OP-Verbot: Karrierknick für Ärztinnen in der Chirurgie
Benachteiligung in der Chirurgie:Ärztinnen: Karriere-Knick durch OP-Verbot
von Annette Hoth
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In der Chirurgie sind Frauen benachteiligt: Schwangere dürfen oft nicht mehr operieren. Ein Knick in der Karriere. Der Verein "Die Chirurginnen“ kämpft für Gleichstellung.
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Die Medizin wird weiblich. Zwei Drittel aller Medizinstudierenden sind Frauen. Ein Fachbereich ist bei ihnen mehr als unbeliebt: die Chirurgie. Hier sind gerade einmal 20 Prozent der Stellen von Frauen besetzt.
Ein Grund dafür liegt in einer handfesten Benachteiligung während einer Schwangerschaft. Viele Kliniken verbieten in dieser Zeit das Operieren.
Verbannung aus OP-Saal aus Schutzgründen
Begründet wird das mit den Regelungen des Mutterschutzes. Denn ein OP-Saal sei kein Arbeitsplatz wie jeder andere. Die Risiken seien höher als bei einem Bürojob - durch mögliche Infektionen, Röntgenstrahlen und Narkosegase. Das Beschäftigungsverbot soll Mutter und Kind schützen. Doch viele Kliniken schießen weit über dieses Ziel hinaus, zum Nachteil der Frauen.
Die schwangere Chirurgin Kristina Götzky arbeitet im OP-Saal. In vielen Kliniken ist das nicht erlaubt.
Quelle: Anton Klimenko
Oberärztin Kristina Götzky ist Bauchchirurgin am Henriettenstift in Hannover. Das vierte Kind ist unterwegs. Sie hat am eigenen Leib erfahren, wie sie bei ihren ersten Schwangerschaften ausgebremst wurde.
Bei der ersten Tochter hatte ich das betriebliche Beschäftigungsverbot so ungefähr ab der achten, neunten Woche.
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Kristina Götzky, Oberärztin
"Da hatte ich sehr mit Übelkeit zu kämpfen und musste es dann halt irgendwann sagen, dass ich schwanger bin", ergänzt die Chirurgin.
Verlängerte Facharztausbildung durch Beschäftigungsverbot
Für die Facharztausbildung sind sechs Jahre angesetzt. In diesem Zeitraum müssen angehende Bauchchirurg*innen wie Kristina Götzky mindestens 525 OPs absolvieren, in manchem Bundesland sind es mehr.
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Kristina Götzky brauchte zwölf Jahre, denn zusätzlich zu Mutterschutz und Elternzeit verlor sie auch durch das Beschäftigungsverbot wertvolle Zeit, um die Anforderungen zu erfüllen.
Chirurgin Kristina Götzky musste dafür kämpfen, während ihrer Schwangerschaft weiter operieren zu dürfen.
Quelle: Anton Klimenko
Karrierebremse vergrößert Fachkräftemangel in Kliniken
Auch für die Kliniken bringt das Nachteile, denn ihnen fehlen dadurch dringend gebrauchte Fachkräfte. Nach Schätzungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung ist bis 2040 mit einem Mangel von 30.000 bis 50.000 Ärzt*innen zu rechnen - besonders in der Chirurgie, falls Frauen sie weiter meiden.
Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen besteht trotz Zuzug ausländischer Ärzt*innen: Ihre Zahl erreichte 2023 mit knapp 64.000 einen neuen Höchststand.
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Hohe Zahl an Verrentungen auch unter Ärzten
Doch das allein füllt die Lücke, die der demografische Wandel reißt, nicht aus. Die Zahl an Ärzt*innen im Ruhestand steigt kontinuierlich weiter an, auf inzwischen mehr als 100.000; das ist ein Plus von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Und diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, denn rund 97.000 berufstätige Ärzt*innen sind 60 Jahre oder älter - fast jeder vierte. Chefärztin Katja Schlosser ist deshalb besorgt.
Wenn wir es nicht schaffen, Frauen viel mehr in die chirurgischen Fächer hineinzubringen, dann wird es irgendwann niemanden mehr geben, der uns operiert.
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Katja Schlosser, Chefärztin
Chefärztin Katja Schlosser kämpft für das Recht von Chirurginnen, auch während einer Schwangerschaft weiter operieren zu dürfen - und damit für Chancengleichheit.
Quelle: Larissa Eden
Schlosser hat mit Kristina Götzky und anderen einen Verein gegründet, der diese Schieflage beheben soll: "Die Chirurginnen e.V." Sie wollen junge Medizinerinnen ermutigen, den Weg in die Chirurgie zu wählen, und unterstützen sie unter anderem mit einem Mentoring-Programm.
Leitfaden für Kliniken zu unbedenklichen OPs
Der Verein kämpft auch gegen das betriebliche Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft - und hat dabei vor kurzem einen Meilenstein errungen:
Quelle: ZDF
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Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hat sogenannte Positivlisten erarbeitet. Die führen alle OPs auf, die unbedenklich für Mutter und Kind sind - ein Leitfaden für Kliniken, damit diese ihre schwangeren Mitarbeiterinnen nicht mehr komplett aus dem OP-Saal verbannen, sondern nur noch, wenn nötig.
Ein Baustein, der den Fachkräftemangel in der Chirurgie abmildern könnte. Wie im Henriettenstift in Hannover. Dort hat Kristina Götzke ein Umdenken bewirkt: Sie darf nun bis zum Mutterschutz im achten Schwangerschaftsmonat operieren, und mit ihr alle Kolleginnen, die nach ihr kommen.
Quelle: dpa
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