Heusgen: Können Russland Vetorecht in UN-Rat nicht nehmen

    Interview

    Heusgen zu Sicherheitsrat-Reform:"Russland Vetorecht nehmen - das geht nicht"

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    Russland kann per Veto den UN-Sicherheitsrat blockieren - zur Kritik vieler. Dass man dem Land das Recht einfach entziehe, sei "Wunschdenken", sagt Ex-Merkel-Berater Heusgen.

    Der UN-Sicherheitsrat ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. 15 Mitglieder entscheiden etwa über Sanktionen, Blockaden oder den Einsatz von Streitkräften. Fünf Staaten, darunter Russland, haben als ständige Mitglieder besondere Entscheidungsbefugnisse. Stimmt eins der fünf Länder gegen einen Beschluss, kommt dieser nicht zustande.
    So geschehen vor rund einem Jahr, als Russland eine Resolution verhinderte, mit der die russische Annexion ukrainischer Gebiete als Völkerrechtsbruch verurteilt werden sollte. Bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen beklagte der ukrainische Präsident Wolodymr Selenskyj jene Macht Russlands. Mittels dieses Rechts blockiere der Kreml das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen.

    Das Vetorecht in den Händen des Angreifers hat die Uno zu einem toten Punkt geführt.

    Wolodymr Selenskyj

    Heusgen: Aberkennung des Vetorechts Russlands "leider Wunschdenken"

    Damit stößt er bei Christoph Heusgen prinzipiell auf Zuspruch: "Ich verstehe den ukrainischen Präsidenten natürlich, dass er Russland den Sicherheitsratssitz und vor allem das Vetorecht abspricht", sagt der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz bei ZDFheute live. Allerdings müsse man "realistisch" bleiben, so Heusgen und erklärt:

    Russland das Vetorecht nehmen, das geht nicht.

    Christoph Heusgen

    Der Grund liege im Ursprung des Organs: Bei der Gründung der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg sei es Bedingung der Siegermächte gewesen, dass sie im Sicherheitsrat Vetorecht haben, so Heusgen. "Und von diesem Vetorecht werden sie nicht abgehen." Denn dafür braucht es laut Heusgen "eine Änderung der Charta der UN und dem müsste Russland zustimmen". "Also es ist leider Wunschdenken."
    ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen in New York
    Eine Reform des UN-Sicherheitsrates, wie sie Scholz fordert, bräuchte eine Zweidrittelmehrheit in der UN-Generalversammlung, die derzeit unwahrscheinlich sei, so Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent in New York.20.09.2023 | 2:54 min

    Heusgen: Reform des UN-Sicherheitsrats notwendig

    Dennoch macht Heusgen deutlich, dass man den UN-Sicherheitsrat reformieren müsse. "Wir haben in der Tat die Reformnotwendigkeit, weil die Zusammensetzung des Sicherheitsrates heute nicht mehr den Realitäten des 21. Jahrhundert entspricht", so Heusgen.
    Damit der Rat die heutigen Realitäten abbilde, bräuchte man "mehr Mitglieder aus Afrika, aus Lateinamerika, aus Asien - aus großen Kontinenten, die überhaupt noch nicht repräsentiert sind." Auch Deutschland, das in den letzten Jahren immer wieder um einen ständigen Sitz in dem Gremium geworben hatte, müsse sich da "letztlich ein bisschen hinten anstellen".

    Heusgen fordert mehr politisches Gewicht für Generalversammlung

    Gleichzeitig müsse man einem anderen Gremium der Vereinten Nationen, der UN-Generalversammlung, eine stärkere Stellung geben und "mehr politisches Gewicht" verleihen. Denn: Deren Resolutionen sind derzeit im Gegensatz zu jenen des UN-Sicherheitsrats in der Regel völkerrechtlich nicht bindend - auch wenn sie Symbolkraft haben. Dennoch räumt Heusgen ein:

    Letztlich unterm Strich, wenn einer der Großen in einer Sache blockiert, ist es nur sehr schwer möglich, darüber hinwegzugehen.

    Christoph Heusgen

    Heusgen: Keine Schnittmenge zwischen Ukraine und Russland

    Eine mögliche Verhandlungslösung im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sieht der ehemalige Sicherheitsberater von Kanzlerin Angela Merkel momentan nicht. "Derzeit geht Russland von seinen Maximalforderungen nicht ab", der Kreml sei nicht bereit zu handeln.
    Demnach sehe er "noch keine gemeinsame Schnittmenge zwischen der Ukraine und Russland". Deswegen sei es wichtig zu versuchen, "diese Schnittmenge zu schaffen", so Heusgen.

    Und das schaffen wir nur, wenn die Ukraine militärisch erfolgreicher ist, wenn es ihr gelingt, Russland zurückzudrängen.

    Christoph Heusgen

    So dass Wladimir Putin irgendwann einsehe, dass er "klein beigeben muss", so Heusgen. Dass Putin "von seinen Maximalforderungen, nämlich letztlich einer Neutralisierung der Ukraine, abgehen muss".
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    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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    Quelle: ZDF
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