Begnadigung für Kapitolstürmer? Angehörige hoffen auf Trump

    Verhaftet nach Sturm auf Kapitol:Kapitolstürmer und Familien hoffen auf Trump

    von Nele Aulbert, Washington D.C.
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    Familien der Kapitolstürmer halten täglich eine Mahnwache in Washington ab. Durch Donald Trumps Amtsantritt erhoffen sich viele eine Begnadigung.

    US-POLITICS-CONGRESS
    Die formelle Bestätigung des Wahlsiegs von Donald Trump wird überschattet von der Erinnerung an die gewaltsame Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger vor genau vier Jahren.06.01.2025 | 2:40 min
    Nicole Reffitt stellt die Thermoskanne mit selbstgebrühtem Kaffee auf einen Klapptisch und baut eine Musikbox auf. Routiniert begrüßt sie die versammelten Journalisten und umarmt ihre Unterstützer, Menschen mit Trump-Mützen, die USA-Flaggen schwenken.
    Seit über 900 Tagen steht sie jeden Abend vor dem Gefängnis in Washington D.C. und hält eine Mahnwache für die "Opfer des US-amerikanischen Justiz-Systems" ab. "Freedom Corner", so nennt sie die Straßenecke vor dem Gefängnis-Trakt, in dem auch diejenigen einsitzen, die sich wegen des Sturms aufs US-Kapitol am 6. Januar 2021 vor Gericht verantworten mussten. Einige warten immer noch auf ihre Verurteilung, andere verbüßen bereits ihre Haftstrafe. So auch Nicoles Ehemann Guy Reffitt.

    Anhänger Donald Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl von 2020 formal zu bestätigen.

    Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede durch Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei. Büros im Kapitolgebäude wurden verwüstet, zahlreiche Abgeordnete versteckten sich in Todesangst vor den Schlägern, es gab allein 140 verletzte Polizisten. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben. Im Januar 2021 widersetzte sich der damalige Vizepräsident Mike Pence dem Druck Trumps und bestätigte schließlich den Sieg des Demokraten Biden.

    Zahlreiche Angreifer sind inzwischen verurteilt worden - allerdings hat Trump Begnadigungen in Aussicht gestellt. Auch er selbst wurde im Zusammenhang mit den Vorgängen angeklagt, doch wurde das Verfahren wegen seines jetzigen Wahlsieges eingestellt.

    Quelle: dpa/AFP

    Ehemann ist verurteilter Kapitolstürmer

    Er wurde 2022 zu 7,5 Jahren Haft verurteilt, unter anderem für das unbefugte Betreten des Kapitol-Geländes mit einer geladenen Waffe und für die Behinderung eines amtlichen Verfahrens. Videomaterial des Kapitolsturms zeigt Reffitt, wie er die Menge auffordert, in das Gebäude einzudringen. Er gilt als eine der treibenden Stimmen, ist Mitglied der "Three Percenters", einer rechtsradikalen Organisation. Sein eigener Sohn Jackson machte das FBI auf ihn aufmerksam. Nicole wiederum bezeichnet ihren Mann als "politischen Gefangenen", so wie viele der anderen rund 1.500 Angeklagten.

    Das Gericht hat Gesetze ausgenutzt, um Straftaten dazu zu dichten. Das führt zu Angst bei den Betroffenen.

    Nicole Reffitt, Angehörige eines Kapitolstürmers

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    Verurteilte kritisieren Vorgehen des Justizministeriums

    Die Meinung von Nicole Reffitt teilen auch andere Verurteilte. Sie warfen dem Justizministerium vor, Verurteilungen auf Grundlage der Behinderung eines amtlichen Verfahrens ausgesprochen zu haben - in diesem Fall die offizielle Anerkennung der US-Wahlen 2020. Diese Behinderung gilt allerdings nur unter bestimmten Auflagen, wie durch das Zerstören von Beweisakten. Das Stürmen eines Gebäudes zählt nicht zu diesen Auflagen - in diesem Punkt gab der Supreme Court den Kritikern letzten Sommer recht.

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    Etwa 260 Kapitolstürmer waren in diesem Punkt angeklagt worden, so auch Guy Reffitt. Jedoch zeigen die Akten des Justizministeriums: Alle Betroffenen wurden auch in mindestens einem weiteren Anklagepunkt verurteilt, sei es für Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die sie während des Kapitolsturms begangen haben. Somit änderte der kleine Erfolg für die Kapitolstürmer in den meisten Fällen wenig an dem bisherigen Strafmaß.

    Angehörige vernetzen sich

    Das Ehepaar Reffitt ging trotzdem in Revision. Nach der Verhaftung ihres Mannes zog sie von Texas nach Washington DC, mietete hier ein Haus und vernetzte sich mit anderen Angehörigen. Ihr Haus ist eine Anlaufstelle für die Familien der Inhaftierten geworden, sie nennen sich "J6-Families", J6 steht für den 6. Januar. Nicole Reffitt ist von einer unterstützenden Ehefrau zu einer Kampagnenleiterin geworden, landesweit kennt man ihren Namen.  Am "Freedom Corner" moderiert sie durch den Abend, begrüßt die Zuschauer im Livestream und betet mit den Unterstützern vor Ort für Donald Trump. 
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    Der hatte angekündigt, noch am Tag seiner Amtseinführung verurteilte Kapitolstürmer zu begnadigen. Für Nicole Reffitt ist dies ein Lichtblick:

    Trump ist ein Mann seiner Worte. Unsere J6er werden bald das Licht des Tages erblicken.

    Nicole Reffitt, Angehörige eines Kapitolstürmers

    Ihr Sohn Jackson hat Angst vor dem Moment, in dem sein Vater freigelassen wird. Er hält ihn und sein Umfeld für gefährlich, hat sich zur eigenen Sicherheit eine Waffe gekauft und ist aus dem Elternhaus ausgezogen. Gegenüber CNN sagte er:

    Ich bin eine der Personen, die mein Vater als Verräter bezeichnet, und er hat gesagt: Verräter müssen erschossen werden.

    Jackson Reffitt, Sohn von Guy Reffitt

    Seine Mutter hält Jacksons Furcht für unbegründet. Beide blicken nun auf die bevorstehende Amtseinführung - die eine mit Vorfreude, der andere mit Angst.

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