OSZE-Treffen auf Malta:Lawrow und Sybiha liefern sich Schlagabtausch
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Russlands Außenminister ist erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs in die EU gereist. Auf Malta lieferten sich Lawrow und sein ukrainischer Amtskollege einen Schlagabtausch.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat nach Malta geladen – und Sergej Lawrow verbreitet in den Augen von Außenministerin Baerbock "unerträgliche Lügen".05.12.2024 | 2:51 min
Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow warnt vor einem breiteren militärischen Konflikt. Der Westen sei für die Entstehung eines neuen Kalten Krieges verantwortlich, sagte Lawrow beim Außenministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf Malta.
Westliche Staaten hätten den Krieg in der Ukraine angefacht und die Kontrolle über die OSZE übernommen, behauptete Lawrow. Sein US-Kollege Antony Blinken bezeichnete Lawrows Aussagen danach als "Desinformations-Tsunami".
Im wöchentlichen Ukraine-Update spricht ZDFheute live mit Militäranalyst Franz-Stefan Gady. In der Sendung wird es auch um das OSZE-Außenministertreffen auf Malta gehen, an dem Russlands Außenminister Lawrow teilnimmt.
Zu sehen um 19:30 Uhr im Livestream auf ZDFheute.de oder in der ZDFheute-App.
Ukraines Außenminister: "Kriegsverbrecher an diesem Tisch"
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sprach Lawrow in seiner Rede als "den Kriegsverbrecher an diesem Tisch" an, ohne ihn beim Namen zu nennen.
Russland sei nicht nur wegen seines Angriffs auf die Ukraine, sondern auch wegen seiner Militär-Kooperation mit dem Iran und Nordkorea die größte Bedrohung für globale Sicherheit, betonte er.
Die Eskalation im Krieg gegen die Ukraine ist Russlands Atomdrohung. Die Rakete, die Putin gestern abgeschossen hat, bereitet nicht nur der Ukraine Sorgen. 22.11.2024 | 3:01 min
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezichtigte Lawrow "unerträglicher Lügen" zum Ukraine-Krieg. Baerbock sagte beim Treffen auf Malta direkt an Lawrow gerichtet:
Was bedeutet der OSZE-Auftritt Lawrows für die Ukraine-Frage? ZDF-Korrespondent Coerper in Moskau meint, am Vorabend des Machtwechsels in den USA würden "Positionen abgesteckt".05.12.2024 | 1:37 min
Lawrows erster EU-Besuch seit Ukraine-Krieg
Lawrows Teilnahme an dem OSZE-Ministerrat ist sein erster Besuch in der EU seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Laut der Sprecherin des russischen Außenamts, Maria Sacharowa, sollte der Chefdiplomat bei dem zweitägigen Treffen die russische Delegation leiten und in Malta bilaterale Gespräche führen.
Die OSZE gilt als eines der wenigen Dialogforen der Sicherheits- und Demokratiepolitik, in denen westliche Vertreter mit Russland an einem Tisch sitzen. Im Gegensatz zu mehreren anderen europäischen Institutionen ist Russland aus der OSZE nicht ausgetreten. Moskau sieht die Organisation als Plattform, um eigene Positionen zum Krieg dort verbreiten zu können.
Mit "durchkomponierten Inszenierungen" hätte sich Putin auf seiner Pressekonferenz für die jüngsten Angriffe auf die Ukraine "gebrüstet", so Russland-Korrespondent Armin Coerper.28.11.2024 | 2:38 min
Minister baltischer Staaten boykottieren Treffen
Lawrows Besuch auf Malta sorgte bereits im Vorfeld für heftige Kritik. Die baltischen Staaten Lettland und Litauen erklärten, ihre Minister würden aus Protest nicht an dem Treffen teilnehmen. Stattdessen entsenden die beiden Länder Delegationen mit rangniedrigeren Vertretern.
Polens Außenminister Radoslaw Sikorski warf Lawrow vor dem Gipfel vor, zu dem Treffen auf Malta zu kommen, "um über die russische Invasion und das, was Russland in der Ukraine tut, zu lügen".
Russland müsse sich endlich aus der Ukraine zurückziehen. "Nur dann wird diese Organisation wieder einen Sinn haben", sagte Sikorski bei seiner Ankunft vor Journalisten.
"Es geht erstmal wirklich um das Überleben der OSZE", erklärte Andreas Kynast vergangenes Jahr.30.11.2023 | 2:49 min
Russische Außenamtssprecherin bekommt kein Visum
Vor Beginn gab es bereits Wirbel um das Visum für Außenamtssprecherin Sacharowa zur Einreise in die EU. Das Gastgeberland Malta annullierte dieses kurzfristig und begründete dies mit einem gegen sie verhängten Einreiseverbot.
Auf Basis einer Ausnahme für solche Treffen wurde ihr erst ein Visum ausgestellt. Nachdem drei EU-Mitgliedsstaaten dagegen protestiert hatten, wurde es ihr wieder entzogen.
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine steckt die OSZE in einer tiefen Krise. Russland hat sein Veto gegen mehrere wichtige Entscheidungen eingelegt, die einen Konsens erfordern. Die anderen Mitgliedsstaaten werfen Moskau vor, die Arbeit der OSZE immerzu zu unterwandern und zu blockieren.
Seit drei Jahren wird der Haushalt der Organisation etwa nur provisorisch verwaltet. Außerdem sind die vier Spitzenposten der OSZE, darunter die des Generalsekretärs, seit September vakant.
Die deutsche Diplomatin Helga Schmid beendete damals ihre Amtszeit als Generalsekretärin, doch die Mitgliedsstaaten konnten sich nicht auf eine ordentliche Nachfolge einigen.
In der ursprünglichen Fassung war in einem Zitat von Annalena Baerbock von "1,3 Milliarden Menschen in Europa" die Rede. Am Nachmittag sendete die Nachrichtenagentur dpa eine Korrektur, die Außenministerin habe sich versprochen. Der Beitrag wurde daraufhin entsprechend angepasst und "Europa" durch "OSZE-Region" ersetzt.