Die Nato will für den Fall eines Angriffs auf eigenes Bündnisgebiet gewappnet sein.
Quelle: Reuters
Die Mitgliedsstaaten der
Nato haben sich auf neue Pläne für die Abwehr von möglichen Angriffen auf das Bündnisgebiet, beispielsweise durch Russland, verständigt. Die Annahme der Dokumente erfolgte am Montag einen Tag vor dem Beginn des Gipfeltreffens in Litauen in einem schriftlichen Verfahren, wie mehrere Diplomaten bestätigten.
Die Entscheidung soll an diesem Dienstag von den Staats- und Regierungschefs noch einmal bestätigt und dann offiziell verkündet werden. Die insgesamt mehr als 4.000 Seiten starken Verteidigungspläne sollen detailliert beschreiben, wie kritische Orte im Bündnisgebiet durch Abschreckung geschützt und im Ernstfall verteidigt werden sollten.
Stoltenberg kündigte bereits 300.000 Soldaten starke Eingreiftruppe an
Dafür wird auch definiert, welche militärischen Fähigkeiten notwendig sind. Neben Land-, Luft-, und Seestreitkräften sind auch Cyber- und Weltraumfähigkeiten eingeschlossen. Bereits beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr hatte
Generalsekretär Jens Stoltenberg angekündigt, dass künftig 300.000 Soldatinnen und Soldaten für mögliche Nato-Einsätze in hoher Bereitschaft gehalten werden sollten.
Bislang war bei der Nato für schnelle Kriseneinsätze vor allem die Eingreiftruppe NRF vorgesehen. Für diese stellen die Mitgliedstaaten derzeit circa 40.000 Soldatinnen und Soldaten. Neben möglichen Angriffen durch Russland sind auch Bedrohungen durch Terrorgruppen Grundlage der Planungen.
Nato-Staaten wollen mehr für Verteidigung ausgeben
Da der Ausbau der militärischen Fähigkeiten Unmengen an Geld kostet, haben sich die Nato-Staaten bereits im Vorfeld des Gipfels darauf verständigt, das gemeinsame Ziel für die nationalen Verteidigungsausgaben zu verschärfen. Angestrebt wird demnach künftig, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auszugeben.
Deutschland hatte sich bereits im vergangenen Jahr bereit erklärt, für die neue Nato-Truppenstruktur eine Division - also rund 15.000 Soldatinnen und Soldaten - zu stellen. Darüber hinaus wurden etwa 65 Flugzeuge und 20 Schiffe sowie Unterstützungskräfte und weitere Verbände mit besonderen Aufgaben in Aussicht gestellt.
Ländern werden bestimmte Territorien zugewiesen
Die neuen Verteidigungsplanungen sehen vor, dass die Verbände in der Regel in ihren jeweiligen Heimatländern stationiert bleiben, aber bestimmten Ländern und Territorien zugewiesen werden - zum Beispiel an der Nato-Ostflanke.
Wenn nötig, werden die Kräfte in ihr jeweiliges Gebiet verlegt, um dort für dessen Schutz zu sorgen. In besonders gefährdeten Regionen ist zudem deutlich mehr Abschreckung durch ständige Präsenz geplant. Deshalb will Deutschland auch rund 4.000 Soldaten
dauerhaft in Litauen stationieren.
Geografisch wurde das
Nato-Gebiet für die Planungen
in drei Regionen eingeteilt:
- Die erste erstreckt sich von den USA über den Atlantik bis nach Island, Großbritannien und Norwegen
- Die zweite umfasst Europa nördlich der Alpen mit Deutschland, Polen, Mittelosteuropa und einschließlich der baltischen Staaten.
- Und die dritte Region zieht sich über den Mittelmeerraum und den Balkan bis hin in die Schwarzmeer-Regionen mit Ländern wie Rumänien und Bulgarien.
Nato wil mehr Flugabwehr- und Raketensysteme
Nach Angaben aus dem Bündnis geht es bei den Planungen vor allem um die Abwehr eines Angriffes im Ausmaß von dem
Russlands auf die Ukraine. Dabei wurden auch etliche Bereiche identifiziert, in denen Europa nun mehr tun muss.
Den Militärs zufolge braucht es so mehr schwere Kräfte, die auch heftigen Kämpfen standhalten können, mehr Flugabwehrsysteme und mehr weitreichende Artillerie und Raketensysteme.
Investitionen im IT- und Datenbereich geplant
Zudem seien auch Investitionen in Informations- und Datenmanagementsysteme sowie in die Logistik vonnöten. "Wir haben erkannt, dass wir tatsächlich wieder mit einer Artikel-5-Situation konfrontiert sein könnten, in der ein Teil des Nato-Territoriums direkt angegriffen wird", sagte ein ranghoher Nato-Beamter.
Und der Ukraine-Krieg habe gezeigt, dass es sich dabei auch um einen Angriff erheblichen Ausmaßes handeln könnte, mit dem Ziel, die Kontrolle über einen Teil des Nato-Territoriums zu erlangen.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
Quelle: dpa