Gaming-Standort Deutschland: "Gibt ambitionierte Projekte"

    Entwickler in Deutschland:Deutsche Games: "Gibt ambitionierte Projekte"

    von Andreas Garbe
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    Der deutsche Gaming-Standort hat es schwer: Pionier-Entwickler wie das Gothic-Studio Piranha Bytes werden immer weniger - das Remake zeigt das Problem. Doch es gibt Hoffnung.

    Eine Besucherin der Gamescom probiert mit einem Controler ein Spiel aus.
    Auch in Deutschland ist Gaming beliebt - der Standort ist für Entwickler aber ein schwieriges Umfeld.
    Quelle: dpa

    Für viele war es eines der Highlights auf der Spielemesse Gamescom in Köln vergangene Woche: das Remake des deutschen Kult-Rollenspiels Gothic. Das Original aus dem Jahr 2001 war ein Pionier des sogenannten Open-World-Genres, erinnert sich Kai Rosenkranz, der damals die Musik komponiert hat:

    Die Spielenden wurden als Neulinge ohne Führung wortwörtlich in diese ungewöhnlich düstere, rotzige Fantasy-Welt geworfen und sie konnten diese auf eigene Faust und auf eigene Weise ergründen und gestalten.

    Kai Rosenkranz

    Zwischen 20 und 40 Leute hatten einige Jahre an dem Spiel gearbeitet, im Bochumer Studio Piranha Bytes. Rosenkranz erinnert sich vor allem an die kreative Freiheit damals: "Jeder hatte die Freiheit, in verschiedene Disziplinen hineinzuschnuppern und sich vielseitig einzubringen. Diese Möglichkeit habe ich damals sehr genossen und vieles für mich ausprobieren können."
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    Gothic: Gesamtes Piranha-Bytes-Team entlassen

    Nun ist ein Remake dieses Klassikers in Arbeit, das 2025 erscheinen soll - und auch Rosenkranz ist wieder mit an Bord. Das Publikum der Gamescom durfte es ausprobieren. Im separaten Bereich für Handel und Presse gab es Präsentationen mit einigen der kreativen Köpfe dahinter. Tatsächlich macht es einen soliden Eindruck - vertieft viele der Innovationen des Originals.
    Gothic Remake
    Das Remake von Gothic soll 2025 erscheinen.
    Quelle: Embracer Group

    Federführend ist allerdings ein Studio aus Barcelona. Piranha Bytes ist seit einigen Monaten Geschichte. Das gesamte Team ist entlassen, die Firma dahinter existiert nur noch auf dem Papier. Letztlich verantwortlich für die Schließung ist der schwedische Mutterkonzern Embracer, der das Studio erst 2019 übernommen hatte.
    "Die haben sich mit uns gar nicht auseinandergesetzt," beklagt sich eine langjährige Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte. Auch im Studio seien Fehler gemacht worden, aber "mit uns hat Embracer ein Stück wichtige deutsche Spielekultur untergehen lassen".
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    Gaming-Branche: Jo-Jo-Effekt nach Corona

    Das Paradoxe: Gerade den großen Firmen geht es eigentlich ganz gut, sagt Petra Fröhlich, Chefredakteurin des Branchendienstes gameswirtschaft.de. "Bei hochrentablen Konzernen erfolgen Stellenstreichungen und Studioschließungen meist auf Druck des Kapitalmarkts: Wenn eine Aktiengesellschaft anfängt, folgen kurz darauf weitere."
    Und seit ein paar Jahren jagt eine Entlassungswelle die nächste, scheint es. Erst im Mai schloss Gigant Microsoft, der sich jahrelang kräftig Studios einverleibt hatte, vier Studios. Anfang des Jahres hatte der Konzern bereits 10.000 Stellen gestrichen. Und im Februar verkündete Konkurrent Sony 900 Stellenstreichungen in seiner PlayStation-Sparte. Kai Rosenkranz sieht einen Jo-Jo-Effekt, unter dem auch deutsche Studios leiden:

    Meine Einschätzung ist, dass wir uns gerade in den kritischen drei bis fünf Jahren nach der Pandemie befinden, in denen die Branche nach einem Höhenflug wieder auf dem Boden der Realität landet.

    Kai Rosenkranz

    Beflügelt durch die überwältigenden Verkaufszahlen während der Corona-Jahre sei der Kurs bei vielen Unternehmen aller Größenordnungen auf Wachstum gestellt worden. "Der Markt war und ist jedoch nicht in der Lage, dieses Wachstum dauerhaft zu tragen", erklärt Rosenkranz.
    Videospiele-Tipp
    Man kennt es aus dem Kino: Immer wieder schafft es ein Remake, die Zuschauer neu zu begeistern. So auch bei Videospielen. Ein Klassiker wurde nun wieder aufgelegt: Tomb Raider.05.04.2024 | 3:06 min

    Expertin: Gibt weiter "ambitionierte Projekte" in Deutschland

    Der hiesige Markt ist zwar ein bedeutender für Videospiele; allerdings wurde hier viel mehr gekauft und gespielt als selbst entwickelt. Nur wenige deutsche Studios haben eine dreistellige Belegschaft. Aktuelle Überraschungserfolge wie Enshrouded von Keen Games aus Frankfurt werden nur von einigen Dutzend Leuten entwickelt.




    Für solche kleinen und oft auch jungen Teams, die keinem internationalen Mutterkonzern gehören, sei es schwer, Spiele durchzufinanzieren, sagt Branchenexpertin Fröhlich. Dafür sei die eigene Kapitaldecke oft zu dünn. Aber ganz verzweifeln müsse man nicht:

    Es gibt hinreichend ambitionierte Projekte, die derzeit in Deutschland entstehen und weiterhin entstehen können.

    Petra Fröhlich, Chefredakteurin gameswirtschaft.de

    Die zwei prominentesten Köpfe des Gothic-Entwicklers Piranha Bytes haben übrigens erst vor einigen Wochen ein eigenes Studio gegründet. Jennifer und Björn Pankratz wollen unter dem Namen Pithead Studio neue visionäre Videospiele entwickeln. Ein Remake von Piranha Bytes sozusagen.
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