Oberverwaltungsgericht: AfD ist rechtsextremer Verdachtsfall
Oberverwaltungsgericht Münster:AfD: Ein rechtsextremer Verdachtsfall
von A.K. Jeske, V. Baumbach und S. Langer
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Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall bestätigt. Das Urteil könnte weitere staatliche Schritte gegen sie ermöglichen.
Das Oberverwaltungsgericht in NRW bestätigt die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Dies erlaubt weiterhin die Beobachtung der Partei.13.05.2024 | 2:52 min
Fast zwei Monate lang hat das Oberverwaltungsgericht in Münster darüber verhandelt, ob der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen darf.
AfD und Junge Alternative sind Verdachtsfall
Über 10.000 Seiten Material hat das Bundesamt für Verfassungsschutz über die AfD gesammelt, das den Richterinnen und Richtern die rechtsextreme Gefahr aufzeigen soll. Mit mehr als 470 Beweisanträgen, etlichen Befangenheitsanträgen und diversen Anträgen auf Vertagung der Verhandlung hielt die AfD dagegen.
Was das Urteil für die Partei bedeutet – die Analyse bei ZDFheute live.13.05.2024 | 24:22 min
Am heutigen Montag haben die Richterinnen und Richter in Münster die Einstufung sowohl der AfD als auch ihrer Jugendorganisation, die Junge Alternative (JA), als rechtsextremen Verdachtsfall bestätigt. Direkt wird sich für die Partei durch das Urteil erst einmal nicht viel ändern: Sie darf auch weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden und muss mit dem Einsatz von V-Leuten in den eigenen Reihen rechnen.
Bereits 2022 hatte die Vorinstanz, das Verwaltungsgericht Köln, entschieden, dass es sich bei der AfD und der JA um einen rechtsextremen Verdachtsfall handelt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Partei ist damit erfolglos geblieben.
Die Anstrengungen, den Extremismus ernst zu nehmen und ihn nicht zu verharmlosen, müssen viel ernster genommen werden, so der Konflikt- und Gewaltforscher Andreas Zick.13.05.2024 | 6:11 min
So argumentiert das Oberverwaltungsgericht
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte gegeben seien, die belegen würden, dass die AfD verfassungswidrige Bestrebungen verfolge.
Nach Überzeugung des Gerichts besteht der begründete Verdacht, dass es das Ziel eines Großteils der AfD sei, den Status deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund abzuwerten und diese Bevölkerungsgruppe systematisch auszugrenzen. Darüber hinaus sieht das Gericht innerhalb der AfD hinreichende Anhaltspunkte für Hass und Hetze gegen Ausländer und Muslime und beruft sich hierfür auf tausende Aussagen von AfD-Parteimitgliedern mit herabwürdigendem Inhalt.
Der Verfassungsschutz darf die AfD weiterhin als rechtsextremistischen Verdachtsfall führen. Über die politischen Konsequenzen berichtet ZDF-Korrespondent Thomas Reichart.13.05.2024 | 1:13 min
Rechtsextreme Gesinnung: Einzelsicht oder Parteilinie?
Insgesamt darf der Verfassungsschutz die AfD deshalb als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen und beobachten. Eine Einschränkung aber machte das Gericht: Demokratiefeindliche Bestrebungen seien bei der AfD zwar zu finden, allerdings nicht so stark wie vom Verfassungsschutz behauptet. Weiterhin stellte es klar, dass der Verfassungsschutz berechtigt sei, die Öffentlichkeit über die Einstufung als Verdachtsfall zu informieren.
Aus AfD-Sicht handeln demokratische Institutionen politisch, erklärt ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Dorthe Ferber. Deren Legitimation stelle die Partei grundsätzlich infrage.13.05.2024 | 6:50 min
Verfassungsschutz könnte AfD weiter hochstufen
Der Verfassungsschutz könnte sich durch das Urteil bestärkt sehen, die AfD weiter hochzustufen. Schon vor Prozessbeginn Mitte März hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz bald einen Schritt weiter gehen könnte und an einem Gutachten zur Hochstufung der AfD zum Status "gesichert rechtsextrem" arbeitet. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang äußerte sich hierzu heute aber nicht direkt.
In der heute entschiedenen Sache könnte das letzte Wort noch nicht gefallen sein. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat die Revision zwar nicht zugelassen, doch die AfD kann sich gegen dieses Abschneiden des Rechtswegs beim Bundesverwaltungsgericht beschweren. "Wir werden unser Heil in der nächsten Instanz suchen", sagte AfD-Vorstandsmitglied Roman Reusch nach der Urteilsverkündung in Münster.
Ann-Kathrin Jeske, Virginia Baumbach und Sebastian Langer arbeiten in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Die AfD liegt in Sachsen bei weit über 30 Prozent, obwohl der Landesverband seit kurzem als „gesichert rechtsextrem“ gilt. Ministerpräsident Kretschmer fehlt die Mehrheit für seine Kenia-Koalition. Wird Sachsen unregierbar?20.01.2024 | 4:00 min