Friedenspreis des Buchhandels:Applebaum: Kampf den Autokraten dieser Welt
von Karin Beck-Loibl
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Anne Applebaum hat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2024 erhalten. Das hat sie selbst überrascht, da sie sich nicht für eine "typische Friedenspreisträgerin" hält.
Cécile Schortmann spricht mit Anne Applebaum, US-polnische Journalistin und Historikerin und Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels.19.10.2024 | 15:56 min
Sie kämpft für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: "Mein Verständnis von Frieden ist, dass man tatsächlich Frieden schafft, indem man diese Ideen und Ideale verteidigt und schützt", erklärt die amerikanisch-polnische Publizistin und Historikerin Anne Applebaum auf der Frankfurter Buchmesse. "Frühere Preisträger hatten eine andere Idee und Definition von Frieden."
In diesem Jahr erhält Anne Applebaum den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In ihrer Dankesrede rief sie dazu auf, die Ukraine militärisch stärker zu unterstützen.20.10.2024 | 1:33 min
Pro Aufrüstung und Abschreckung
Applebaum ist eine Friedenspreisträgerin, die für Aufrüstung und Abschreckung plädiert. Die explizit mehr Waffenlieferungen an die Ukraine fordert, um dem Krieg dort ein Ende zu setzen, da Diplomatie alleine die Probleme dort nicht lösen könne.
Auf der 76. Frankfurter Buchmesse steht das Genre "New Adult" im Fokus – und damit die jungen Leser. Um die Besetzung der Delegation des Ehrengasts Italien gibt es Streit.19.10.2024 | 2:46 min
"Dies ist ein Krieg, der irgendwann zu Ende ist, sobald die Russen aufhören zu kämpfen", sagt sie. Erst wenn Russland die Ukraine als souveränen Staat anerkenne - erst dann könne man verhandeln und diplomatisch agieren. "Wir müssen diese Ära des russischen Imperialismus zu Ende bringen", so Applebaum.
Quelle: ZDF
... wurde als Kind jüdischer Eltern in den USA geboren. Neben der US-amerikanischen besitzt sie auch die polnische Staatsbürgerschaft. Sie ist mit Radoslaw Sikorski verheiratet, dem heutigen Außenminister Polens. Sie arbeitet als Journalistin und schrieb Bücher wie "Der Gulag" (2003), "Der Eiserne Vorhang" (2012), "Die Verlockung des Autoritären" (2021) und zuletzt "Die Achse der Autokraten" (2024).
Quelle: dpa
Zu Gast mit "Die Achse der Autokraten"
Auf der Frankfurter Buchmesse war Applebaum auch auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat zu Gast mit ihrem neuen Buch "Die Achse der Autokraten". Schon der Untertitel macht klar, wie sich Diktatoren ihrer Ansicht nach gegenseitig an der Macht halten: mit "Korruption, Kontrolle, Propaganda". Autoritäre Regimes haben ihre ganz eigenen Mechanismen. Nur wenn wir verstehen, wie die Autokraten von heute agieren und wie sie weltweit vernetzt sind, können wir dem etwas entgegensetzen und unsere von ihnen attackierte Demokratie schützen - davon ist die Pulitzer-Preisträgerin überzeugt.
Sie macht raffinierte Netzwerke mit kleptokratischen Strukturen. Wo Tyrannen ihr Volk unterdrücken, um sich selbst zu bereichern. Wo "Diktatoren nicht nur politische Anführer sind, sondern auch Milliardäre, die nicht nur ein Land führen, sondern auch große Teile dieses Landes selbst besitzen". Ermöglicht durch die Welt des Offshore-Finance, anonyme Unternehmensstrukturen und anonyme Immobilien- und Grundbesetzstrukturen bis hin zu modernsten Überwachungstechnologien.
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Applebaum: Der Westen darf nicht länger zusehen
"Warum brauchen wir Offshore-Steuerparadiese oder anonym geführte Unternehmen? Warum sollte man die Möglichkeit haben, Immobilien im Ausland zu kaufen, ohne den Namen im Grundbuch zu haben?", fragt Anne Applebaum. Der Westen dürfe nicht länger zusehen, sondern müsse eingreifen, durch Wirtschaftsdruck und Sanktionen, durch militärische Siege oder auf politischen Weg. Wir haben dieses internationale kleptokratische System ermöglicht, das Teil der modernen Autokratie ist, sagt Applebaum. Also können wir es auch beenden.
Karin Beck-Loibl ist Redakteurin bei 3sat-Kulturzeit.