Das neue EU-Gesetz soll Menschenrechte stärken und Unternehmen klimafreundlicher machen.
Quelle: dpa
Die Staaten der
Europäischen Union haben endgültig das Lieferkettengesetz beschlossen. Sie stimmten den Plänen am Freitag in Brüssel zu, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Das ist geplant:
Was ist das Ziel des Lieferkettengesetzes?
Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Sie sollen zudem einen Plan erstellen, dass ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel vereinbar ist, die
Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Die Abgeordneten des EU-Parlaments stimmen über das Lieferkettengesetz ab. Ein ursprünglicher Kompromiss war an der Blockade der FDP gescheitert.24.04.2024 | 0:26 min
Betroffene Unternehmen müssen nach Angaben des
EU-Parlaments etwa vertragliche Zusicherungen ihrer Zulieferer einholen. Falls nötig, müssten sie außerdem kleine und mittlere Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen, unterstützen, damit diese den neuen Verpflichtungen nachkommen könnten.
Was bedeutet das Gesetz für Verbraucherinnen und Verbraucher?
Der Referent für nachhaltigen Konsum im Verbraucherzentrale Bundesverband, Jochen Geilenkirchen, sieht in dem EU-Lieferkettengesetz eine Entlastung für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Es nimmt diejenigen für nachhaltige Produkte im Supermarkt in die Verantwortung, die wirklich dafür sorgen können: die Unternehmen", betonte er. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch Kaufentscheidungen ohnehin nicht korrigieren, was in der Lieferkette schieflaufe.
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe gezeigt, dass die zu erwartenden Kostensteigerungen durch das EU-Lieferkettengesetz überschaubar seien.
Mit dem neuen Lieferkettengesetz sollen Menschenrechte weltweit gestärkt werden. Doch wie sehr schützt es beispielsweise Kinder in Indien davor, dass sie weiter unter katastrophalen Bedingungen nach Mineralien graben müssen?24.01.2023 | 9:25 min
Wie wurde das Gesetz abgeschwächt?
Ursprünglich sah ein Kompromiss von Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments vor, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz von den Vorgaben betroffen sind. Diese Grenze wurde jedoch auf 1.000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben, nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren.
Nach drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinken diese Grenzen dann auf 4.000 Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz.
Welche Rolle hat Deutschland bei den Verhandlungen gespielt?
Als Mitte März im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten eine Mehrheit der EU-Länder ihre Zustimmung signalisierte, enthielt sich Deutschland. Der Grund: Uneinigkeit innerhalb der
Ampel-Koalition. Wenn sich die Ampel auf keine Position einigen kann, schwächt das die Verhandlungsposition Deutschlands in Brüssel. In diesem Fall hatte die
FDP darauf gedrängt, dem Gesetz nicht zuzustimmen, aus Sorge vor Bürokratie und rechtlichen Risiken für Unternehmen.
SPD und
Grüne befürworten die Regelung dagegen.
Im EU-Viertel in Brüssel hat sich ein Begriff etabliert: "German Vote". Er beschreibt die Unberechenbarkeit der deutschen Bundesregierung bei Abstimmungen.09.02.2024 | 2:44 min
Was halten Experten von den neuen Vorschriften?
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht die Regelung trotz der Änderungen kritisch. Diese seien aus Sicht der Wirtschaft zwar positiv zu bewerten, aber "auch leicht abgespeckt bleibt die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig praxistauglich und wird viel Bürokratie mit sich bringen", so DIHK-Präsident Peter Adrian. Rechtsunsicherheit bestehe weiter.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte sich hingegen eindringlich für das Vorhaben ausgesprochen. Deutschland würde ohne eine EU-Version des Gesetzes einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden, sagte er.
Wirtschaftsverbände fordern Nachbesserungen am geplanten EU-Lieferkettengesetz. Sonst drohe ein Rückzug europäischer Unternehmen - für die Produzenten vor Ort ein großer Nachteil.
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