Chinas Investitionen in Afrika: Was steckt dahinter?

    China-Afrika-Forum:Warum Afrika so wichtig für China ist

    Porträt ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer
    von Miriam Steimer, Peking
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    Chinas Einfluss in Afrika wächst - und der Westen schaut zu. Welche Interessen verfolgt Peking? Warum überlassen westliche Staaten China dieses Feld? Antworten auf wichtige Fragen.

    China Africa Forum
    Peking pflegt seit Jahren enge wirtschaftliche, diplomatische und politische Beziehungen zu afrikanischen Staaten.
    Quelle: AP

    Kennen Sie Eswatini? Das ist dieser Tage so etwas wie das "Dorf mit den unbeugsamen Galliern" aus den Asterix-Comics. Das kleine Königreich (früher: Swasiland) ist ein Binnenstaat im südlichen Afrika mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern und unterhält diplomatische Beziehungen zu Taiwan. Also zu dem Land, das China als "abtrünnige Provinz" ansieht. Deshalb soll es der einzige afrikanische Staat sein, der nicht zur Afrika-China-Konferenz nach Peking kommt.
    Die staatlich kontrollierten Medien berichten über das "größte diplomatische Event" seit der Corona-Pandemie. Die Abkürzung FOCAC ist auf Fahnen und Leinwänden allgegenwärtig: Heute beginnt das "Forum für die Kooperation zwischen China und Afrika". Von Xi persönlich und mit rotem Teppich begrüßt zu werden - für afrikanische Staaten eine Ehre. Und eine Wertschätzung, die sie aus dem Westen nicht unbedingt gewohnt sind. Eine Partnerschaft mit Folgen - auch für uns.
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    Die Führung in Peking hat massiv in Wirtschaftsprojekte in Afrika investiert. Zudem wurden Hunderttausende chinesische Arbeiter zur Umsetzung von Mega-Projekten auf den Kontinent geschickt, mit denen vor allem die Ressourcen der betroffenen Länder wie beispielsweise Kupfer und Gold gefördert werden sollen.

    Chinas Investitionsoffensive mit dem Namen "Neue Seidenstraße" hat in Afrika zum Bau von Häfen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Industrieparks geführt. Diese Projekte sollen Peking einen besseren Zugang zu den Märkten anderer Länder verschaffen. International wird die Initiative teils scharf kritisiert, weil sie ärmere Länder in die Verschuldung und Abhängigkeit von China treibt.

    Quelle: afp

    Welches Interesse hat Peking?

    Die von Peking seit Jahren gepflegten Beziehungen zu afrikanischen Staaten hat strategische Bedeutung: diplomatisch, politisch und wirtschaftlich. China braucht die afrikanischen Märkte für seine Produkte und nutzt sie als Rohstoffquelle, zum Beispiel für Eisenerz, Lithium oder Kobalt - zentrale Stoffe für die Batterieproduktion.
    "Grüne Technologie und auch die Digitalinfrastruktur spielen dieses Jahr eine größere Rolle", sagt Mikko Huotari vom Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin. Dabei gebe es eine Verschiebung von Infrastrukturprojekten hin zu Mineral-Rohstoffen.

    Die Erschließung, eigentlich Weiter-Erschließung, des afrikanischen Kontinents ist für die Zukunft der chinesischen grünen Technologien ein Kerninteresse, das vielleicht nicht auf den Flaggen steht, aber im Hintergrund zentral verfolgt wird.

    Mikko Huotari, MERICS

    Andererseits sind afrikanische Staaten wichtige Verbündete auf diplomatischer Ebene, zum Beispiel bei Abstimmungen bei den Vereinten Nationen.
    Der chinesische Staatspräsident mit erhobenem Arm und gereckter Faust. Er ist neben einem großen Fragezeichen zu sehen. Das Foto ist schwarz gelb eingefärbt.
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    Welches Interesse haben die afrikanischen Staaten?

    Die mehr als 50 afrikanischen Staaten, die in Peking zu Besuch sind, bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen und Interessen mit. Was sie eint: Sie besuchen den wichtigsten Handelspartner und Investitionsgeber und fühlen sich in der Zusammenarbeit mit Peking - im Gegensatz zu anderen Welt-Regionen - ernstgenommen. China engagiert sich in Bildungs- und Ausbildungsprojekten, hat seine Strategie von riesigen Infrastrukturprojekten umgestellt auf Projekte, die sich an den Bedürfnissen der Staaten orientieren, in Pekings Propaganda-Sprache: "kleinere, attraktive Projekte".
    Für Jana de Kluiver vom Institute für Security Studies in Pretoria ist es eine Partnerschaft mit vielen Chancen, aber auch Risiken. "Die Schließung des Infrastrukturdefizits, die Überwindung der digitalen Kluft und die Investitionen in das Humankapital - all dies sind Bereiche, in denen eine chinesisch-afrikanische Freundschaft sehr fruchtbar sein kann." Allerdings gebe es auch Nachteile, wie die Schuldenabhängigkeit "und asymmetrische Handelsbeziehungen, bei denen wir sehen, dass mehr Mehrwertprodukte aus China nach Afrika kommen, während Afrika immer noch im Kreislauf des Ressourcenexports ist, so die Expertin."

    Welche Auswirkungen die chinesische Wirtschaft auf die Staaten hat

    Das führt dazu, dass die schwächelnde chinesische Wirtschaft direkte Auswirkungen hat: Sinkt Chinas Wachstum, macht sich das auch in afrikanischen Staaten bemerkbar. Nach Ansicht vieler Experten könnten Afrikas Staaten ihre Handlungsfähigkeit vergrößern, wenn sie in zentralen Fragen mit einer Stimme sprechen würden statt im Wettbewerb zueinander zu stehen. Denn verhandelt wird - trotz des groß inszenierten Forums in Peking - in erster Linie bilateral.
    Chinesischer Bauarbeiter macht Pause
    Fallende Preise mangels Konsum, fehlende Jobs, Restaurants schließen. Chinas Wirtschaft läuft nicht mehr rund. Hat das Land seinen Zenit überschritten?13.03.2024 | 6:19 min
    Laut de Kluiver sei es aber zu kurz gedacht, China als "der große böse Wolf" darzustellen, es sei eine viel nuanciertere Diskussion notwendig, um die Beziehungen zwischen China und Afrika zu verstehen.

    China nur als Bösewicht in Afrika zu sehen, ist definitiv nicht im Interesse von irgendjemandem, zumindest nicht im Interesse von Afrika.

    Jana de Kluiver, Institute für Security Studies in Pretoria

    Warum ist das für uns relevant?

    Peking zählt sich selbst aus geopolitischen Gründen zum "Globalen Süden", um sich von anderen Regionen - meist "dem Westen" - abzusetzen. Das "größte Entwicklungsland", wie es sich gerne selbst bezeichnet, bietet sich dem afrikanischen Kontinent als "großer Bruder" an. Peking schmiedet Koalitionen, schafft sich international verlässliche Partner und kann sein Image als diplomatischer Vermittler weiter ausbauen. Damit nutzt Peking eine Lücke, die Deutschland, die EU oder auch die USA trotz aller Beteuerungen, den "Chancenkontinent Afrika" ernstzunehmen, in dieser Form nicht nutzen.
    Mitarbeit: Verena Garrett, ZDF-Studio Johannesburg
    Miriam Steimer ist Studioleiterin des ZDF-Studios Ostasien und als Korrespondentin zuständig u.a. für China, Japan, Nordkorea, Südkorea, Philippinen.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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