Titellose Saison droht: FC Bayern vor dem großen Umbruch?
Titellose Saison droht:FC Bayern vor dem großen Umbruch?
von Maik Rosner
|
Über die Zukunft der Vorstände Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic wird diskutiert. Trainer Thomas Tuchel steht indes nicht zur Disposition. Beschädigt hat die Krise aber auch ihn.
Bald keine Kollegen mehr? Die Kritik an Oliver Kahn wächst, aber auch Thomas Tuchel wird für die Krise in die Verantwortung gezogen.
Quelle: dpa
Es wirkte wie ein Ausdruckstanz, was Thomas Tuchel in seiner Coachingzone aufführte, als sich die dritte Niederlage nach einer Führung unter seiner Regie abzeichnete. Empörung, Wut und Resignation vermittelte die impulsive Körpersprache des Bayern-Trainers beim 1:3 gegen Leipzig am vergangenen Sonnabend.
Durch die Bewegungen des Ende März engagierten Nachfolgers von Julian Nagelsmann fühlte sich die "Süddeutsche Zeitung" sogar an wilde Tänze eines Schamanen erinnert. Nach dem Abpfiff stellte Tuchel seiner Elf eine derart lange Mängelliste aus, dass man beim TÜV Süd garantiert davon abgesehen hätte, dem Bayern-Boliden eine Prüfplakette aufs Kennzeichen zu kleben.
Tuchel kritisiert Mannschaft
Tuchels umfassende Kritik am Team gipfelte in dem Satz:
Dem FC Bayern droht ein Jahr ohne Titel: Die Münchner haben die Tabellenführung an Dortmund verloren, das 1:3 zuhause gegen RB Leipzig könnte eine Niederlage zu viel gewesen sein.22.05.2023 | 11:49 min
Das klang ratlos und ziemlich distanziert. Vor wenigen Wochen hatte er noch gesagt, er habe sich in seine Spieler "schockverliebt".
Nun erkannte "Zeit Online" einen "Coach, der mit dieser Mannschaft schon aus Selbstschutz nichts zu tun haben will". Und das zwei Monate nach seinem Amtsantritt.
Dreesen als Kahn-Nachfolger gehandelt
Bevor am Samstag am letzten Spieltag dieser Bundesliga-Saison die Meisterschale in Dortmund darauf wartet, von den Borussen nach dem Spiel gegen Mainz in die Höhe gereckt zu werden, wird in München vor allem über nötige und mögliche Veränderungen diskutiert.
Auf den Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic zielt die Kritik besonders. Als Nachfolger für Kahn wird bereits der bisherige Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen gehandelt.
Wie der FC Bayern auf die verspielte Tabellenführung reagiert:
Kahn schimpft, Tuchel wirkt ratlos, nur Müller versucht, Optimismus zu verbreiten. Nach der 1:3-Niederlage gegen Leipzig ringen sie beim noch amtierenden Abo-Meister um Fassung.
von Maik Rosner
Tuchels Bilanz für Bayern-Verhältnisse desaströs
Der von Kahn und Salihamidzic unmittelbar vor der entscheidenden Saisonphase im Hauruck-Verfahren engagierte Tuchel steht dagegen nicht zur Disposition. Auch, weil bei ihm auf mildernde Umstände verwiesen wird.
Seine Bilanz - vier Niederlagen, zwei Remis und nur fünf Siege - liest sich für Münchner Verhältnisse desaströs. Zum Vergleich: Mit Nagelsmann verloren die Bayern in dieser Saison in 37 Pflichtspielen dreimal.
Bayerns erste titellose Saison seit 2012?
Mit Tuchel schied der FC Bayern jeweils im Viertelfinale aus dem DFB-Pokal gegen Freiburg und aus der Champions League gegen Manchester City aus. Nun droht den Münchnern, dass sie auch den zuletzt zehn Mal in Serie gewonnenen Meistertitel verpassen. Es wäre für sie die erste titellose Saison seit 2012. Für Tuchel wäre es ein weiteres Trauma beim FC Bayern.
Den FC Chelsea hatte er 2021 nach seinem Amtsantritt in nur vier Monaten zum Titel in der Champions League gecoacht. Auch wenn diese Betrachtung nicht gerecht ist, weil Tuchel in München kaum Zeit hatte, um seine neue Mannschaft auf die K.o.-Spiele vorzubereiten: Beim FC Bayern stünde er nun als verantwortlicher Trainer des im Eiltempo verpassten Triples da.
Welchen Anteil hat Tuchel am schlechten Abschneiden?
Darauf weist der international erfahrene und geschätzte Fußballlehrer selbst hin. Er weiß, dass er schon beschädigt ist. Auch wenn es überraschend doch noch etwas werden sollte mit dem Meistertitel.
Bayern-Trainer Thomas Tuchel steht nach der Pleite seiner Münchner gegen RB Leipzig ZDF-Reporter Boris Büchler Rede und Antwort.20.05.2023 | 4:46 min
Auch in der Berichterstattung nimmt die Kritik an Tuchel zu, an seinen Personalentscheidungen, Wechseln und seinem Auftreten. In dieser Tonlage könnte es in der kommenden Saison weitergehen, wenn es weiterhin nicht rund laufen sollte.
Tuchel weiß, dass das auf Dauer zersetzend wirken kann. Aber vielleicht wird in der kommenden Saison aus Bayern-Sicht ja alles besser. Mit weiteren Ausdruckstänzen ist wohl in jedem Fall zu rechnen.