Grenzkontrolle: Ein Besuch an der deutsch-polnischen Grenze

Wulf Winterhoff öffnet die Tür eines weißen Kühltransporters. Auf dem Boden liegen verdreckte Kleidungsstücke und ein paar Schlafsäcke. Der Transporter steht auf dem Hinterhof der Bundespolizeiinspektion Pasewalk zusammen mit einem Dutzend weiterer Autos - sichergestellt und von der Spurensicherung akribisch untersucht. Es sind alles Fahrzeuge, die von professionellen Schleusern benutzt wurden.

Den weißen Kühltransporter haben die Polizeibeamten im Oktober 2023 entdeckt. Modernen Menschenhandel nennen sie das hier. Der Schleuser hatte sich bereits abgesetzt und ist bis heute flüchtig, die "Ware" hatte er zurückgelassen: 17 Syrer, der jüngste 13 Jahre alt, der älteste 54. Alle haben Asyl beantragt und wurden in eine Erstaufnahmeeinrichtung überstellt, erzählt Wulf Winterhoff, Erster Polizeihauptkommissar und Sprecher der Bundespolizei Bad Bramstedt, zuständig für Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und die See.

Winterhoff zeigt uns noch ein weiteres Fahrzeug: Ein völlig demolierter Minivan, die Frontscheibe zersplittert, die ausgelösten Airbags hängen schlaff herunter. Das Auto hatte sich bei der Flucht mehrfach überschlagen. Die sieben Insassen haben überlebt: die sechs geschleusten Somalier befinden sich im Asylverfahren. Der Schlepper sitzt seit Juli 2024 in Untersuchungshaft.

Die Bundespolizeiinspektion Pasewalk ist zuständig für die Überwachung der 79 Kilometer langen Grenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Polen. Während an Deutschlands Westgrenzen in dieser Woche feste Kontrollen eingeführt wurden, sind sie an den Ostgrenzen bereits seit einem Jahr Alltag. Die Bilanz: Seit dem 16. Oktober 2023 haben die Bundespolizisten rund 250 "Einschleusungsfälle" festgestellt, 1.100 eingeschleuste Menschen aufgegriffen, 42 Schleuser festgenommen.

Aus Sicht der Grenzschützer haben sich die verschärften Kontrollen gelohnt: Allein im ersten Halbjahr 2024 waren die Zahlen der verhafteten Schleuser und aufgegriffenen illegalen Grenzgänger etwa doppelt so hoch wie im gesamten letzten Jahr.

Wulf Winterhoff nimmt uns mit zum Grenzübergang Pomellen. Hier überquert die Autobahn die Grenze zu Polen, die wichtigste Transitstrecke im Nordosten. Die Beamten kontrollieren seit einem Jahr jedes Fahrzeug. Die meisten dürfen gleich weiterfahren, andere, wie etwa Reisebusse oder Kleintransporter, werden intensiver unter die Lupe genommen.

Staus gibt es selten, die Grenzschützer wollen vor allem vermeiden, dass der Warenverkehr ins Stocken gerät. Die Maßnahmen dienen wohl auch eher der Abschreckung. Denn kaum ein Schleuser komme angesichts der Polizeipräsenz auf die Idee, hier durchzufahren, sagt Winterhoff.

Das sieht an der "grünen Grenze" ganz anders aus. Wir fahren ein paar Kilometer Richtung Norden: weite Landschaft, abgeerntete Felder hüben wie drüben. Die Grenze besteht hier aus Grenzpfosten, die in regelmäßigen Abständen aufgestellt sind. Der Nordosten ist Teil der "Belarus-Route". Schlepper nehmen Geflüchtete an der Grenze zwischen Belarus und Polen auf und laden sie kurz vor der polnisch-deutschen Grenze wieder ab.

Wir stoßen auf eine Streife der Bundespolizei, ihre Einheit kommt aus Rostock und verstärkt die Grenzschützer. Der stellvertretende Zugführer Daniel Günther berichtet:

Die Befugnisse solcher Streifen enden in der Regel an der Grenze. Das gilt allerdings nicht für die Streifen der "gemeinsamen deutsch-polnischen Dienststellen", Befugnisse sind hier größer, und Zurückweisungen leichter.

Seit 2016 gibt es drei solcher Dienststellen. Die Idee: Deutsche und polnische Beamte gehen gemeinsam auf Streife, grenzüberschreitend. Mario Kalski ist der Koordinator auf deutscher Seite.

Seine Bilanz nach sieben Jahren ist durchweg positiv, nicht nur bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität, auch das "Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im Grenzgebiet" sei gesteigert worden. Eine vierte gemeinsame Dienststelle ist übrigens gerade im Aufbau.