Taliban: Nach Afghanistan Abgeschobene auf freiem Fuß

    Afghanistan:Abgeschobene Straftäter teils auf freiem Fuß

    Katrin Eigendorf
    von Katrin Eigendorf
    |

    Rund eine Woche nach dem Abschiebeflug nach Afghanistan sind einige der abgeschobenen Straftäter frei. Das berichten die Taliban, die viele der Taten nicht als strafbar werten.

    Abschiebeflug nach Afghanistan
    Deutschland brachte vor einigen Tagen 28 Straftäter nach Afghanistan. Was passierte mit ihnen dort und wie beurteilen die Menschen vor Ort den Abschiebeflug? 06.09.2024 | 1:38 min
    Die Taliban haben nach eigenen Angaben einen Teil der 28 verurteilten Straftäter, die vor einer Woche nach Afghanistan abgeschoben wurden, freigelassen. Ein Teil der Abgeschobenen befinde sich noch in Gewahrsam.
    Was die 28 Männer, die in Deutschland teilweise aufgrund schwerer Straftaten verurteilt wurden, in Afghanistan erwartet, ist noch offen. Klar ist, die Taliban werten viele der Taten nicht als strafbar. Aus diesem Grund habe man bereits einige der Männer auf freien Fuss gesetzt. Wie mit den verbliebenen Abgeschobenen verfahren wird, darüber geben die Machthaber keine Auskunft.
    Katrin Eigendorf auf X
    Ein Klick für den Datenschutz
    Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
    Datenschutzeinstellungen anpassen
    Ein Taliban-Vertreter bestätigte der Deutschen Presse-Agentur: "Sie wurden freigelassen, nachdem ihre Familien schriftlich versichert hatten, dass sie keine Straftaten begehen würden".

    Was wird aus den abgeschobenen Afghanen?

    Am vergangenen Freitag war erstmals seit der Machtergreifung der Taliban vor drei Jahren wieder ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan gestartet, mit einer Maschine der katarischen Fluggesellschaft Qatar Airways. An Bord waren Straftäter, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen.
    Nicht nur in Deutschland, auch in Afghanistan ist das Schicksal der abgeschobenen Afghanen weiterhin Gesprächsthema. Muhammad Ibrahim Azimi, ein Einwohner Kabuls sagt: "Natürlich sollte man Kriminelle, die eine Straftat begangen haben, abschieben. Weil sie ein Verbrechen begangen haben in dem Land, in dem sie Flüchtlinge waren."

    Perspektivlosigkeit in Afghanistan

    Die Debatte um illegale Migration besorgt manche aber auch. Denn Europa, vor allem Deutschland sehen viele Afghanen noch immer als attraktives Land, um der Armut und Perspektivlosigkeit zu entkommen. Abdul Shokor Azizi, der in Kabul lebt, ist wichtig zu betonen:

    In diesem Fall muss aber man beachten, dass nicht alle Afghanen in Europa, vor allem in Deutschland, Kriminelle sind. Es gibt auch die, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gehen. Deswegen bitten wir die deutsche Regierung, dass sie verständnisvoller in diesen Angelegenheiten mit Afghanen sind.

    Abdul Shokor Azizi, Einwohner von Kabul

    Schaltgespräch mit Nancy Faser
    "Wir setzen hier den Rechtsstaat durch", sagt Innenministerin Nancy Faeser über die Abschiebungen nach Afghanistan. "Die Menschen haben ihr Recht verwirkt, hier Asyl zu bekommen." 30.08.2024 | 6:49 min
    Sicher ist, sie alle kehren in ein Land zurück, in dem bittere Armut herrscht, mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Vor allem Frauen sind nahezu aller Rechte beraubt, Freiheiten sind dramatisch beschnitten worden.

    Keine direkten Verhandlungen mit Taliban

    Dass Deutschland, wenn es weitere Afghanen abschieben will, auf ihre Kooperation angewiesen ist, wissen die Taliban. Sie sehen nun eine Chance auf politische Anerkennung und diplomatische Beziehungen.
    Der Rechtsprofessor Matiullah Aryanpor erklärt, dass bislang nur über Mittelmänner verhandelt wurde, auch im Fall der Abschiebung vor einer Woche.

    Die Entscheidungen, die zwischen dem Islamischen Emirat und Deutschland getroffen werden, erfolgen indirekt unter Vermittlung einer dritten Partei, dem Land Katar.

    Matiullah Aryanpor, Anwalt und Rechtsprofessor in Kabul

    Wulf Schmiese bei ZDFheute live: Afghanistan
    Vor der Abschiebung nach Afghanistan gab es laut Bundesregierung keinen Taliban-Kontakt. ZDF-Hauptstadtkorrespondent Wulf Schmiese erklärt, wie Katar vermittelt haben könnte.30.08.2024 | 13:24 min
    Bisher hat kein Land weltweit die Regierung der Islamisten offiziell anerkannt. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt.
    In der Entscheidung Deutschlands, Straftäter nach Afghanistan abzuschieben, sieht der Jurist auch ein klares politisches Zeichen: "Die Botschaft ist sehr deutlich: Wenn eine Person ihr Land verlässt und Asyl in einem anderen Land beantragt, muss sie auch unbedingt die Regeln dieses Landes befolgen."

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

    Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.

    Quelle: Mit Material von dpa

    Mehr zu Abschiebungen