Für die Mehrzahl der organisierten Fans ist das Ende der DFL-Investorensuche ein Erfolg.
Quelle: epa
24. Mai 2023: Der umstrittene Investoren-Einstieg bei der DFL scheitert am Widerstand aus den eigenen Reihen. Bei der Versammlung der 36 Profivereine wird die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für die Aufnahme von Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern verfehlt. 20 Vereine stimmen geheim für die Pläne, elf dagegen. Dazu kommen fünf Enthaltungen. Fanvertreter werten das Ergebnis als "großen Erfolg", DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke erklärt das Thema für "beendet". Von wegen.
21. August 2023: Keine drei Monate später erklärt Watzke in einem FAZ-Interview: "Ich persönlich kann mir vorstellen, dass das Projekt noch einmal überarbeitet und neugestaltet werden muss. Wahrscheinlich sollten wir ein kleineres Paket schnüren und uns auf die Themen Internationalisierung und Digitalisierung fokussieren."
24 Klubs der ersten und zweiten Liga hatten dem Konzept der DFL zum Einstieg eines Investors zugestimmt. Bis zu einer Milliarde Euro erhofft sich die DFL zur Stärkung des Produkts Bundesliga.12.12.2023 | 1:36 min
11. Dezember 2023: Im zweiten Anlauf macht der deutsche Profifußball
den Weg für den Investoren-Einstieg frei. Und könnte nicht knapper ausfallen: 24 Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Der neue Plan sieht vor, sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben.
12. Dezember 2023: Für Wirbel sorgt das
Abstimmungsverhalten von Martin Kind. Der Geschäftsführer des Zweitligisten Hannover 96 soll entgegen der Anweisung seines Vereins für den Investoreneinstieg gestimmt haben. Mit einer Stimme weniger wäre der Deal gescheitert. Sollte Kind dem Einstieg gegen die Anweisung der Vereinsspitze zugestimmt haben, droht ein juristisches Nachspiel. Sollte Kind allerdings bei seinem Verweis auf die geheime Abstimmung bleiben und sich nicht öffentlich erklären, wäre das Votum kaum anfechtbar.
15.-17. Dezember 2023: Zwölfminütiges Schweigen, Wurfgeschosse und Schmähgesänge: Die Fans in den Stadien machen ihrem Ärger über Luft. Am 15. Bundesliga-Spieltag werfen sie
Schokotaler und Tennisbälle und zünden Pyrotechnik. Dies sorgt mancherorts für Spielunterbrechungen.
17. Januar 2024: Das DFL-Präsidium reduziert den Kreis der Interessenten für eine strategische Vermarktungspartnerschaft von drei auf zwei und kündigt "weitere Prozessschritte und Verhandlungen" mit dem Finanzunternehmern CVC und der Investmentgesellschaft Blackstone an. Zunächst hatte es fünf Interessenten gegeben.
3. Februar 2024: Tim Walter (HSV) und Pal Dardai (Hertha BSC), die beiden Trainer des Zweitliga-Spitzenspiels, stehen an der Seitenlinie und schütteln nur noch mit dem Kopf angesichts des
Fanaufstands von Berlin. Immer wieder fliegen Tennisbälle auf den Platz. Nicht alle auf einmal, nein, stetig neue Filzkugeln landen auf dem Rasen.
Der Hamburger SV hat das Topspiel in der Zweiten Liga bei Hertha BSC mit 2:1 gewonnen. Die Partie war wegen Fan-Protesten lange unterbrochen.05.02.2024 | 9:02 min
Die mehr als 30-minütige Unterbrechung der Partie von Hertha BSC gegen den Hamburger SV ist nur eine der vielen Fanaktionen rund um die Spiele der deutschen Profiligen - sie ist allerdings der bisherige Höhepunkt gegen den geplanten Einstieg.
8. Februar 2024: Der konzertierte Protest zeigt anscheinend Wirkung. Nach Präsident Claus Vogt vom VfB Stuttgart fordert auch dessen Amtskollege Dirk Zingler von Union Berlin eine Wiederholung der Abstimmung vom 11. Dezember.
13. Februar 2024: Blackstone zieht sich aus dem Bieter-Rennen zurück. Als Gründe werden in einem Bericht von Bloomberg die Fan-Proteste und das zögerliche Verhalten der Bundesliga-Klubs angeführt.
14. Februar 2024: Durch den
Rückzug des Finanzunternehmens Blackstone bleibt der DFL bei der Investorensuche nur noch das Private-Equity-Unternehmen CVC als Kandidat. Die Fanorganisation "Unsere Kurve" sieht den Blackstone-Rückzug unterdessen als ersten Sieg an. Die Wiederholung der Abstimmung bleibt das große Ziel der Fanvertreter.
Zeigen die Fan-Proteste in den Fußball-Bundesligen Wirkung? Zumindest hat sich einer der designierten DFL-Investoren zurückgezogen.
16. Februar 2024: Auch Bernd Neuendorf verfolgt die Entwicklungen mit Sorge, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes hebt die Bedeutung der
50+1-Regel hervor. "Allein der Verdacht, es könnte in diesem Zusammenhang zu einem Verstoß gegen die 50+1-Regel gekommen sein", gefährde "die Reputation des Fußballs in Deutschland", sagt Neuendorf: "Wir sollten die eigenen Statuten sehr ernst nehmen."
Ebenfalls am 16. Februar fordert der 1. FC Köln öffentlich eine erneute Abstimmung. Der Klub kündigt einen entsprechenden Antrag an, "die im Raum stehenden Vorwürfe, insbesondere ein möglicher Verstoß gegen die 50+1-Regel, müssen ausgeräumt werden", heißt es in der Begründung. Diesem Ansinnen schließen sich mehrere Klubs an.
18. Februar 2024: Ein weiteres Bundesliga-Wochenende geht zu Ende, die Proteste setzen sich unvermindert fort, und die Stimmung beginnt auch bei den Aktiven zu kippen. "Es muss so schnell wie möglich eine Lösung gefunden werden. So kann es nicht weitergehen", schimpft Niclas Füllkrug von Borussia Dortmund.
Fanforscher Professor Harald Lange von der Universität Würzburg über die Forderungen der Fans, die Korrektheit des Votums, mögliche Konsequenzen und welche Lösung es geben könnte.19.02.2024 | 4:06 min
20. Februar 2024: Im Vorfeld der außerordentlichen Präsidiumssitzung der DFL sorgen Medienberichte für weiteres Unverständnis bei den Fans. Das Präsidium denke über Szenarien neuer Abstimmungen mit einfachen Mehrheiten nach. Diese Idee sei "nichts als ein Taschenspielertrick, der verschleiern soll, dass eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist", sagt Jost Peter, 1. Vorsitzender des Fanbündnisses "Unsere Kurve".
21. Februar 2024: Im Anschluss an die Präsidiumssitzung verkündet Watzke das Ende des Deals. "Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich", sagt er. Die Auseinandersetzungen zwischen Profifußball und Fans, aber auch innerhalb des Ligaverbands und sogar innerhalb der Klubs geben den Ausschlag - der deutsche Profifußball habe "inmitten einer Zerreißprobe" gestanden.
Quelle: SID