Kritik an Abschiebeflug: Akzeptiert Deutschland die Taliban?
Kritik an Abschiebeflug:Legitimiert Deutschland so das Taliban-Regime?
von Lennart Glaser, Adrian Lächele
|
Kritik am Abschiebeflug nach Afghanistan: Deutschland legitimiere so die Taliban, sagt Rechtswissenschaftler Pichl. Er kritisiert auch das Timing des Flugs, kurz vor den Wahlen.
Deutschland hat 28 Straftäter in ihr Heimatland Afghanistan abgeschoben. Es handelt sich um die erste Abschiebung seit der Machtübernahme der Taliban.30.08.2024 | 1:48 min
Der Wiesbadener Rechtswissenschaftler Maximilian Pichl hat den Abschiebeflug mit 28 Straftätern nach Afghanistan kritisiert. Es sei nicht vorstellbar, dass dieser Flug völlig ohne Verhandlungen mit Kabul erfolgt sei, sagte Pichl ZDFheute:
Das ist die mittelbare Akzeptierung des Taliban-Regimes.
„
Maximilian Pichl, Prof. für Rechts- und Politikwissenschaft
Es stelle sich die Frage, mit wem genau die Bundesregierung die Abschiebungen besprochen habe. Vorstellbar wäre, dass Berlin mit Mittelsmännern geredet habe, zum Beispiel mit Katar. Auch seien noch weitere Fragen offen:
Der Flug findet ohne Begleitung der Bundespolizei statt: Wie steht es dann um die Luftsicherheit?
„
Maximilian Pichl, Prof. für Rechts- und Politikwissenschaft
Vor dem Innenausschuss des Bundestages soll Nancy Faeser die Fragen der Abgeordneten zu dem tödlichen Anschlag von Solingen beantworten. 30.08.2024 | 2:18 min
Droht Abgeschobenen die Todesstrafe?
Pichl warnt auch vor den Konsequenzen, die den 28 Abgeschobenen in Afghanistan drohen könnten. In Deutschland sei man stolz darauf, dass es keine Todesstrafe gebe. "Das kann jetzt aber Menschen dort drohen, in diesem Willkür-Regime."
Es ist zwar aktuell unpopulär, aber auch Menschen, die schwere Straftaten begehen, haben Rechte.
„
Maximilian Pichl, Prof. für Rechts- und Politikwissenschaft
Am frühen Freitagmorgen war eine Maschine von Qatar Airways vom Flughafen Leipzig/Halle in Richtung Kabul gestartet. Es war der erste Abschiebeflug nach Afghanistan seit August 2021. An Bord befanden sich nach Länderangaben unter anderem Straftäter aus Hessen, Niedersachsen oder Baden-Württemberg. Ursprünglich sollten 33 Straftäter abgeschoben werden.
Nach der Messerattacke von Solingen hat sich die Bundesregierung auf neue Maßnahmen verständigt: Etwa auf eine Verschärfung des Asylrechts und eine Ausweitung von Messerverboten.29.08.2024 | 3:00 min
Faeser: Keine direkten Gespräche mit den Taliban
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagt, Berlin habe Unterstützung von Schlüsselmächten der Region erhalten, ohne konkreter zu werden. Die Verhandlungen habe federführend das Kanzleramt geführt. Laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat es keine direkten Verhandlungen mit den Taliban gegeben.
FDP-Politiker Stephan Thomae deutet an, dass die Abschiebungen mittels Katar durchgeführt wurden. "Katar ist hier offensichtlich in der Lage und bereit, diesen Mittelsmann zu spielen, dieses schwierige Unterfangen", sagt er ZDFheute.
Aber da es schon einmal funktioniert hat, sollten wir mit den Kataris weiterhin über dieses Thema verhandeln.
„
Stephan Thomae, FDP
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) fordert, perspektivisch müssten "auch Rückführungen von ausreisepflichtigen Syrern unabhängig von Straftaten möglich werden".
Der Abschiebeflug nach Kabul zeige, dass es durchaus möglich sei, Straftäter auch nach Afghanistan" zurückzubringen, so Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union. 30.08.2024 | 6:04 min
"Verfassungswidrig": Kritik an Ampel-Paket
Abschiebungen sind Teil des Pakets, auf das sich die Ampel am Donnerstag als Reaktion auf den tödlichen Anschlag von Solingen geeinigt hatte. "Wir wollen Rückführungen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen", so Faeser. In einem Schreiben an die Fraktionen im Bundestag, das ZDFheute vorliegt, kündigt Faeser an, dafür zu sorgen, "dass Abschiebungen in der Praxis effektiver und erfolgreicher umgesetzt werden können".
Kritik gibt es vor allem an einem Punkt: Geflüchtete, die vor ihrer Ankunft in Deutschland bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, sollten in Deutschland künftig keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr haben.
"Diese Pläne sind verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen den Grundsatz der Menschenwürde und stehen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts entgegen", sagt Rechtswissenschaftler Pichl.
Kurz vor der Landtagswahl in Sachsen rücken bundespolitische Themen stark in den Fokus. Nach Solingen dominiert die Asyldebatte – und könnte sich auf den Wahlausgang auswirken.30.08.2024 | 1:54 min
Die Ampel wolle offenbar vor allem Handlungsfähigkeit beweisen. "Indem man jetzt Härte in der Migrationspolitik zeigt, treibt man die sich wechselseitig verstärkende Debatte der letzten Tage noch weiter", sagt Pichl. Die Leidtragenden seien dabei die Schutzsuchenden.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.