Designierter Bundestrainer: Wie es mit Nagelsmann weitergeht

DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler sind sich laut Medienberichten schon mündlich einig mit Julian Nagelsmann als neuen Bundestrainer. Demnach soll der 36-Jährige bis zur Heim-EM 2024 das DFB-Team übernehmen. "Wir sind in guten Gesprächen", wird Neuendorf am Dienstag vom DFB zitiert. Die formale Entscheidung müssen aber die DFB-Gremien treffen. Diese tagen an diesem Freitag. Fragen und Antworten zur Causa Nagelsmann.

An diesem Freitag steht die turnusmäßige Sitzung des DFB-Präsidiums und des Aufsichtsrates der DFB GmbH, die über den Geschäftsbereich Nationalmannschaften und Akademie wacht, an. Diese Gremien entscheiden satzungsgemäß über die Bestellung des Bundestrainers. Ihre Zustimmung zur Wunschlösung der Trainerfindungskommission mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Vize Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Rudi Völler gilt aber als Formsache.

Die größte war für den finanziell arg angeschlagenen DFB das Gehalt. Man dürfe "mit einer Verpflichtung" nicht die Konsolidierung der vergangenen Monate "infrage stellen", forderte Neuendorf.

Doch Nagelsmann und der FC Bayern kamen dem Verband entgegen. Die Münchner verzichteten auf eine Ablöse für ihren Ex-Trainer, der noch bis 2026 angestellt war, der Coach selbst bezieht ein vergleichsweise bescheidenes Gehalt von kolportierten 400.000 Euro pro Monat.

"Er kann es!", sagte Jürgen Klopp, die eigentliche Traumlösung von Fans und Verband. Nagelsmanns Nachfolger an der Säbener Straße, Thomas Tuchel, sagte: An "fachlicher Qualität oder Skills" werde es nicht scheitern.

Trotz seines jungen Alters von 36 Jahren hat Nagelsmann viel Erfahrung in unterschiedlichsten Situationen und Umfeldern. Doch in München wurde dem Trainertalent fehlende Reife vorgeworfen. Und: Die Zeit bis zur EM ist äußerst knapp, seine Lieblingsrolle als Entwickler diesmal nicht gefragt.

Nagelsmanns Projekt EURO 2024 startet bei Verpflichtung so richtig mit der US-Reise ab 9. Oktober und den Länderspielen gegen die USA in Hartford (14.10.) und Mexiko in Philadelphia (18.10.).

Der volle Fokus gilt der Heim-EM, die Neuendorf als "Geschenk" für den DFB empfindet. Nagelsmann, bisher noch ohne Turniererfahrung, soll erst einmal herausfinden, ob ihm der Job wirklich taugt. Und der DFB überprüfen, ob er richtig liegt mit der wichtigsten Personalie.

Nach der EM wäre die Lage neu zu bewerten und Nagelsmann womöglich frei für einen (lukrativeren) Posten bei einem Topklub. Dann könnte Klopp (FC Liverpool/Vertrag bis 2026) wieder Thema werden.

In der ersten Oktober-Woche würde Nagelsmann den Kader für die US-Reise benennen - sehr wahrscheinlich mit dem zuletzt ausgebooteten Leon Goretzka, mit dem er in München gut konnte. Auch Timo Werners EM-Chancen steigen.

Vor allem aber dürfte sein Lieblingsschüler Joshua Kimmich, vom entlassenen Bundestrainer Hansi Flick gleich doppelt zurückgestuft, wieder ins Zentrum rücken - wohl auch auf dem Platz.

Spannend wird sein, wie Nagelsmann mit der Personalie des eben erst zum Kapitän beförderten Ilkay Gündogan verfährt, der seinen Platz in der DFB-Elf nach jahrelanger Suche endlich gefunden glaubte. Auch wird der lange Weg von Manuel Neuer, mit dem sich Nagelsmann in München überworfen hatte, zurück ins DFB-Tor nicht kürzer.

Als Assistenten sind U20-Coach Sandro Wagner, den Nagelsmann seit Hoffenheimer Zeiten kennt und schätzt, sowie sein langjähriger Zuarbeiter Benjamin Glück im Gespräch. Auch der erfahrene Fanliebling Völler soll ihn nah an der Mannschaft unterstützen. "Zusammen mit Rudi kann das passen", sagte Chefkritiker Matthias Sammer.