Interview
BGH gibt Bundeskartellamt recht:Apple-Entscheidung: Zähmung der Tech-Giganten
von Jan Henrich und Karl Anton Gensicke
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Seit einiger Zeit gehen deutsche Wettbewerbshüter gegen die Marktmacht großer Digitalkonzerne vor. Nun hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung gegen Tech-Riese Apple bestätigt.
Vom Smartphone bis zum Computer, vom Betriebssystem bis zum App-Store: Apple hält für seine Kunden ein ganzes Ökosystem an Geräten und Anwendungen bereit. Sogar Streamingdienste für Musik und Filme gehören zum Portfolio des Konzerns. Alles aus einer Hand und alles miteinander verzahnt.
Das bringt eine Marktmacht mit sich, die aus Sicht des Bundeskartellamts der Kontrolle bedarf. 2023 hatten die Wettbewerbshüter den US-Konzern deshalb unter verschärfte Aufsicht gestellt, wie zuvor auch schon andere große Digital-Unternehmen - Apple klagte dagegen. Nun hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung der Behörde bestätigt.
BGH: Apple hat "überragende marktübergreifende Bedeutung"
Konkret hatte das Bundeskartellamt Apple als "Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung" eingestuft. Dabei habe unter anderem eine Rolle gespielt, dass der Konzern mit seinem App-Store eine zentrale Position auf digitalen Märkten einnehme und dort anderen Wettbewerbern auch Regeln vorgeben könne. Eine Einschätzung, die der Bundesgerichtshof mit seinem heutigen Beschluss bestätigt:
Da Apples Tätigkeit große Bedeutung für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten hat, verfügt Apple über erheblichen Einfluss auf deren Geschäftstätigkeit.
Wolfgang Kirchhoff, Vorsitzender Richter Bundesgerichtshof
Mit der Entscheidung lehnen die Richterinnen und Richter in Karlsruhe eine Beschwerde von Apple in erster und letzter Instanz ab.
Kartellrechtsreform erleichtert Vorgehen gegen Digitalkonzerne
Für den Konzern wird die Einstufung vermutlich noch beachtliche Folgen haben. Denn 2021 hatte der Gesetzgeber das Kartellrecht reformiert, um früher und effektiver gegen die Wettbewerbsgefährdung durch große Digitalkonzerne vorgehen zu können. Seitdem sieht das Gesetz ein zweistufiges Verfahren vor.
Im ersten Schritt prüft das Bundeskartellamt, wie nun bestätigt, die Marktmacht des Unternehmens. Im zweiten Schritt können die Wettbewerbshüter dem Unternehmen bestimmte Verhaltensweisen untersagen: Beispielsweise eigene Angebote auf digitalen Marktplätzen zu bevorzugen oder Drittanbietern den Zugang zum App-Store zu erschweren.
In welchen Bereichen genau Apple nun seine Geschäftspraxis anpassen muss, steht allerdings noch nicht fest. Im Fokus stehen unter anderem Apples Tracking-Vorschriften für Drittanbieter im App-Store.
Apple sieht eigenes Geschäftsmodell missverstanden
Aus Sicht von Apple ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Eine Sprecherin betonte gegenüber ZDFheute, die Einstufung verkenne die wahre Marktposition des Unternehmens.
Apple sei in Deutschland einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Auf den eigenen Plattformen würde man zwar die Regeln aufstellen, allerdings sei dies notwendig, um Qualitätsstandards zu gewährleisten. "Wir stimmen der heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu, die Einordnung des Bundeskartellamts beizubehalten, so die Unternehmenssprecherin von Apple.
Sie vernachlässigt den Wert eines Geschäftsmodells, das die Privatsphäre und Sicherheit von Nutzer:innen in den Mittelpunkt stellt.
Apple-Unternehmenssprecherin
Apple sei stolz darauf, ein Motor für Innovation, Arbeitsplätze und Wettbewerb zu sein, so die Sprecherin weiter.
Weitere Tech-Giganten bereits als marktübergreifend eingestuft
Das Bundeskartellamt gibt an, dadurch bereits konkrete Verbesserungen erwirkt zu haben. Gegenüber Alphabet setzte man beispielsweise eine bessere Kontrollmöglichkeit für die Nutzer zur dienstübergreifenden Datenverarbeitung durch. Weitere Verfahren, wie zum Beispiel ein Vorgehen gegen Alphabets Dienst Google Maps oder eine mögliche unzulässige Preis- und Zugangskontrolle der Händler durch Amazon, laufen.
Quelle: dpa
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