Moldau vor der Wahl: Wie Russland Transnistrien ausnutzt

    Moldau vor der Wahl:Wie Russland Transnistrien für sich nutzt

    von Sebastian Ehm
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    Moskau versucht Einfluss auf die Präsidentschaftswahl und das EU-Referendum in Moldau zu nehmen. Transnistrien wird dabei zum Schauplatz der Machtpolitik des Kreml.

    Eine Frau geht an einer EU-Flagge aus blauen Kieselsteinen vorbei.
    Die Präsidentschaftswahl in Moldau steht bevor. Mit einer Volksabstimmung wird am Wahltag auch über die Verankerung eines EU-Beitritts als Ziel in der Verfassung entschieden.19.10.2024 | 1:38 min
    Wenn man nach Transnistrien reisen will, muss man einen Checkpoint passieren. Dort kontrollieren transnistrische Soldaten die Reisepässe und werfen einen Blick in den Kofferraum. Danach darf man seine Reise fortsetzen. Ein Journalistenvisum haben wir nicht, wir reisen einfach so ein und sind gespannt, was passiert - denn die Region befindet sich zwischen russischer Einflussnahme und moldauischem Europakurs.

    Transnistrien: International nur von Russland anerkannt

    Transnistrien ist ein abtrünniger Landesteil der Republik Moldau, der sich Anfang der Neunziger nach einem kurzen Krieg einseitig abgespalten hat und seitdem ein Schattendasein im Osten Moldaus führt: mit eigener Regierung, eigenem Militär und sogar eigener Währung - transnistrischen Rubeln.
    2.000 russische Soldaten sind hier stationiert und bewachen ein gewaltiges Waffendepot im Norden. Moldaus Sicherheitskräfte haben auf Transnistrien keinen Zugriff.
    Moldau: Wahlen und EU-Referendum
    Am Sonntag sind in Moldau Präsidentschaftswahlen. Zudem wird über eine Verfassungsänderung abgestimmt, die den Weg Richtung EU freimachen soll.18.10.2024 | 2:14 min
    Gestützt wird die Enklave von Moskau, das von hier etwa durch Propaganda versucht die Richtung EU tendierende Republik Moldau zu destabilisieren. Die Hauptstadt Transnistriens Tiraspol wirkt aus der Zeit gefallen: Viele Gebäude aus Sowjetzeiten und Denkmäler, die an längst vergangene Heldentaten der Roten Armee erinnern. Es ist wie eine Zeitreise.

    Präsidentin Maia Sandu als Feindbild

    Was harmlos wirkt, ist Teil der knallharten Machtpolitik des Kreml. Die proeuropäische Präsidentin von Moldau, Maia Sandu, ist das Feindbild. Russland möchte verhindern, dass sie wiedergewählt wird und ihren Kurs Richtung EU fortsetzen kann.
    Vor allem über Social Media läuft eine gewaltige Desinformationskampagne des Kreml. Der Westen wird als moralisch verdorben verteufelt.
    Nazan Gökdemir im Gespräch mit Diana Zimmermann
    Maia Sandu, die Präsidentin der Republik Moldau, versuche das Land in die EU zu führen, erklärt ZDF-Korrespondentin Zimmermann. 22.08.2024 | 2:38 min

    Festhalten an die Zeit der Sowjetunion

    Wir sind verabredet mit dem Touristenführer Andreii Zagorski. Er ist 38 Jahre alt und in Transnistrien geboren. Die Atmosphäre hier würde viele Fans der Sowjetunion anziehen, sagt er uns. Doch man merkt ihm an, dass er kein Fan der Sowjetnostalgie und Russlandhörigkeit seiner Heimat ist.

    Die wollen die Sowjetunion zurück. Für mich, für die junge Generation ist es wichtiger sich in Richtung Moderne zu bewegen und in Frieden mit der ganzen Welt zu leben.

    Andreii Zagorski, Touristenführer

    In Dubasari im Norden Transnistriens befindet sich die Fabrik des bekannten Sowjet-Likörs Buket Moldavii. Das jährliche Weinfest dort ist ein Highlight in Transnistrien. Hunderte sind gekommen. Wenn man mit den Menschen dort spricht, merkt man, wie weit entfernt man hier von der EU ist.
    Frau hinter ihrem Marktstand
    Viele in Moldau haben Angst, dass Russland auch sie angreift. Doch die Hälfte der Bevölkerung ist pro-russisch. In Georgien kommen immer mehr russische Geflüchtete an. 20.06.2023 | 19:27 min

    Moldau: Präsidentschaftswahl und EU-Referendum

    Galina und Alexander zum Beispiel. Die beiden Rentner wohnen in Transnistrien, haben aber auch einen moldauischen Pass. Fast jeder hier hat den. Galina und Alexander wollen bei der Präsidentschaftswahl am 20. Oktober wählen, auch wenn sie in Transnistrien wohnen und die Wahl auf sie de facto gar keinen Einfluss hat.
    Doch sie mögen die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu nicht und wollen auch, dass sich Moldau eher Russland annähert. "Wir finden, dass uns eher Russland die Wahrheit sagt", meint Alexander. Galina fügt hinzu:

    Das alles in der Ukraine wäre nicht geschehen und wir würden wahrscheinlich in Frieden leben, aber dank Europa und Amerika ist das alles passiert.

    Galina, Bewohnerin Transnistriens

    Auch Touristenführer Andreii Zagorskii möchte wählen. Er ist für die EU - am 20. Oktober wird auch über einen EU-Beitritt abgestimmt. Vor allem seinen zwei Kindern würde ein Beitritt Moldaus und irgendwann auch Transnistriens viel mehr Chancen einräumen als eine Hinwendung zu Russland.
    21.08.2024, Moldau, Chisinau: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Maia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau verabschieden sich nach der gemeinsamen Pressekonferenz.
    Bundeskanzler Scholz besucht die Republik Moldau. Ein Land, das zwar klein ist, aber dafür eine bedeutende geopolitische Lage hat – und mit der EU Beitrittsgespräche begonnen hat.22.08.2024 | 1:39 min

    Kreml verbreitet Anti-EU-Stimmung

    In der Republik Moldau steht bei der Wahl am Sonntag viel auf dem Spiel. Es wird damit gerechnet, dass Russland versuchen wird, möglichst viele Menschen aus Transnistrien zu mobilisieren, um gegen Sandu und den EU-Beitritt zu stimmen. Auch in Moldau ist der Kreml aktiv und versucht mit hybriden Maßnahmen die Anti-EU-Stimmung anzufachen.

    Kampf gegen russische Desinformation

    In einem unscheinbaren Büro mitten in der moldauischen Hauptstadt Chisinau kämpfen Andrei Curăraru und seine Kollegen dagegen an. Sie decken russische Desinformation auf Social Media auf.

    Wir haben seit Kriegsbeginn ein exponentielles Wachstum von russischer Desinformation in Moldau erlebt, aber bei diesem Wahlkampf ist sie nochmal sprunghaft angestiegen.

    Andrei Curăraru, Watchdog.MD

    Ihre Arbeit ist gefährlich, sie bekommen dafür regelmäßig Drohungen und wurden sogar schon in ihrem Büro angegriffen. Dass Russland anscheinend auch vor Gewalt nicht zurückschreckt, zeigen die Geschehnisse am Donnerstag.
    Moldauische Sicherheitskräfte nahmen mehrere Personen fest, die in Russland für Umsturzversuche trainiert worden sein sollen. Die Stimmung in der Republik Moldau vor der Wahl bleibt angespannt.
    Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien

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