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Update am Morgen:Wie groß ist der Zusammenhalt in der Nato?
von Daniel Pontzen
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Vor kurzem noch schien das westliche Verteidigungsbündnis aus der Zeit gefallen. Gestärkt wurde es dann von außen - geschwächt wird es nun von innen. Jetzt zählt's.
Quelle: ZDF
Guten Morgen,
zu den bizarrsten Begleiterscheinungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zählt: dass ausgerechnet Wladimir Putin der Nato, seinem sorgsam gepflegten Feindbild, ein kaum mehr für möglich gehaltenes Revitalisierungsprogramm beschert hat. Wenige Jahre nachdem Donald Trump das Bündnis für "obsolet" erklärte und Emmanuel Macron es dann gar "hirntot" nannte, erlebte die Nato eine Erweiterung (um Finnland) und einen generellen Bedeutungszuwachs - die Menschen in den Mitgliedsstaaten wurden nach geschmeidigen Jahren der Friedensdividende unsanft daran erinnert, dass Verteidigungsfähigkeit mehr ist als ein Spleen unverbesserlicher Militär-Nerds.
Die jüngsten Entwicklungen aber legten zugleich die Schwachstellen des Bündnisses offen: Das Einstimmigkeitsprinzip bringt es an den Rand der Erpressbarkeit. So machte der türkische Präsident Erdogan seine Zustimmung zu einer Aufnahme Schwedens von der Erfüllung immer neuer Forderungen abhängig. Und trieb die "Partner" damit in - selbst für seine Verhältnisse - erstaunlicher Dreistigkeit vor sich her. Zu einem Zeitpunkt, da die Nato eigentlich alle Konzentration für die künftige strategische Ausrichtung aufbringen müsste. Dass Erdogan seinen Widerstand nun gestern Abend - anscheinend - in letzter Minute aufgab, ändert wenig an der schmerzhaften Diagnose: Die Handlungsfähigkeit der Nato hängt von seinen Gnaden ab - eine auf Dauer wenig tragfähige Geschäftsgrundlage. Erst recht, wenn dereinst ein neuer (alter) US-Präsident ähnliches triebe.
11.07.2023 | 1:42 min
Inwieweit der heute beginnende zweitägige Nato-Gipfel in Litauen eine Weggabelung für das Bündnis darstellt - und wenn ja, in welche Richtung sie führt - wird sich wohl erst in der Rückschau bewerten lassen. Abgewendet scheint nun zumindest bis auf Weiteres die Sorge, dass man im gleißenden Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit die eigene Handlungsunfähigkeit demonstriert. Ob es zum erhofften (glaubhaften) Signal der Geschlossenheit reicht, muss sich indes noch zeigen.
Ablesen lässt sich dies wohl vor allem am Umgang mit der aus Sicht vieler zentralen Frage: ob die Nato der Ukraine jenen konkreten Fahrplan für eine künftige Mitgliedschaft präsentieren wird, nach dem sich das geschundene Land so sehr sehnt. Just vor Beginn des Gipfels erscheint dies mehr als fraglich. Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich dagegen sagen: Jeder noch so feine Riss im Zusammenhalt dürfte von Putin und seinen Troll-Armeen ausgeschlachtet werden. Es lohnt also genau hinzuschauen, wie und wohin sich die Nato in den nächsten 36 Stunden bewegt. Ich empfehle dazu ZDFheute, unsere ZDF-Nachrichtensendungen und Frontal, wo ab 21 Uhr auch die Frage behandelt wird, was der Nato-Gipfel für den Fortgang des Krieges bedeuten kann.
Einen schönen Tag wünscht!
Ihr Daniel Pontzen, ZDF-Hauptstadtkorrespondent
Was im Ukraine-Krieg passiert ist
Die Nato beschließt neue Abwehrpläne für den Bündnisfall: Angesichts der angespannten Sicherheitslage durch den russischen Angriff auf die Ukraine will sich die Nato für eine potenzielle Attacke Russlands auf eigenes Bündnisgebiet wappnen. Dazu haben sich die Nato-Partner schon vor dem Gipfel in Vilnius auf neue Pläne zur Verteidigung verständigt.
Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Was heute noch wichtig ist
Statistisches Bundesamt gibt genaue Inflationsrate bekannt: Die Verbraucherpreise in Deutschland dürften im Juni stärker gewachsen sein. Eine erste Schätzung ergab einen Anstieg der Inflationsrate auf 6,4 Prozent von 6,1 Prozent im Mai.
Protestbewegung in Israel kündigt "Tag der Störung" an: Nachdem ein erster Teil der umstritten Justizreform durch das Parlament gebilligt wurde, werden für Dienstag Proteste erwartet. Die Demonstranten kündigten einen "Tag der Störung" an.
Gesagt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, stellen heute in Berlin das bundesweite Lagebild zum Thema häusliche Gewalt vor. Faeser fordert ein striktes Vorgehen bei Gewaltfällen in der Partnerschaft.
10.07.2023 | 33:59 min
Zahl des Tages
2,3 Kinder bekommen Frauen im globalen Durchschnitt in ihrem Leben. Zum Vergleich: Anfang der 1960er lag die zusammengefasste Geburtenziffer noch bei rund fünf Kindern pro Frau. Damit die Kindergeneration die der Eltern zahlenmäßig ersetzt, bedarf es einer Geburtenziffer von 2,1 Kindern pro Frau - dieser Wert wird als Bestandserhaltungsniveau bezeichnet.
Die Mehrheit aller Menschen lebt heute in einem Land, dessen Geburtenziffer bereits unter das Bestandserhaltungsniveau gesunken ist. In Deutschland ist dies bereits seit 1970 der Fall. Dass die Bevölkerungszahl seitdem nicht geschrumpft ist, liegt an der Zuwanderung.
Weitere Schlagzeilen
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Die Nachrichten im Video
Kurznachrichten im ZDF - immer auf dem Laufenden30.10.2024 | 1:51 min
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So wird das Wetter heute
Am Dienstag bleibt es in Nordseenähe eher wolkiger. Sonst gibt es sehr viel Sonne. Zum späten Nachmittag ziehen von Südwesten teils kräftige Gewitter mit Unwettergefahr auf. Dazu warnt der Deutsche Wetterdienst im Süden verbreitet vor einer starken Wärmebelastung. Denn es wird nochmal heiß mit 28 bis 37 Grad, nur direkt an den Küsten bleibt es etwas angenehmer mit rund 24 Grad.
Quelle: ZDF
Zusammengestellt von Tim-Julian Schneider
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