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Analyse
Wegen Kandidatur für CDU:Haldenwang abgesetzt: Ein Geschenk für die AfD
von N. Diekmann und H. de Maizière
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Ist das politisch sauber? Zumindest fragwürdig ist es, wenn der Verfassungsschutzchef Haldenwang für die CDU in den Bundestag einziehen will. Nun muss er seinen Posten räumen.
Thomas Haldenwang nimmt keine Amtsgeschäfte als Verfassungsschutzpräsident mehr wahr. Er will für die CDU in den Bundestag. (Archivfoto)
Quelle: Imago
Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) ist Thomas Haldenwang definitiv nicht mehr - denn er ist sehr wahrscheinlich Bundestagskandidat der CDU. Nachdem diese Pläne am Dienstag bekannt geworden waren, zog Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun die Reißleine: Haldenwang nehme "ab sofort die Amtsgeschäfte als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht mehr wahr", sagte ein Sprecher Faesers der Nachrichtenagentur dpa. Und weiter:
Das bisherige Amt des BfV-Präsidenten gilt es klar zu trennen von einer Kandidatur für den Deutschen Bundestag.
Sprecher von Innenministerin Nancy Faeser
Haldenwangs Pläne sorgen für große Irritationen
Haldenwangs Pläne hatten für große Irritationen gesorgt. Zum einen wollen die neuerlichen Karrierepläne nicht so recht dazu passen, dass der 64-Jährige dem Vernehmen nach aus gesundheitlichen Gründen zum Ende des Jahres die Leitung des Inlandsgeheimdienstes niederlegen wollte.
Zum anderen und vor allem aber beinhaltet die überraschend geänderte Lebensplanung Haldenwangs auch eine problematische politische Komponente: Seit Haldenwangs Amtsantritt vor sechs Jahren gehörte die Beobachtung der rechtsextremen Szene zu seinen Schwerpunkten. Immer wieder bezeichnete er den Rechtsextremismus als "die größte Gefahr für unsere Demokratie".
In seine Amtszeit fällt die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Noch in diesem Jahr wollte sich Haldenwang ursprünglich zu einer möglichen Hochstufung der Gesamtpartei zu "gesichert rechtsextremistisch" äußern.
Nun ist er nicht mehr im Amt und kann diese Entscheidung ohnehin nicht mehr treffen. Hätte Faeser ihn jedoch - wie ursprünglich geplant - bis Ende des Jahres auf seinem Posten belassen, hätte jede seiner Äußerungen über die oder gar noch eine Entscheidung zur AfD - mindestens und vorsichtig ausgedrückt - ein Geschmäckle gehabt.
Haldenwangs Bundestagskandidatur nährt AfD-Narrativ
Aber auch trotz seines vorläufigen Aus beim BfV ist Haldenwangs Bundestagskandidatur problematisch, denn sie nährt ein Narrativ der AfD: Seit Jahren versucht die Parteispitze, die Einstufung als politisch motiviert zu bezeichnen und somit den Bundesverfassungsschutz und insbesondere dessen Präsidenten als nicht unabhängig zu verunglimpfen.
Wohlgemerkt: Die AfD ist in zwei Instanzen vor Gericht mit Klagen gegen ihre Einstufung gescheitert. Trotzdem sieht sie sich nun in ihrer Erzählung bestätigt.
Partei-Co-Chefin Alice Weidel schreibt auf dem Kurznachrichtendienst X:" Zur Belohnung für den Missbrauch des Verfassungsschutzes zur Benachteiligung der AfD gibt’s für Haldenwang das Mandat im Bundestag. Dieser Parteifilz in Behörden und staatsnahen Institutionen muss ein Ende haben."
Alice Weidel auf X
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Hinter den Kulissen aber freut man sich in der AfD: Man ist erleichtert über die nun bis auf Weiteres aufgeschobene Entscheidung über eine Hochstufung - und betrachtet Haldenwangs Kandidatur als Wahlkampfgeschenk. So sieht es im Übrigen nicht nur die AfD: Der Stern schreibt: "Der AfD-Mitarbeiter des Monats heißt Thomas Haldenwang."
Der AfD hat Haldenwang mit seinem Schritt womöglich einen großen Gefallen getan. Dem Ansehen des Bundesverfassungsschutzes und auch der Politik nicht.
Quelle: dpa
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