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Interview
"Metro"-Autor Glukhovsky :"Putin-Versteher sind wie Hitler-Versteher"
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Der Schriftsteller Dmitry Glukhovsky ist auch im Exil eine wichtige Stimme der russischen Opposition. Im ZDFheute-Interview erklärt er, warum es mit Putin kein Verhandeln gibt.
Bestsellerautor Dmitry Glukhovsky ist gegen den Krieg in der Ukraine. In "Geschichten aus der Heimat" beschreibt er die Willkür der russischen Elite und ein Volk, das in Gleichgültigkeit verharrt.25.09.2022 | 2:50 min
ZDFheute: Sie sind in Russland in Abwesenheit zu mehr als acht Jahren Lagerhaft verurteilt worden, weil Sie den Ukraine-Krieg kritisiert haben. Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Dmitry Glukhovsky: Da gibt es unerwartete Logistikbegrenzungen (lacht). Natürlich kann ich nicht in meine Heimat und nicht in die eine Hälfte der Welt, die mit Russland gute Beziehungen unterhält.
Nach Kasachstan, Armenien oder Belarus darf ich nicht, aber auch nicht nach Indonesien, nach Thailand, in die Arabischen Emirate oder in die Türkei. Njet, njet, njet. Und natürlich muss ich beachten, was ich sage, was ich tue und wohin ich gehe, wo ich zum Beispiel auch über Nacht bleibe. Aber daran gewöhnt man sich.
Quelle: Jana Mai
... ist ein regimekritischer russischer Schriftsteller und Dramatiker. Neben seiner Muttersprache Russisch spricht er fünf weitere Sprachen, darunter auch Deutsch. Bekannt wurde er für seine Roman-Trilogie "Metro", einem internationalen Bestseller. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs 2022 lebt er im Exil. Auf der Buchmesse in Frankfurt stellt er sein neuestes Buch vor: "Wir. Tagebuch des Untergangs".
ZDFheute: Die russische Regierung schreibt Sie zwar zur Fahndung aus, aber welchen Stellenwert hat Ihre künstlerische Arbeit noch in Russland?
Glukhovsky: Zu meinem großen Erstaunen werde ich immer noch publiziert. In London wurde vor einigen Monaten mein Theaterstück "The White Factory" uraufgeführt - und es wird jetzt bald sogar in Moskau veröffentlicht.
Viele Werke von Künstlern - nicht nur von Schriftstellern, auch von Musikern -, die als ausländische Agenten eingestuft sind, werden in Russland noch verkauft und gehört. Das kann natürlich von heute auf morgen vorbei sein. So wie es beispielsweise Boris Akunin passiert ist: Plötzlich wird er als Terrorist und Extremist eingestuft und alle Buchverkäufe sind verboten.
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ZDFheute: Sie schreiben in Ihrem neuen Buch, wenn es für Putin überhaupt noch eine politische Gefahr gibt, dann gehe die von den Frontheimkehrern aus.
Glukhovsky: Die Revolution von 1917 haben am Ende nicht die Intellektuellen durchgefochten, sondern die Frontheimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg. Heute ist die Lage ähnlich.
Die Intellektuellen oder die Mittelschicht, die in Russland gegen Putin auf die Straße gegangen sind, konnten der Polizei nie richtigen Widerstand leisten. Wir wissen doch gar nicht, wie man kämpft.
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Aber von Soldaten, die mit dem Tod konfrontiert waren, die selbst getötet haben, geht eine ganz andere Gewaltbereitschaft aus.
ZDFheute: Ist es vielleicht am Ende wie mit dem Krieg in Afghanistan? Der Krieg endete 1989 mit einem Desaster für die Sowjetunion, zwei Jahre später fiel der Staat auseinander.
Glukhovsky: Es ist heute viel schlimmer. In zehn Jahren Afghanistan-Krieg wurden 15.000 sowjetische Soldaten getötet. Beim Ukraine-Krieg sprechen wir von mehr als einer halben Million Toten und Schwerverletzten nach zweieinhalb Jahren. Das ist ein riesiges Trauma.
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Viele, die den Krieg an der Front überleben, kommen als Mörder, Diebe und Vergewaltiger zurück. Sie werden in Zukunft zwischen uns leben. So ein Land wie Russland wird sich um solche Leute nicht kümmern. Es gibt keinen Plan dafür.
ZDFheute: Was sagen Sie Menschen in Deutschland, die fordern, mit Putin zu verhandeln, damit der Krieg endlich aufhört?
Glukhovsky: Ich sage Ihnen, Putin-Versteher sind wie Hitler-Versteher. Wenn wir jetzt mit Putin eine Waffenruhe aushandeln, wird das nicht mehr als eine Friedensphase zwischen zwei Kriegen sein.
Jedes Ergebnis dieses Krieges, das Wladimir Putin seinem Volk als Sieg darstellen könnte, wird dieses Regime unvermeidbar bestärken und verewigen. Und es wird in seiner Natur ein aggressives, autoritäres, imperialistisches Regime bleiben.
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Wollen die Europäer, wollen die Deutschen das? Die Erziehung in den Schulen und Kindergärten ist seit Beginn des Krieges noch viel soldatischer und patriotischer geworden, die Kinder werden indoktriniert. Das bedeutet, dass sich Putin auf einen langen Kampf gegen den Westen einrichtet.
ZDFheute: Sie haben viele Fans in Deutschland. Was können die von Ihnen als Nächstes erwarten?
Glukhovsky: Eine kleine Sammlung von Theaterstücken wird die nächste Sache sein, die ich hier veröffentlichen werde. Aber auch Videospiele. Mir gefällt es ja, mit Genres und Medien zu experimentieren. Und mit etwas Glück gibt es eine Verfilmung meines Drehbuchs, einen realistischen Thriller. Mehr darf ich darüber aber noch nicht verraten.
Das Interview führte Eva Schmidt.
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