Israel: Parlament billigt Teil der Justizreform

    Trotz massiver Proteste:Israel: Knesset billigt Teil der Justizreform

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    Die geplante Justizreform in Israel sorgt seit Wochen für massive Proteste - nun hat sie eine erste Hürde im Parlament genommen. Als Reaktion soll es einen "Tag der Störung" geben.

    Ungeachtet massiver Proteste schreitet die umstrittene Justizreform in Israel weiter voran. Das Parlament in Jerusalem billigte nach stundenlanger Debatte in der Nacht zum heutigen Dienstag einen Gesetzentwurf, der die Handlungsmöglichkeit des Höchsten Gerichts einschränken soll.
    64 von 120 Abgeordneten stimmten in erster Lesung dafür und 56 dagegen. Bis die Änderung in Kraft tritt, sind noch zwei Lesungen notwendig.

    Ende der "Angemessenheitsklausel" geplant

    Der Gesetzentwurf sieht vor, dass es dem Höchsten Gericht künftig nicht mehr möglich sein soll, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als "unangemessen" zu bewerten.
    Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung hochrangiger Posten begünstigen könnte. Es wird erwartet, dass das Gesetz bis Ende des Monats in Kraft tritt. Bis dahin wären auch noch Änderungen möglich.

    Weitere Proteste geplant

    Die Organisatoren der seit Monaten andauernden Proteste im Land kündigten vergangene Woche als Reaktion einen "Tag der Störung" an. Ab den frühen Morgenstunden seien Demonstrationen gegen das Vorhaben der Regierung an Kreuzungen und mehreren zentralen Straßen geplant.
    Autofahrer seien aufgefordert, besonders langsam zu fahren, "um ein Zeichen zu setzen", teilte ein Sprecher mit. Tagsüber sollen an zahlreichen Orten Kundgebungen stattfinden, darunter ab 15.00 Uhr (MESZ) am internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv.
    Am Abend wollten sich den Organisatoren zufolge Tausende Menschen im Zentrum der Küstenstadt sowie in weiteren israelischen Städten versammeln. Die Protestbewegung ist eine der größten in der Geschichte Israels, einem Land mit rund 9,4 Millionen Einwohnern, und sie umfasst breite Teile der Gesellschaft.

    Justizreform spaltet das Land

    Seit mehr als einem halben Jahr spaltet das umfassende Vorhaben der Regierung große Teile der israelischen Gesellschaft. Netanjahus Koalition will mit den Plänen das Höchste Gericht gezielt schwächen.
    Sie wirft ihm übertriebene Einmischung in politische Entscheidungen vor. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen, dass sich Israel in eine Diktatur verwandeln könnte. Die Regierung bestreitet das.

    Wiederaufnahme von Verhandlungen offen

    Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die umfassenden Pläne zum Umbau der Justiz nach massivem Druck Ende März zunächst gestoppt, vor rund drei Wochen jedoch wieder leicht abgeschwächt auf die Agenda gesetzt. Monatelange Gespräche über einen Kompromiss unter Vermittlung von Präsident Isaac Herzog zwischen Regierung und Opposition blieben erfolglos.
    Am Sonntagabend forderte Herzog in einem eindringlichen Appell beide Parteien auf, den Dialog wieder zu suchen. Alles andere sei "ein Fehler von historischem Ausmaß". Die Opposition zeigte sich am Montag gesprächsbereit, sollte die Regierung ihre Pläne stoppen. Medienberichten zufolge teilte Netanjahu am Abend Herzog mit, diese weiter vorantreiben zu wollen.
    Quelle: dpa
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