Streamingdienste: Warum es immer mehr Abos mit Werbung gibt

    FAQ

    Werbung, Abos, Anbieter:Streaming: "Das goldene Zeitalter ist vorbei"

    von Lukas Wagner
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    Die Auswahl an Streamingdiensten ist immens - inzwischen bieten sie oft auch Abos mit Werbung an. Welche Strategie dahinter steckt und wie die Streaming-Zukunft aussieht.

    Das Bild zeigt Logos von Apps verschiedener Streamingdienste auf einem Smartphone.
    Die Auswahl an Streamingdiensten und Abovarianten ist groß: Was wird in Zukunft auf Nutzer zukommen?
    Quelle: Imago

    Ein Abo abschließen, unter zehn Euro bezahlen und damit Massen an Filmen und Serien jederzeit und ohne Werbeunterbrechungen abrufen: Die Anfangszeit der Streamingdienste mit Netflix und Co. war für Nutzer ein wahr gewordenes Schlaraffenland. Durch neue Anbieter wie Amazon, Apple oder Disney wurde der Markt dann zwar langsam unübersichtlicher, aber an der werbelosen Flatrate-Mentalität änderte sich lange Zeit wenig.
    Doch zuletzt führten zahlreiche Dienste günstigere Abomodelle ein, bei denen das Programm im Gegenzug durch Werbung unterbrochen wird. Woher kommt dieser Strategiewechsel im Streaming, sind das gute oder schlechte Nachrichten für Nutzer und wie werden wir in Zukunft streamen?
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    Welche Strategie steckt hinter den Werbeabos bei Streamingdiensten?

    Die Streamingdienste haben laut Marketing-Experte Thorsten Hennig-Thurau anfangs "auf sehr große zukünftige Umsätze spekuliert" und deswegen versucht, sich möglichst große Nutzeranteile auf dem Film- und Serienmarkt zu sichern.

    Der Konsument hat dann eine tolle Zeit, weil der Neue, der Disruptor, alles gibt und sein Angebot sehr günstig anbietet - weil Profite zunächst keine Rolle spielen.

    Prof. Thorsten Hennig-Thurau, Universität Münster

    Nach dieser Anfangszeit komme dann aber irgendwann die Forderung der Geldgeber, mit dem nun etablierten Dienst auch profitable Umsätze einzufahren. "Die Werbung ist da ein zentraler Hebel, weil Werbung auf audiovisuellen Medien enorm hohe Renditen generiert", sagt Hennig-Thurau.
    Warum Werbung dann nicht direkt in die bestehenden Abonnements integrieren? Marketing-Experte Michel Clement erklärt, dass Streamingdienste günstigere Werbeabos einführen, um einerseits weniger zahlungsbereite Konsumenten als Abonnenten zu gewinnen und um andererseits zu vermeiden, dass werbekritische Nutzer abspringen.
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    Dass das Vorgehen offensichtlich finanziell erfolgreich sein kann, zeigen zum Beispiel die aktuellen Finanzzahlen von Netflix: Der Streamingriese verbucht im zweiten Quartal 2024 starke Nutzer- und Umsatzzuwächse - und auch die neu abgeschlossenen Werbe-Abonnements sind demnach um 34 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gestiegen. Das verdeutliche, dass "die Werbeerträge einen nennenswerten Beitrag" zu den Netflix-Profiten leisteten, erklärt Thorsten Hennig-Thurau.
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    Was bedeutet Werbung im Streaming für die Nutzer?

    Marketing-Experte Hennig-Thurau sieht tendenziell negative Folgen für Nutzer durch mehr Werbung im Streaming, da sie "die Aufmerksamkeit und das Interesse der Streaminganbieter am Zuschauer verringert".

    Das ist ein typisches Phänomen zweiseitiger Märkte: Die Anbieter haben plötzlich zwei Zielgruppen, die in dem Fall miteinander im Interessenkonflikt stehen. Die Werbeleute wollen so viel Werbung wie möglich, die Zuschauer am besten gar keine.

    Prof. Thorsten Hennig-Thurau, Universität Münster

    Das sei auch der Grund gewesen, warum sich Netflix-Mitgründer Reed Hastings in seiner Zeit als CEO vehement gegen Werbung ausgesprochen habe. Doch aufgrund der ökonomischen Macht könnten es sich die Dienste irgendwann nicht mehr leisten, Werbung per se abzulehnen, erklärt Hennig-Thurau.
    Mit Blick auf die vermehrten Abomöglichkeiten macht Michel Clement aber auch positive Effekte für Nutzer aus, die von günstigeren Preisen und mehr Angebotsvielfalt profitieren könnten:

    Je mehr Wettbewerb am Markt ist, desto besser. Dann hat der Konsument die Wahl und es gibt durch den zunehmenden Wettbewerb keine Monopolisierungstendenzen.

    Prof. Michel Clement, Universität Hamburg

    Durch den "wachsenden Konkurrenzdruck" entstehe bei Streamingdiensten ein Anreiz, das eigene Angebot zu verbessern.
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    Wie wird der Streamingmarkt in Zukunft aussehen?

    Beide Experten gehen davon, dass es bald weniger Streamingdienste geben wird. Denn die Anbieter müssten neben dem globalen Content auch spezifische Inhalte für einzelnen Regionen wie Deutschland oder Spanien bereitstellen, das sei nur von den "ganz Großen" zu stemmen, sagt Michel Clement. Unter anderem deshalb werden aus seiner Sicht kleinere Streamingdienste mit der Zeit verschwinden. Ein ähnliches Fazit zieht Thorsten Hennig-Thurau:

    Das goldene Zeitalter ist vorbei. Jetzt gilt es für die Streamer, die Kosten für Inhalte zu senken, die Preisbereitschaft der Zuschauer auszureizen und so schnell wie möglich Profite zu machen.

    Prof. Thorsten Hennig-Thurau, Universität Münster

    Dazu braucht es laut Hennig-Thurau aber eine starke Wirtschaftskraft und große Nutzerzahlen, was nur Disney und Netflix bieten - neben Amazon und Apple, die als Verkaufsplattform beziehungsweise als Tech-Konzern ohnehin weniger auf Einnahmen beim Streaming abzielen. "Die vier sind gesetzt und alle anderen, inklusive Fernsehsender und Sky, werden zumindest im Bereich 'filmed entertainment' erhebliche Probleme bekommen, relevant zu bleiben", prognostiziert der Medienexperte.
    In Zukunft werde deshalb das flexible Wechseln zwischen verschiedenen Streaminganbietern deutlich schwerer werden - auch weitere Preissteigerungen seien zu erwarten, erklärt Thorsten Hennig-Thurau und empfiehlt Abonnenten: "Genießt das, was ihr jetzt noch habt, weil die Marktbereinigung im vollen Gange ist."

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