China: Wie Trump und die USA Peking in die Karten spielen

    China und neue Weltordnung:Wie Trump Peking in die Karten spielt

    von Elisabeth Schmidt, Peking
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    Während sich Amerika und Europa vor laufenden Kameras zerstreiten, versucht China bereits in die Lücken vorzustoßen, die die USA reißen.

    Zwei Personen schauen sich ein Video von Xi Jinping in einem Museum in Beijing an.
    Der chinesische Präsident Xi Jinping will die Krise zwischen Europa und den USA für seine Zwecke nutzen - vor allem im Taiwan-Konflikt.
    Quelle: AFP

    Der Westen ist gerade mit sich selbst beschäftigt. Weit im Osten, im Indopazifik, steigen Ende letzter Woche wieder chinesische Kampfjets auf. Ihr Ziel: die demokratische Inselrepublik Taiwan. Deren Küstenwache zählt diesmal 45 Militärflugzeuge und 14 Kriegsschiffe - die größte Militärübung der chinesischen Volksbefreiungsarmee in diesem Jahr.
    "Für China ist das gerade eine Situation, in der es die Möglichkeit gibt, immer ein kleines Stück weiterzukommen", sagt Bernhard Bartsch, Leiter External Relations des Mercator-Instituts für China-Studien. "In kleinen Scheiben arbeitet sich die Volksrepublik in die Richtung einer gar nicht mehr unbedingt friedlichen 'Wiedervereinigung' heran." Dass die westlichen Allianzen gerade grundlegend durcheinander geraten, spielt Peking in die Karten.
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    Als Amerikas Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor zwei Wochen sagt, die größte Gefahr gehe nicht mehr von China und Russland aus, sondern von den europäischen Regierungen, erklärt er damit die Nachkriegsordnung krachend für beendet.
    Chinas Außenminister wirkt auf demselben Podium plötzlich wie der Anwalt der Europäer: "Dieser Krieg findet auf europäischem Boden statt. Europa sollte daher eine wichtige Rolle spielen und zusammenarbeiten, um die wahren Ursachen der Krise zu bekämpfen," erklärt Wang Yi in seiner Rede. Experten sind besorgt:

    In einer Welt, in der so viel Disruption von Washington ausgeht, erscheint uns China plötzlich absurderweise als ein Hort der Stabilität. Das ist eine optische Täuschung.

    Bernhard Bartsch, Leiter External Relations Mercator-Institut für China-Studien

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    China und eine neue Weltordnung

    Nicht nur Donald Trump, auch Xi Jinping arbeitet seit Jahren an einer neuen Weltordnung, in der die Volksrepublik den Ton angibt. Peking bietet sich als Alternative zu Washington an. In München ein verlockendes Angebot an Europa: chinesische Friedenstruppen für die Ukraine und Hilfe für den Wiederaufbau. Peking versucht, in die Lücken vorzustoßen, die die USA reißen. Wang Huiyao berät Chinas Staatsführung und sagt:

    Wenn die USA aus der Weltgesundheitsorganisation austreten, hat die WHO halt ein Mitglied weniger, genauso die Welthandelsorganisation. Ich bin sicher, dass China mehr zur WHO, WTO und anderen UN-Organisationen beitragen kann.

    Dr. Wang Huiyao, Gründer & Präsident "Center for China and Globalization"

    Auf einem Bildschirm sind Bilder von Chinas Präsident Xi Jinping zu sehen, während Besucher das Museum des Ersten Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas in Shanghai am 27. Februar 2025 vor der Eröffnung der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses im März besuchen.
    Seit Jahren baut China seinen Einfluss in der Welt aus, etwa mit dem Projekt "Neue Seidenstraße". Nun versucht Peking, in die Lücken vorzustoßen, die die USA unter Trump reißen. 02.03.2025 | 3:59 min

    Chinas Taktik in Sachen Taiwan

    Wie Peking seinen Einfluss seit Jahren ausbaut, lässt sich in Afrika sehen. Im Rahmen von Chinas Neuer Seidenstraße investiert Peking dort Milliarden-Summen in die Infrastruktur. Der Preis: Loyalität. Im September unterschreiben mehr als 50 afrikanische Staatenlenker in Peking neue Handelsverträge. Im Abkommen erklären sie auch feierlich: Taiwan sei chinesisches Territorium.
    Trump habe bereits im Wahlkampf Taiwan vorgeworfen, die amerikanische Chip-Technologie gestohlen zu haben und dem Inselstaat vorgeworfen, kein Schutzgeld an die USA zu zahlen, erinnert sich Wang Huiyao. China wittert Morgenluft:

    Wenn Trump einen friedlicheren Ansatz verfolgt, wenn die USA die friedliche Wiedervereinigung Taiwans mit dem Festland unterstützen, dann werden wir mit den USA auskommen.

    Dr. Wang Huiyao, Gründer & Präsident "Center for China and Globalization"

    1912 wurde die "Republik China" ausgerufen. Ihr Staatsgebiet umfasste damals ganz China - das Festland und seit 1945 auch Taiwan. Nach dem chinesischen Bürgerkrieg 1949 hatte die Kommunistische Partei auf dem chinesischen Festland die Macht errungen und die "Volksrepublik" ausgerufen. Die unterlegene Kuomintang zogen sich nach Taiwan zurück. Als Resultat des Bürgerkrieges bestehen bis heute zwei separate chinesische Staaten: zum einen die sozialistische Volksrepublik China und zum anderen die von nur wenigen Staaten als eigenständig anerkannte demokratische Republik China (Taiwan). Die Volksrepublik betrachtet Taiwan, obwohl sie die Insel faktisch nie beherrscht hat, als Bestandteil des chinesischen Territoriums. Peking hält am "Ein China-Prinzip" fest. Die Republik China (Taiwan) wiederum betrachtet sich selbst als souveränen Staat, von dem sich die Volksrepublik abgespalten habe.

    Globale Machtspiele - Kampf um das Chinesische Meer
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    von Julia Rech und Ulf Röller
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, J.D. Vance, Vizepräsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, kommen bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gesprächen zusammen, aufgenommen am 14.02.2025
    Analyse

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    Quelle: dpa

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