Analyse
Ukraine-Beitrittsverhandlungen:Warum Viktor Orban die EU erneut erpresst
von Julia Rech und Ulf Röller, Brüssel
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Ungarns Viktor Orban will mal wieder Europa aufmischen und den EU-Beitritt der Ukraine blockieren. Dabei geht es ihm wohl weniger um das angegriffene Land - als um sich selbst.
Regiert seit 2010 in Budapest: Ministerpräsident Viktor Orban (Archivbild)
Quelle: AFP
Keiner kann sagen, er habe es nicht gewusst. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban versteckt seine Weltsicht nicht. Im Gegenteil: Er posaunt sie raus - auf seinen Social-Media-Accounts und in den von ihm kontrollierten Staatsmedien. Offen propagiert er seine Verachtung für die EU. Er steht für ein Europa der Abschottung, für ein Europa, das Migranten als potenzielle Terroristen sieht.
Er ätzt gegen die "Eurokraten", die nicht dem Menschen, sondern dem Großkapital dienen würden. Er bekämpft die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Er hofiert Diktatoren wie Wladimir Putin und Xi Jinping - und hofft auf einen Sieg von Donald Trump.
Er boykottiert jegliche Hilfe für die Ukraine. Die westlichen Demokratien haben für ihn versagt. Er will die Stimme des "aufrechten Europas" sein.
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Viktor Orban - Putins Brückenkopf in der EU
Seit Jahren greift er Brüssel frontal an. Der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bezeichnete ihn einmal bei der Begrüßung als "Diktator". In seinem Land hat die Opposition Orban den Spitznamen "Viktator" gegeben. Doch diesmal steuert sein Angriff auf einen neuen Höhepunkt zu.
Auf dem kommenden EU-Gipfel wollen die Regierungschefs eigentlich die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beschließen. Das Land steht im russischen Angriffskrieg mit dem Rücken zur Wand, Europa will so ein Zeichen der Solidarität senden.
Nicht so Viktor Orban. Er droht mit Blockade, denn ihm passt die ganze Richtung nicht. Er wirkt wie ein Brückenkopf Putins in der EU. Denn er pflegt das Narrativ, dass Europa mit seinen Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg am Laufen halte.
Orban hängt am Tropf Brüssels
Orban stellt auch die finanziellen Hilfen infrage. 50 Milliarden Euro soll Kiew in den nächsten Jahren aus Brüssel bekommen. Ohne das Geld kann das vom Krieg geplagte Land keine Lehrer, Ärzte und Krankenhäuser betreiben. Seine Überlebensfähigkeit hängt davon ab. Aber gegen die benötigten EU-Gelder sperrt sich Orban.
Orbans Widerstand folgt einer bestimmten Strategie: Es geht ihm dabei nur in zweiter Linie um die Ukraine, es geht ihm vor allem um sich selbst. Orban verachtet zwar in seinen Auftritten die EU, aber das Geld aus Brüssel nimmt er gerne an.
Er braucht es, ohne die Hilfen bekäme seine Wirtschaft Probleme. Er hängt am Tropf Brüssels. Orbans zynisches Spiel: Er will die Kuh EU schlachten und gleichzeitig melken.
Das zynische Spiel des Viktor Orban
Die EU weiß, dass Ungarn auf Gelder angewiesen ist. Und so beginnt in Brüssel ein Spiel: Orban boykottiert wichtige Entscheidungen der EU, um Geld zu erpressen. Brüssel winkt mit vielen Milliarden, um ihn zum Kompromiss zu bewegen. Gerade jetzt bahnt sich ein solches Geschäft an.
Bisher hat die EU-Kommission Mittel, die für Ungarn vorgesehen sind, gesperrt, weil Orban in seinem Land die Demokratie mit Füßen tritt. Er hat die Medien und Justiz gleichgeschaltet. Gravierende Rechtsstaatsmängel wirft ihm die Kommission vor - und hat ein Verfahren eingeleitet.
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Am Ende doch das Geld aus Brüssel?
So lange Orban die Mängel nicht abstellt, behält die Kommission Milliarden an möglichen Mitteln ein. Rechtzeitig vor dem wichtigen EU-Gipfel heißt es nun aus der Kommission, dass Orban diese Mängel beseitigt habe, deshalb könne er mit einer hohen Geldsumme aus Brüssel rechnen: rund zehn Milliarden Euro.
Viele Kritiker sehen darin ein schmutziges Geschäft. Orbans Erpressung sei aufgegangen, sagen sie. Das Rechtsstaatsverfahren formal erfüllt zu haben, ohne wirklich den Rechtsstaat in Ungarn zu stärken. Auch die Justiz wird weiter nicht unabhängig sein.
Noch ist nichts in Brüssel verkündet. Noch hat Orban auch nicht seinen Widerstand gegen die Ukraine-Hilfen aufgegeben. Aber viele glauben, dass es am Ende läuft wie immer: Orban erkauft sich seine Zustimmung. Der Ukraine wäre geholfen, der EU nicht.
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