Bestatter-Ausbildung: Immer mehr Interesse am Beruf
Ausbildungszahlen gestiegen:Warum immer mehr Junge Bestatter werden
von Maike Verlaat-Violand
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Die Zahl der Auszubildenden zur Bestattungsfachkraft hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Die Mehrzahl sind mittlerweile Frauen. Was reizt sie daran?
Immer häufiger möchten junge Menschen Bestatter werden. Ein Großteil der Auszubildenden zur Bestattungsfachkraft sind Frauen.
Quelle: dpa
Mira Stöcker weiß mit dem Tod umzugehen. Es ist ihre Arbeit. Die 24-Jährige ist im letzten Ausbildungsjahr als Bestattungsfachkraft bei Bestattungen Grandjean in Trier. Mira schiebt eine Verstorbene aus einem gekühlten Raum - und hebt sie zusammen mit ihrem Kollegen auf einen Waschtisch. Die erste hygienische Versorgung war für sie ein Test, ob der Beruf der Richtige für sie ist:
"Ich hab' da einfach auf meinen Körper gehört und es hat sich ganz normal angefühlt. Ganz natürlich für mich", sagt sie und beginnt, die Frau auszuziehen. Danach desinfiziert Mira die Haut der Toten, seift sie ein und wäscht alles wieder ab.
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Bestattungshandwerk: So viele Auszubildende wie nie
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Auszubildenden in der Bestattungsbranche verdoppelt. Laut Statistischem Bundesamt waren es 2013 390 Auszubildende, 2023 bereits 860.
Bei der alternden Bevölkerung in Deutschland gibt es immer mehr Sterbefälle. Im Jahr 2023 starben hierzulande rund 1,03 Million Menschen - das waren 15 Prozent mehr als noch zehn Jahre zuvor. Die Umsätze im Bestattungshandwerk steigen seit Jahren. 2022 waren es 2,3 Milliarden Euro.
Miras Chefin, Ulrike Grandjean, glaubt allerdings nicht, dass das der Grund ist, warum sich viele für den Beruf interessieren. "Bei uns ist es so, dass die jungen Menschen erst einmal ein Praktikum machen und danach sind viele begeistert, weil sie sehen, wie vielseitig der Beruf ist."
Auch Mira entschied sich erst für den Beruf, nachdem sie das Praktikum absolvierte. Mira lernt, Angehörige in einer schwierigen Lebenssituation zu beraten. Sie kümmert sich um behördliche und kirchliche Formalitäten, holt Verstorbene zu Hause ab, führt die hygienische und kosmetische Versorgung durch, schaltet Todesanzeigen, bereitet Trauerfeiern vor und noch vieles mehr.
"Das ist vom Thema her wirklich alles, was mich interessiert", sagt Mira. "Vom kulturellen Hintergrund, vom Künstlerischen, was man hin und wieder macht, der Bezug zu den Menschen."
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Vor allem Frauen in der Ausbildung
Das klassische Bild des Bestatters scheint der Vergangenheit anzugehören. Im Jahr 2023 waren 57 Prozent der Auszubildenden Frauen. Vor zehn Jahren waren sie noch in der Unterzahl. "Vielleicht hat man Frauen den Job früher mental nicht zugetraut", sagt Ulrike Grandjean. "Wobei sich rausgestellt hat, dass Frauen eigentlich schon empathischer gegenüber den Angehörigen sind."
Empathie und die eigene mentale Stärke seien wichtige Voraussetzungen für die Arbeit. Mittlerweile ist es auch so, dass nicht mehr ganz so viel körperlich gearbeitet wird wie früher, sagt Grandjean. Es gebe viele Hilfsmittel, die das Tragen und Umbetten der Verstorbenen erleichtern.
Nur noch 20 Prozent Erdbestattungen
Für Mira steht an diesem Tag eine Erdbestattung an. Eine Seltenheit: Nur noch jeder Fünfte in Deutschland wird auf diese Weise bestattet. Zusammen mit ihrem Kollegen fährt sie den Sarg zum Friedhof. Dort angekommen, schiebt sie ihn mithilfe eines Rollwagens in die Kapelle. Die Blumenkränze hat die Floristin bereits angeliefert: weiße Rosen. Wie ein Mensch verabschiedet werden will, ist sehr individuell.
"Berühren tut mich das auf jeden Fall. Vor allem wenn wir es dann auch in der Deko schaffen, das Ganze darzustellen, die Person, die ganze Geschichte irgendwie", sagt sie und legt einen der Kränze auf den Sarg. Alles steht bereit für die Angehörigen, die sich jetzt verabschieden können.
Mira hat sie durch diese schwierige Lebenssituation begleitet. Es ist ein Beruf, der nicht einfach ist, aber sie erfüllt.
Maike Verlaat-Violand ist Reporterin im ZDF-Studio Rheinland-Pfalz.
Quelle: ZDF
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