt auch, warum die Bauern im Grunde wegen etwas anderem demonstriert haben, als man in Berlin gemeint hat. Es ging nach meiner festen Überzeugung gar nicht in erster Linie um den Agrardiesel, sondern es geht um eine sehr lange Entwicklung, ich möchte meinen 20 Jahre, wo die Bauern den Eindruck gewonnen hatten: Es wird immer mehr von uns verlangt von der Gesellschaft, aber es wird nicht anerkannt, dass wir eigentlich als Teil eines großen internationalen Marktes gar keine Chance haben."
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Weil: Ampel hat "kein Konzept" bei Landwirten
Gegen dieses grundlegende Problem habe die Bundesregierung aber immer noch nichts unternommen: "Da gibt es kein Konzept". Stattdessen gebe es "diese sehr unvermittelten Entscheidungen".
Scholz, Habeck und Lindner hätten das im "ganz kleinen Kreis" entschieden, "unter richtig schwierigen Bedingungen" angesichts der riesigen Lücke im Bundeshaushalt.
Nach Protesten der Landwirte in ganz Deutschland nahm die Ampel-Spitze die Streichung der Subvention jedoch teilweise zurück. Das fand Weil "ausdrücklich richtig", doch auch bei diesem Schritt sei die Kommunikation schlecht gelaufen.
Weil: Scholz hätte direkten Kontakt suchen müssen
Weil hätte sich auch von Scholz mehr Entschlossenheit gewünscht: "Ein Kanzler muss auch sagen können: 'Leute, denkt mal, haltet mal kurz inne.' Das ist absolut richtig. Und dass man aber auch den direkten Kontakt mit den Betroffenen suchen muss: Ja, das stimmt."
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Ihn selbst als Ministerpräsidenten eines der wichtigsten Agrarländer in Deutschland habe zu all dem niemand aus Berlin um Rat gefragt. "In Niedersachsen hat man sehr viel Kontakt mit Landwirtschaft", sagte Weil. "Und dass sich da etwas aufstaut, das war zu merken."
So bekamen die Ampel-Minister die Wut der Landwirte ab, Lindner etwa bei einer Demonstration in Berlin. Nur etwas mehr als eine Woche zuvor hatte der Bundesfinanzminister beim Dreikönigstreffen der FDP als Botschaft an die Bauern gesagt: "Man kann nicht auf der einen Seite von der jetzt gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten."
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Das sei laut Weil "ein perfektes Beispiel, wie man Empathielosigkeit demonstriert gegenüber den Betroffenen". An der Haltung des FDP-Chefs sei gut zu erkennen, was im Umgang mit Deutschlands Landwirten falsch laufe.
"Diese Diskussion ist ganz entscheidend davon geprägt, wie Politik auf Nöte von Leuten reagiert. Ob man das erst mal zur Kenntnis nimmt oder ob man es abwimmelt", sagte Weil. "Und Christian Lindner hat das sehr klar beim Dreikönigstreffen in die zweite Richtung orientiert."