Interview
Exklusiv
Nach IS-Symbolen in Essen:Faeser für einheitliche Demonstrations-Regeln
von Dominik Rzepka
|
Innenministerin Nancy Faeser fordert bundesweit einheitliche Regeln bei Demonstrationen. Antisemitische Symbole oder Zeichen des IS überschritten eine rote Linie, sagt sie im ZDF.
Es ist jetzt eine Woche her, dass auf einer Demonstration in Essen Teilnehmer die Errichtung eines Kalifats gefordert haben. Einige haben auch den erhobenen Zeigefinger gezeigt, der als Geste der radikalen Islamisten gilt.
Der Aufschrei war groß. Auch, weil die Polizei nicht konsequent genug einschritt - so die Kritik. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, macht dafür auch die Vorgaben des Versammlungsrechts verantwortlich:
So gebe es die Pflicht der Versammlungsleitung, auf die Teilnehmer einzuwirken. "Wenn wir eine andere Gesetzgebung hätten und diese Pflicht entfällt, und die Polizei anders rechtlich einschreiten darf, dann würden wir auch solche Szenen nicht mehr sehen", sagt Kopelke.
Faeser: "Rote Linie überall"
Das bedeutet: Kopelke will, dass die Polizei früher eingreifen kann - und das in allen 16 Bundesländern. Für solche einheitlichen Regeln spricht sich jetzt auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aus. Sie sagt der ZDF-Sendung "Berlin direkt":
Sie werde bei der nächsten Innenministerkonferenz dafür werben, dass es rote Linie überall einheitlich geben müsse. Faeser kritisierte das Zeigen verbotener Symbole auf den Demonstrationen. Sie wolle, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher fühlen. Dazu gehöre, dass antisemitische Hetze auf den Straßen nicht geduldet werde. "Mich bewegen diese schrecklichen Bilder auch sehr."
Faeser schließt Strafrechtsverschärfung nicht aus
Faeser zeigt sich auch für eine Verschärfung des Strafrechts offen - wenn auch nicht sofort. Erst einmal müsse das geltende Strafrecht angewendet werden. Es sei wichtig, dass es schnell zu Verurteilungen und Strafen mit Abschreckungswirkung komme - aber:
Oft würden Verfahren eingestellt, das sei nicht gut. "Wir brauchen ein hartes Durchgreifen des Rechtsstaates. Die Menschen müssen das sehen und die Täter müssen es vor allen Dingen spüren."
Nach ZDF-Informationen gab es seit dem 7. Oktober mehr als 3.000 Straftaten in Deutschland in Zusammenhang mit dem Hamas-Terror. Faeser geht davon aus, dass die wahre Zahl von Delikten noch höher liegt. Sie sprach von "in Anführungszeichen nur 3.000 Straftaten", die bekannt seien.
Faeser für beschleunigte Asylverfahren
Es gebe insgesamt viele Versammlungen in Deutschland. "Da passiert noch viel mehr." Deswegen sei es wichtig, bei den Demonstrationen Beweise zu sichern, um Täter ermitteln zu können. Straftaten würden in der Öffentlichkeit stattfinden, deswegen müsse dort das Strafrecht konsequent angewendet werden: "Da sehe ich noch Luft nach oben."
Faeser widerspricht in dem Interview der Meldung, sie wolle Asylbewerber künftig weniger überprüfen, um dadurch Asylverfahren zu beschleunigen.
Es könne zwar sein, dass eine zusätzliche Befragung, beispielsweise der Ausländerbehörde, wegfalle. Das sei aber verzichtbar. "Aber bei den Sicherheitsüberprüfungen oder den Abfragen im Schengen-System, werden wir nicht nachlassen, und auch selbstverständlich gibt es eine vollständige Identifizierung derjenigen, die zu uns kommen", so Faeser.
Thema
Mehr zu Antisemitismus
Kalifat-Rufe in Deutschland:Islamistische Banner bei Demo in Essen
Sind Proteste antisemitisch?:Das unterscheidet Judenhass von Israel-Kritik
von Lara Wiedeking
1:15 min