Girls'Day und Boys'Day: Gegen Stereotype bei der Berufswahl

    Girls'Day und Boys'Day:Beruf: egal, Geschlecht: egal

    von Michael Kniess
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    Jungen werden Lokführer, Mädchen Erzieherin: Auch 2025 dominieren Geschlechterklischees die Berufswahl. Ändern wollen das Girls'Day und Boys'Day, aber es bleiben dicke Bretter.

    Ein junges Mädchen trägt einen Helm und eine Schutzbrille und bedient lachend eine Fräse.
    Mit dem Girls'Day und dem Boys'Day sollen Geschlechterklischees bei der Berufswahl aufgebrochen werden. Mädchen und Jungen sollen an diesem Tag Einblicke in verschiedene Berufsfelder bekommen.
    Quelle: dpa

    Alle zehn Berufe mit besonders großem Fachkräftemangel in Deutschland sind laut Institut der deutschen Wirtschaft (iwd) entweder typische Frauen- oder typische Männerberufe. In Studiengängen wie Ingenieurswissenschaften oder Informatik sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Dagegen sind beispielsweise nur zwei Prozent der Medizinischen Fachangestellten männlich. Das zu ändern und Geschlechterklischees zu durchbrechen, hat sich der Girls'Day und Boys'Day zur Aufgabe gemacht.
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    Girls'Day und Boys'Day: Praktischer Einblick in den Berufsalltag

    Die jährlichen Aktionstage sind das deutschlandweit größte Programm zur beruflichen Orientierung, das den Gedanken einer Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees fördert. "Uns geht es vor allem darum, dass junge Menschen ihre Berufs- oder Studienwahl nach individuellen Interessen treffen und nicht, weil ihnen von klein auf Fähigkeiten als Mädchen oder Junge zugeschrieben werden", sagt Tabea Schroer, Leiterin der Bundeskoordinierungsstelle des Girls'Day und Boys'Day.
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    Rund 15.000 Unternehmen und Organisationen werden dafür heute Schülerinnen die Möglichkeit bieten, Berufe in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) kennenzulernen. Die meisten der rund 8.400 Angebote beim Boys'Day gibt es in den Kategorien Kindertagesstätte, Einzelhandel/Handel und Alten- und Seniorenpflege.

    Die Jugendlichen bekommen einen ganz praktischen Einblick in den Alltag von Berufen, in denen jeweils das eigene Geschlecht unterrepräsentiert ist.

    Tabea Schroer, Leiterin der Bundeskoordinierungsstelle des Girls'Day und Boys'Day

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    Geschlechterstereotype prägen von klein auf

    Eine Entscheidungshilfe, die auch aus Sicht von Magda Luthay wichtig ist. "Auch im 21. Jahrhundert halten sich weiterhin Geschlechterstereotype in der Erziehung und frühkindlichen Sozialisation, die bereits früh die Berufswahl beeinflussen", sagt die Leiterin des Büros für Gender und Diversity der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Kritik: Nach wie vor seien Vorstellungen darüber, welche Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen von Männern und Frauen erwartet werden, sehr präsent.
    In vielen Familien werde nach wie vor bereits von klein auf vermittelt, was als "typisch männlich" oder "typisch weiblich" gilt. Dies könne durch die Art und Weise geschehen, wie Eltern ihre Kinder behandeln, welche Spielzeuge sie ihnen geben oder wie sie ihre Interessen und Verhaltensweisen fördern. "Diese zugeschriebenen Geschlechterrollen werden oft an den jeweiligen Bildungseinrichtungen weitergeführt, beispielsweise durch verschiedene Erwartungen an das Lernverhalten und die Leistungen von Jungen und Mädchen", so Magda Luthay.
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    Berufswahl wird früh durch Stereotype beeinflusst

    So würden Jungen eher für technische Fächer ermutigt, während Mädchen in sprachlichen oder sozialen Fächern mehr gefördert würden.

    Diese Geschlechterstereotype beeinflussen bereits früh die Berufswahl.

    Magda Luthay, Leiterin des Büros für Gender und Diversity der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Mädchen neigten dazu, sich für Berufe im sozialen Bereich zu entscheiden, erklärt Luthay, während Jungen sich eher für technische oder naturwissenschaftliche Berufe interessieren würden.
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    Lehrmaterial vermittelt Stereotype in der Schule

    Überarbeitungsbedarf sieht Magda Luthay auch beim Lehrmaterial. Filme, Bücher und andere Medien vermittelten oft stereotype Bilder von Geschlechtern: "Männer werden häufig als stark und unabhängig dargestellt, während Frauen als fürsorglich und emotional gezeigt werden. Solche Darstellungen prägen das Selbstbild von Kindern."
    Wichtig ist ihr, dass die Förderung von Mädchen und Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, nicht dazu führt, dass Jungen und Männer benachteiligt werden. Vielmehr müsse es das Ziel sein, dass alle Geschlechter die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben. "Wichtig ist, dass Vorbilder in allen Berufsbereichen sichtbar gemacht werden, um junge Menschen für verschiedene Berufswahlen zu inspirieren, unabhängig von Geschlecht", betont Luthay.
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    MINT: Deutschland ist gefordert

    Nicht nur um die vielfach klaffende Fachkräftelücke zu schließen, ist die klischeefreie Berufsorientierung wichtig. Deutschland steht auch anderweitig unter Druck. Denn die Europäische Kommission hat ehrgeizige Ziele für die MINT-Bildung gesetzt. Bis 2030 sollen mindestens 45 Prozent der Auszubildenden in MINT-Berufen Frauen sein. Derzeit liegt Deutschland hier bei nur etwa 13 Prozent. Im Hochschulbereich sollen 40 Prozent der MINT-Studierenden Frauen sein. Aktuell sind es rund 33 Prozent.

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    Quelle: dpa

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