Trotz Sanktionen: Deutschland füllt weiter Kreml-Kriegskasse
Russland-Sanktionen:Deutschland füllt weiter Putins Kriegskasse
von Carina Huppertz und Hannes Munzinger
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Trotz EU-Sanktionen importiert Deutschland Öl, an dem der Kreml kräftig mitverdient. Die Bundesregierung verteidigt den Pipeline-Deal.
Russische Hafenstadt Noworossijsk: Hier wird kasachisches Öl auf Tanker geladen.
Quelle: dpa
Wie in einer Filmkulisse umrahmen pastellfarbene, perfekt restaurierte Fassaden den Stadtplatz von Burghausen. Die Kleinstadt im östlichsten Zipfel Oberbayerns ist eine der finanzstärksten Kommunen Bayerns.
Ihre Finanzkraft verdankt sie jedoch einem weniger malerischen Stadtteil: Vier Kilometer nördlich des Rathauses ragen metallene Türme der OMV-Raffinerie in den Himmel.
Burghausens Wohlstand hängt an Öl-Pipeline
Hier werden jedes Jahr 3,8 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet - zu Treibstoff für den Flughafen München, zu Diesel oder zu Rohstoffen für das bayerische Chemiedreieck, einem der wichtigsten Standorte der petrochemischen Industrie in Deutschland. Wirtschaftsvertreter sagen, ohne das Öl gehe in Burghausen "nichts".
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Das für die Region so wichtige Öl wird über die 1.500 Kilometer lange CPC-Pipeline aus dem Westen Kasachstans durch Russland bis an die Schwarzmeerküste transportiert. In der russischen Hafenstadt Noworossijsk wird es auf Tanker geladen.
Per Schiff kommt es ins italienische Triest und von dort per Pipeline zur Raffinerie in Burghausen. Auch Vohburg, Neustadt, Ingolstadt in Bayern und die größte Raffinerie Süddeutschlands, in Karlsruhe, werden mit dem Öl aus Kasachstan beliefert.
Verlauf der CPC-Pipeline
Quelle: ZDF
Öl aus Kasachstan darf weiter fließen
Die Leitung, die das Öl von den kasachischen Ölfeldern nach Noworossijsk pumpt, wird vom Kaspischen Pipeline Konsortium (CPC) betrieben. Sie ist die Lebensader der Wirtschaft Kasachstans: 80 Prozent des kasachischen Rohöls wird über sie exportiert.
Ebenso wichtig ist sie für Süddeutschland: Kasachstan liefert seit Jahren etwa ein Drittel des Öls, das aus Triest nach Bayern und Baden-Württemberg kommt.
Dementsprechend groß dürfte die Erleichterung in Süddeutschland im Mai 2022 gewesen sein. Zu dem Zeitpunkt beschloss die EU ein Embargo gegen russisches Öl.
Die CPC-Pipeline wurde trotz des Lieferwegs durch Russland explizit von den Sanktionen ausgenommen, auch Deutschland setzte sich dafür ein. Die Lieferungen gingen unverändert weiter.
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Auch der Kreml verdient am kasachischen Ölexport
Doch eine internationale Recherche unter der Leitung des Konsortiums für Investigative Journalisten (ICIJ), an der ZDF frontal zusammen mit dem "Spiegel" beteiligt war, zeigt jetzt, dass Russland gleich mehrfach an der Pipeline mitverdient: Der Konzern Transneft hält als Treuhänder für den russischen Staat fast ein Viertel am Pipeline-Konsortium. Auch Rosneft, Russlands größte Ölgesellschaft, ist beteiligt.
Seit 2020 hat der russische Staat nach Berechnungen der Mitglieder der Recherchekooperation umgerechnet mindestens 1,3 Milliarden Euro an Dividenden kassiert. Seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine waren es mindestens 770 Millionen Euro.
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In einem CPC-Firmenmagazin heißt es zudem, das Unternehmen sei einer der größten Steuerzahler in Russland. CPC hat allein 2022 etwa 300 Millionen Euro an Steuern an die russischen Behörden gezahlt, davon 90 Millionen an die russische Regierung, so die Berechnungen der Journalisten. Zum Vergleich: Mit dem Betrag könnten etwa 70 neue russische Panzer finanziert werden.
Bundesregierung will Kasachstan an Westen binden
Warum also lassen Bundesregierung und Europäische Union diese Importe zu und setzten sich sogar explizit dafür ein - wissend, dass der russische Staat profitiert? Der zuständige Staatssekretär Michael Kellner verteidigt das Vorgehen: "Die Zusammenarbeit mit Kasachstan war und ist wichtig, um unsere Versorgung zu diversifizieren."
Zudem will man wohl die Versorgung mit Rohöl an Industriestandorten wie Burghausen nicht von heute auf morgen drastisch reduzieren und so wirtschaftlich in Gefahr bringen.
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Moskau könnte Ölfluss jederzeit unterbinden
Die Ölförderung im Nachbarland Kasachstan gibt Moskau neben finanziellen Profiten allerdings auch ein politisches Druckmittel in die Hand. Wie schon beim Gas könnte Putin jederzeit den Daumen senken und den Ölfluss stoppen. Agata Łoskot-Strachota vom Warschauer Zentrum für Oststudien warnt:
Tatsächlich gab es seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine bei der CPC-Pipeline mehr als 20 Verladestopps, begründet meist mit schlechten Wetterbedingungen oder Reparaturen.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.