Mit einer Bezahlkarte statt Bargeld sollen Asylbewerber künftig bestimmte staatliche Leistungen beziehen können. Doch das bringe kaum Fortschritte in der Asylkrise, so Experten.06.02.2024 | 8:54 min
Geflüchtete Menschen erhalten nach ihrer Ankunft in Deutschland eine Vergütung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Künftig sollen sie Bezahlkarten erhalten. Der
Bundestag debattierte darüber heute in einer Aktuellen Stunde. Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Debatte.
Warum soll es eine Bezahlkarte für geflüchtete Menschen geben?
Bund und Länder verständigten sich im vergangenen November darauf, ein
Bezahlkarten-Modell für geflüchtete Menschen einzuführen. Die verantwortlichen Politiker erhoffen sich von der Karte eine Senkung des Verwaltungsaufwands. Durch eine eingeschränkte Nutzung soll zudem sichergestellt werden, dass die Leistungsempfänger das Geld nutzen und es nicht in die Herkunftsländer überwiesen wird.
Auch erwarten Politiker, dass dadurch Deutschland als Zielland für
geflüchtete Menschen an Attraktivität verliert. Geflüchtete Menschen aus der
Ukraine erhalten keine Bezahlkarte, da sie Bürgergeld bekommen.
Welche Funktionen soll die Karte haben?
Es soll eine guthabenbasierte Karte ohne Kontobindung sein. Zudem soll sie nur innerhalb Deutschlands nutzbar sein. Nach den Rahmendaten, auf die sich die Länder geeinigt haben, sollen Überweisungen nicht möglich sein.
Die Bezahlkarte für Asylsuchende sei ein "wesentlicher Baustein", um die Migration und Integration "voranzubringen", so André Berghegger vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.05.02.2024 | 4:36 min
Wie weit ist das Verfahren auf der Länderebene?
14 Bundesländer haben sich inzwischen auf ein gemeinsames Vergabeverfahren verständigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen eigene Wege gehen. Eine Vergabe ist laut Ministerpräsidentenkonferenz ab Sommer 2024 angestrebt. Hamburg hat die Karte aber bereits Mitte Februar eingeführt, Bayern will im März in vier ausgewählten Pilot-Kommunen starten.
Gibt es Erfahrungen, ob das Modell funktioniert?
Mehrere Landkreise haben bereits Modellprojekte gestartet - so die Thüringer Landkreise Greiz und Eichsfeld. Auch in Hannover gibt es eine solche Bezahlkarte. Die Bilanz fällt unterschiedlich aus: Verantwortliche Politiker sind zufrieden, Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Verfahren und bemängeln Einschränkungen für Asylbewerber.
Warum gibt es jetzt Streit in der Ampel?
Uneinigkeit in Sachen Bezahlkarte besteht darüber, ob es zur Einführung eine bundesgesetzliche Regelung braucht oder nicht.
SPD und
FDP befürworten eine solche Regelung, die Grünen nicht, eine Ausnahme bildet der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Können sich die Parteien auf eine bundesweit einheitliche Lösung einigen? Aus den Bundesländern kommt Kritik.19.02.2024 | 1:59 min
Grund für die Ablehnung ist die Befürchtung, dass dadurch Einschränkungen für Asylbewerber verbunden sind. Unterdessen erklärte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums, dass Mitarbeiter des Ministeriums im Auftrag einer Arbeitsgruppe der Länder bereits eine sogenannte Formulierungshilfe für eine bundesweite Regelung erarbeitet hätten. Diese sehe vor, dass "die Leistungsform der Bezahlkarte ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird". Beschlossen ist sie aber noch nicht.
Wie beurteilen Experten die Einführung der Karte?
Der derzeitige Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration der Bundesregierung, Hans Vorländer, erklärte, dass durch eine Bezahlkarte der Aufnahmeprozess vereinfacht werden könnte.
Allerdings glaubt er nicht, dass die Karte Flüchtlinge davon abhält nach Deutschland zu kommen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Sozialleistungen keinen entscheidenden Pull-Faktor darstellten. Der Sozialwissenschaftler Marcus Engler spricht mit Blick auf die Einführung von Bezahlkarten sogar von Symbolpolitik.
Quelle: KNA