Asyldebatte entfacht:Solingen-Tat: Warum wurde nicht abgeschoben?
von Katharina Schuster
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Der Messerangriff in Solingen hat eine hitzige Debatte über Asylpolitik ausgelöst. Hätte die Tat durch strengere Abschieberegeln verhindert werden können?
Am Vormittag sprachen Kanzler Scholz und Oppositionsführer Merz über Konsequenzen nach dem Anschlag. Scholz hatte bereits eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt.27.08.2024 | 1:32 min
Nach der tödlichen Messer-Attacke von Solingen ist eine intensive Debatte über Asyl-Politik entfacht. Hätte man den Angriff womöglich vermeiden können? Denn: Der Tatverdächtige hätte eigentlich schon abgeschoben werden müssen.
Im Gespräch mit dem heute journal update macht Asyl-Experte Daniel Thym klar, dass in dem Fall anfangs sogar etwas funktioniert habe, was eigentlich häufig scheitert. "Bulgarien hat sich bereit erklärt, den Menschen aufzunehmen und die Behörden hatten offensichtlich auch einen Flug", sagt Thym. Allerdings hätten sie den Menschen dann nicht in der Unterkunft angetroffen und es auch nicht noch ein zweites oder drittes Mal versucht.
Friedrich Merz "schwankt zwischen Anklage und Angebot", so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer. Merz lege den Finger in die "offene migrationspolitische Wunde" der Ampel.27.08.2024 | 6:52 min
Im Nachhinein hätte man sich das natürlich gewünscht, aber es gebe auch einen Grund, warum die Behörden das häufig nur einmal probieren. "Sie haben einfach nicht die Ressourcen", stellt Thym fest. Es fehle Personal und die Verwaltungsabläufe seien kompliziert. Das führe dazu, dass die Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben.
Man sei nicht in der Politik, um zu beschreiben, was nicht möglich ist, sagt CDU-Chef Friedrich Merz. Dann müsse man Gesetze ändern, so Merz mit Blick auf den Anschlag in Solingen.27.08.2024 | 75:51 min
FDP-Politiker: Tat in Solingen "Akt des Terrorismus"
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle spricht sich im heute journal für eine leichtere Umsetzung von Abschiebungen von Menschen ohne Bleiberecht aus. Der Tatverdächtige aus Solingen hätte eine islamistische Gesinnung gehabt.
Diese schreckliche Tat in Solingen ist ein Akt des Terrorismus. Und Terrorismus will immer Unfrieden und Unruhe in der Gesellschaft stiften.
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Konstantin Kuhle, FDP-Politiker
Wenn man sich über die Schlussfolgerungen aus einer solchen Tat unterhalte, müsse man einen kühlen Kopf bewahren, in Ruhe überlegen, wie man vorgeht. Und wenn man dann zu Ergebnissen gekommen ist, diese umsetzen.
Der tödliche Messeranschlag in Solingen hat eine Debatte über innere Sicherheit ausgelöst. Bundeskanzler Scholz kündigte am Montag bei einem Gedenkbesuch am Tatort Konsequenzen an.27.08.2024 | 2:36 min
Mehr Kompetenzen für die Bundespolizei?
Zu viele Abschiebungen in Deutschland scheiterten daran, dass zu viele Behörden zuständig sind, macht Kuhle darüber hinaus klar. Aus diesem Grund habe es in diesem Jahr bereits Änderungen gegeben, Abschiebungen seien erleichtert worden. Dennoch: Diese leichteren Regeln müssten von den Ländern auch umgesetzt werden, sagt Kuhle.
"Ich kann mir vorstellen, dass der Bund zukünftig weitere Aufgaben im Bereich der Abschiebungen übernimmt", sagt Kuhle. So könnte sich etwa die Bundespolizei darum kümmern, dass Abschiebungen im eigenen Zuständigkeitsbereich durchgesetzt werden.
"Bei der Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus und bei der leichteren Umsetzung von Abschiebung" müsse nun etwas passieren, so stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender Kuhle.26.08.2024 | 5:52 min
Derzeit wirkten unterschiedliche Behörden bei Abschiebungen zusammen:
die Ausländerbehörde der Kommune
die Behörden des Landes
die Bundespolizei
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
"Wir müssen an jeder Stelle gucken, dass wir Zuständigkeitsbrüche reduzieren", sagt Kuhle. "Wenn ein Ausländer, der ausreisepflichtig ist, im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei aufgegriffen wird, dann bin ich dafür, dass die Bundespolizei auch gleich selber die Abschiebung durchführen kann."
Thym: Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan "rechtlich anspruchsvoll"
Im Falle des Tatverdächtigen ginge es nun erstmal mit einem Strafverfahren weiter, sagt Asyl-Experte Thym. Da er die Tat gestanden habe, könne man davon ausgehen, dass er verurteilt werde und wahrscheinlich ins Gefängnis müsse. Daneben stelle sich aber die Frage, wie es asyltechnisch für ihn weitergehe.
Eine Möglichkeit wäre, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Fall zum Anlass nehme, um sich nochmal genau anzuschauen, aus welcher Region dieser Mensch in Syrien kommt. Wie dort seine Behandlung ist, und ob sich die Situation in Syrien nicht vielleicht geändert habe, sodass man ihn wieder dorthin abschieben könnte.
Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan seien "rechtlich anspruchsvoll", so der Asyl-Experte. Aber da sich die Situation dort in den letzten Jahren stabilisiert habe, könne man eine Abschiebung im Einzelfall durchaus probieren - bei den Behörden und bei den Gerichten.
Das Asyl-Recht grundsätzlich für diese Länder abzuschaffen oder auszusetzen, sei nicht möglich. Dafür müsse man das Grundgesetz, Europarecht und auch internationale Verträge ändern.
Die Interviews führten die ZDF-Moderatorinnen Anne Gellinek und Sandra Maria Gronewald.
Quelle: dpa
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