Relegation gegen VfB Stuttgart: Ist der HSV unaufsteigbar?
Nach 0:3 im Hinspiel gegen VfB:Relegation: Ist der HSV unaufsteigbar?
von Ralf Lorenzen
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Nach dem 0:3 im Hinspiel gegen den VfB Stuttgart bleibt dem HSV nur die Hoffnung auf ein Wunder. Der Versuch, mit Erstliga-Fußball der 2. Liga zu entkommen, scheint gescheitert.
Jetzt sollen es die Fans richten. Wer auch immer vor dem Relegations-Rückspiel zur Fußball-Bundesliga aus den Reihen des HSV gefragt wurde, was ihm nach dem 0:3 im Hinspiel beim VfB Stuttgart noch Hoffnung mache, nannte die Unterstützung im Hamburger Volkspark. "Die Fans werden uns nach vorne treiben", sagte Kapitän Sebastian Schonlau schon kurz nach dem Schlusspfiff in Stuttgart.
HSV mit mehr Zuschauern als die meisten Erstligisten
Wenn es eine Konstante beim HSV gibt, ist es in der Tat die Treue des Anhangs. Mit über 53.000 Zuschauern im Schnitt liegt der Zweitligist auf Platz 5 der Zuschauertabelle in Deutschland und Platz 16 in ganz Europa - allein unter lauter Erstligisten.
Das ist deutlich: Der VfB Stuttgart lässt dem HSV im Hinspiel nicht den Hauch einer Chance. Die Hamburger sind mit dem 3:0 sogar noch gut bedient.02.06.2023 | 8:45 min
Es waren auch maßgeblich die Fans, die nach dem Scheitern in der Relegation vor einem Jahr gegen Hertha BSC darauf hingewirkt hatten, dass der HSV nicht wieder in den Automatismus einer Trainer-Entlassung gefallen war, sondern sich stattdessen die Weiterentwicklung der jungen Mannschaft auf die Fahnen geschrieben hatte.
Große Trauer nach Schock in Sandhausen
Schon zu Beginn der Saison 2021/22 hatten die organisierten Fans in einem Manifest den Aufstieg für zweitrangig erklärt, wenn sie eine Mannschaft sehen, "die 90 Minuten und 34 Spiele lang zeigt, dass sie stolz darauf ist, für unseren Hamburger Sport-Verein auf dem Rasen zu stehen".
Dennoch war die Trauer groß, als vor einer Woche nach dem 1:0 in Sandhausen der Aufstieg bereits gefeiert und dann durch zwei sehr späte Tore des 1. FC Heidenheim in Regensburg wieder in weite Ferne gerückt war. Nach dem fast schon vorentscheidenden 0:3 in Stuttgart wird in Hamburg nun die Frage wieder lauter: Ist der über 50 Jahre lang als unabsteigbar geltende HSV jetzt unaufsteigbar?
Dem HSV bleibt das Pech treu. Die Hamburger siegten beim SV Sandhausen, wähnten sich schon als Aufsteiger und wurden von Heidenheim noch abgefangen. Nun geht's in die Relegation.29.05.2023 | 8:20 min
Kritik an Walters Spielweise
Die Liste renommierter Gründungsmitglieder der Bundesliga, die in Liga zwei oder tiefer feststecken, ist lang: MSV Duisburg, 1860 München, 1. FC Nürnberg, Eintracht Braunschweig, 1. FC Kaiserslautern, Karlsruher SC.
Bei der Suche nach Gründen für den voraussichtlich erneut verpassten Aufstieg des HSV gerät zunehmend die von Trainer Tim Walter geforderte Spielweise in den Blick. Die scheint weder für diese Liga noch für diese Mannschaft so zu passen, dass es für die ersten beiden Plätze reicht.
HSV setzt auf Ballbesitz
"Jeder weiß, dass wir uns über Ballbesitz definieren", sagte Torwart Heuer Fernandes, der gegen Stuttgart eine höhere Niederlage verhinderte - "aber wir waren in unserem Ballbesitz nicht so stark". Noch schwächer waren die Rothosen im Spiel gegen den Ball und fanden nie ein Rezept gegen das schnelle Flügelspiel der Stuttgarter. Bei den Standards, die zu zwei Toren führten, fehlte die nötige körperliche Präsenz gegen die wuchtigen Stuttgarter Kopfballspieler.
"Es geht vermehrt über die Physis, es wird härter gespielt", sagte Ex-Profi und Abstiegsexperte Matthias Lehmann im Bolzplatz bei Manu Thiele über den in der 2. Liga geforderten Stil. "Das musst du von Anfang an annehmen, nicht nur schön spielen."
Ist die Relegation zur Bundesliga gerecht? Viele Stimmen fordern längst ihre Abschaffung - doch welche Alternativen wären denkbar?01.06.2023 | 10:42 min
Hoffnung auf ein Wunder
Mangelnden Kampfgeist kann man der aktuellen HSV-Mannschaft zwar nicht vorwerfen - dann hätten sich die Fans längst abgewendet. Aber der Versuch des HSV, mit einem Zweitliga-Kader in der kämpferisch geprägten Unterklasse jede Situation spielerisch zu lösen, führt bislang nicht zu der für den Aufstieg nötigen Balance und Stabilität.
Gegen einen spielerisch weit überlegenen Erstligisten kann er sogar zum Debakel führen, wie das Relegations-Hinspiel gezeigt hat. Für das Rückspiel ist es zum Umdenken zu spät.
Das nun vielfach beschworene Fußballwunder wird nur mit voller Offensivpower zu erreichen sein. "Wir spielen zu Hause, haben super Fans, die uns unterstützen", sagt Sportvorstand Jonas Boldt.