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sportstudio-Gast Andreas Rettig:"Für mich ist das ein Verstoß gegen 50+1"
von Frank Hellmann
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Andreas Rettig äußerte im aktuellen sportstudio Verständnis für die Fanproteste. Das Abstimmungsverhalten von Martin Kind und Verhalten der DFL kritisierte der DFB-Geschäftsführer.
Alles nochmal von vorne, empfiehlt Andreas Rettig, Ex-DFL- und jetzt DFB-Funktionär. Eine neue Abstimmung zum Investor-Einstieg in der DFL könne ein plausibleres Ergebnis bringen.17.02.2024 | 29:59 min
Konfrontation statt Kommunikation. Tennisbälle statt Fußball auf dem Rasen. Auch der 22. Bundesliga-Spieltag war von Fanprotesten überlagert: Der Widerstand gegen einen Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hielt an vielen Standorten unvermindert an. "Proteste sind in Ordnung - so lange sie kein Selbstzweck sind", sagte DFB-Geschäftsführer Sport Andreas Rettig am Samstagabend im aktuellen sportstudio.
Ihn erinnere die verfahrene Lage an den Streik der Gewerkschaft der Lokführer, "wo man irgendwann auch sagt: 'Jetzt müsst ihr mal an den Tisch kommen'. Solche Dinge werden nicht am Gleis, sondern in der Verhandlungsstube entschieden." Er würden den Fanorganisationen zum Gespräch mit der DFL raten. Einen Dialog hatte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke in der Vorwoche vergeblich angeboten. "Wir müssen an den Tisch kommen. Es müssen sich alle Seiten bewegen", machte Rettig deutlich.
Einige Bundesligisten fordern die Wiederholung der Abstimmung über den Investoreinstieg. Hans-Joachim Watzke, Mitglied im DFL-Präsidium, würde dies nicht generell ablehnen.16.02.2024 | 1:30 min
Die DFL hat in der Kardinalfrage bei Martin Kind zu lange gezögert
Ganz grundsätzlich ist der 60-Jährige nicht gegen diesen Deal. Schon zu seiner Zeit als DFL-Geschäftsführer habe er gesagt: "Investoren sind herzlich willkommen - sie müssen sich nur an die Spielregeln halten." Doch ein anderer Punkt bereitet dem DFB-Funktionär einige Bauchschmerzen:
Rettig sprach das Abstimmungsverhalten von Hannover 96 an, wo sich Mehrheitsgesellschafter Martin Kind bei der entscheidenden Abstimmung am 11. Dezember über die Weisungsbefugnis des Muttervereins hinweggesetzt haben soll. "Wenn Martin Kind der Weisung nicht gefolgt ist, ist das für mich ein Verstoß gegen 50+1. Das rüttelt an den Grundfesten." Man wisse zwar nicht, "wie Herr Kind abgestimmt hat", sagte der DFB-Funktionär, aber wenn der Geschäftsführer die Weisung nicht befolgt habe, "hätte man das sanktionieren müssen." Seine Kritik an der DFL: "Das so lange offen zu lassen und zu keiner Lösung zu kommen, ist nicht gut gewesen."
Der Chefredakteur des Fußball-Magazins "11Freunde" zu den Fanprotesten gegen den geplanten Einstieg eines Investors bei der DFL.16.02.2024 | 3:39 min
Bei der umstrittenen Abstimmung hatte die DFL exakt die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit von 24 Ja-Stimmen erhalten. Der 79-Jährige Kind selbst verweigerte jede Auskunft über sein Votum. Rettig befürwortet nun den Vorschlag des 1. FC Köln, um den Vertrauensverlust zu bekämpfen: am Ende der Verhandlungen mit aktuell nur noch einem Bieter (CVC) noch einmal endgültig abstimmen, um den Prozess endgültig zu legitimieren - oder abzulehnen.
Mehr Experten in der neuen Struktur
Der Fan von Rot-Weiss Essen hat einen Rollenwechsel vom Chefkritiker des deutschen Fußballs zum DFB-Chef des sportlichen Bereichs hingelegt. Ihm sind in einer neuen Struktur die Direktoren Rudi Völler (Männer), Nia Künzer (Frauen) und Hannes Wolf (Nachwuchs) unterstellt: "Ich bin froh, dass wir die Verantwortung geteilt haben. Wir haben mehr Expertentum als früher."
Weil die Akademie unter dem ehemaligen Leiter Tobias Haupt mit ihrer Ausrichtung nicht überall Beifall gefunden habe, habe er andere Schwerpunkte gesetzt: Unter Oliver Bierhoff sei eher Silicon Valley vorangetrieben worden, "ich stehe mehr für Rhein-Main. Anwendbare Wissenschaft auch bis an die Fußball-Basis bringen."
Rettig verbindet ein enges Vertrauensverhältnis mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf - was an seinen Äußerungen zur geplanten Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien zu spüren war. "Ich beneide unseren Präsidenten nicht, weil ich in dieser Frage nicht in seiner Haut stecken möchte. Aber ich habe als Privatperson Jamal Khashoggi nicht vergessen."
Ansonsten biss sich der Geschäftsführer bei weiteren Fragen auf die Lippen, weil sich sein Arbeitgeber gleichzeitig um die Frauen-WM 2027 bewirbt - und Neuendorf die Funktionäre für die Abstimmung auf dem Fifa-Kongress im Mai in Bangkok umgarnt.
Nur diesen Seitenhieb gegen die Fifa erlaubte sich Rettig: "Wir erleben bald eine aufgepimpte Mammut-WM, wir haben eine Klub-WM im neuen Format - und wir haben die Uefa, die die Zahl der Champions-League-Spiele verdoppelt. Das ist eine große Mehrbelastung für die Spieler. Ich warte auf den Tag, dass die Fifa den Antrag stellt, das Kalenderjahr auf 400 Tage auszuweiten."
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