Vom Stadtleben ins Landleben: Der Trend zur Stadtflucht
Trend zur Stadtflucht:Liegt die Zukunft auf dem Land?
von Sarah Hufnagel
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Landflucht war gestern. Heute sehnen sich viele Städter nach einem Leben auf dem Land. Was es mit dem Trend auf sich hat und warum ländliche Gemeinden auf Zuzug angewiesen sind.
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Obwohl Nadja und Benjamin Reichel ihr aktueller Wohnort Leipzig gefällt, zieht es das Paar aufs Land. Genauer in die kleine Gemeinde Wiesenburg/Mark in Brandenburg, die etwa eine Zugstunde von Berlin entfernt liegt. In Wiesenburg möchte sich das Paar ein neues, ruhigeres Leben aufbauen und erhofft sich dabei vor allem mehr Freiraum für die zwei gemeinsamen Kinder.
Die Reichels folgen damit einem Trend, der sich seit etwa zehn Jahren in Deutschland bemerkbar macht. Das zeigen auch Daten zur Binnenwanderung, also den Wohnsitzwechseln über Gemeindegrenzen hinweg, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ausgewertet hat. Demnach entscheiden sich aktuell so viele Stadtbewohner und -bewohnerinnen für das Leben auf dem Land wie seit etwa 30 Jahren nicht mehr.
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Stadtbewohner suchen Flexibilität und Freiheit
Verstärkt wurde der Trend auch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Insbesondere das Arbeiten im Homeoffice gibt vielen Städtern die Freiheit, ihren Lebensmittelpunkt aufs Land zu verlegen.
Aber die Digitalisierung des Arbeitsmarktes ist nicht der einzige Grund für junge Menschen, die Großstadt hinter sich zu lassen. Das stellten Wissenschaftler des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung in einer Studie fest, für die sie Gespräche mit Zugezogenen in ländlichen Gemeinden führten.
Gerade Familien mit Kindern suchten zudem nach mehr Platz und einem bezahlbaren Eigenheim, erklärt Florian Breitinger vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.
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Stadtflucht sichert Zukunft des ländlichen Raums
Vom Trend zur Stadtflucht können Gemeinden profitieren, die als Folge des Wegzugs vieler junger Menschen und Familien in den 00er Jahren unter Überalterung und Strukturschwäche leiden. Das bestätigt auch Marco Beckendorf (Die Linke), Bürgermeister der Gemeinde Wiesenburg/Mark:
Neue Einwohner und Einwohnerinnen bringen nicht nur neues Leben in die Gemeinden, sondern sie stellen in vielerlei Hinsicht auch eine Einnahmequelle dar: Sie zahlen Steuern, kaufen in lokalen Geschäften ein und bringen ihre Kinder zum Beispiel in Kitas oder Schulen unter. Damit unterstützen sie den Strukturaufbau in ländlichen Regionen.
Für die WISO-Dokumentation "Kampf um die Zukunft - Wie sich ein Dorf gegen die Krise stemmt" wurde Bürgermeister Marco Beckendorf drei Jahre lang mit der Kamera begleitet. Der Film zeigt einen Bürgermeister, der mit Herausforderungen kämpfen muss, vor denen gerade viele Gemeinden und auch Städte in Deutschland stehen.
Sie können die Doku am Montag, 19.8. um 19:25 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit in der ZDF-Mediathek.
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Dörfer müssen attraktiver werden
Doch die Studie des Berlin-Instituts macht auch deutlich: Ländliche Gemeinden müssen noch attraktiver werden, um neue Bürgerinnen und Bürger anzulocken.
Das kann zum Beispiel über den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, den Aufbau eines größeren und vielfältigen Wohnungsangebots, die Stärkung und Öffnung der Dorfgemeinschaft sowie die Sanierung von bereits bestehenden Immobilien geschehen.
In Wiesenburg/Mark bemüht sich Bürgermeister Marco Beckendorf seit mehreren Jahren alte DDR-Industriebrachen wiederbeleben. Eine davon ist das Gelände des alten Sägewerks, auf dem das Wohnkonzept "KoDorf" entstehen wird.
Das Gebäude des alten Sägewerks im brandenburgischen Wiesenburg. Hier soll unter dem Namen "KoDorf" eine neue Wohnsiedlung für mehr als 100 Menschen entstehen.
Quelle: ZDF
Die Idee des KoDorfs ist ein noch recht neues Konzept in Deutschland. Das Ziel der genossenschaftlich organisierten KoDörfer ist es vor allem, für mehr Gemeinschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im ländlichen Raum zu sorgen und dabei insbesondere Menschen anzusprechen, die die Stadt verlassen und auf dem Land leben möchten.
KoDörfer sind meist als Ansammlung von kleineren Häusern sowie größeren Gebäuden konzipiert. Vor allem die größeren Bauten bieten dabei Platz für gemeinsam genutzte Räume wie Co-Working-Spaces oder Gemeinschaftsküchen. In Pilotprojekten sollen mit der Errichtung von KoDörfern vor allem ehemalige Brachflächen in der Nähe von bereits bestehenden Ortschaften nutzbar gemacht werden.