DFB-Frauen: Frust, Dusel und neue Hoffnung

    Das Team nach 2023 und vor 2024:DFB-Frauen: Frust, Dusel und neue Hoffnung

    von Frank Hellmann
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    Das deutsche Frauen-Nationalteam blickt auf ein verstörendes Jahr zurück. Horst Hrubesch gibt erstmal den Hoffnungsträger. Olympia 2024 ist das Ziel. Was kommt dann?

    Nations League, Deutschland - Dänemark: Horst Hrubesch, Interims-Trainer der deutschen Frauennationalmannschaft, schaut vor dem Spiel in den Himmel.
    Würde bis Olympia weitermachen, falls sich sein Team dafür qualifiziert: Horst Hrubesch, Interims-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft.
    Quelle: Christoph Gollnow/dpa

    Mitunter gehen vorweihnachtliche Wünsche im Fußball noch in Erfüllung. Horst Hrubesch hat jedenfalls bei der Auslosung fürs Final Four der Nations League 2024 genau jene Konstellation bekommen, die der Interimstrainer des deutschen Frauen-Nationalteams zuvor herbeigesehnt hatte: ein Halbfinale gegen den für Olympia schon qualifizieren Gastgeber Frankreich.

    Beim Final Four werden zwei Olympia-Tickets vergeben. Sollte Frankreich ins Finale einziehen, sind der Final-Verlierer und auch der Gewinner des Spiels um Platz drei bei Olympia dabei.

    Halbfinale: 23. Februar
    Spanien - Niederlande
    Frankreich - Deutschland

    Spiel um Platz 3 und Finale: 28. Februar

    So bekämen die deutschen Frauen im Falle einer Niederlage gegen Frankreich gegen Spanien oder die Niederlande eine zweite Chance.

    Dafür muss jede und jeder einzelne alles geben, damit wir gemeinsam den nächsten Schritt gehen können.

    Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch

    Historisches Vorrunden-Aus bei der WM

    Hinter der DFB-Auswahl liegt ein enttäuschendes Jahr, Rückschritt statt Fortschritt. Sonst wäre der zweite Rettereinsatz von Hrubesch, der 2018 in einer ähnlichen Notlage schon mal eingesprungen war, ja nicht nötig gewesen.
    Die WM in Australien und Neuseeland manifestierte mit dem Vorrundenaus ein historisches Scheitern. Zwar ist die mit der EM 2022 erzeugte Wertschätzung nicht dahin - das WM-Gruppenspiel gegen Kolumbien war mit 10,37 Millionen Fernsehzuschauern zur Mittagszeit die meistgesehene Sportsendung des Jahres - aber es wurde wieder eine große Chance verpasst.

    Irritationen um Bundestrainerin Voss-Tecklenburg

    Dazu kam der Imageschaden, der aus den Irritationen um die nach dem Turnier erkrankte Martina Voss-Tecklenburg entstand. Erst Anfang November einigte sich der Verband mit der Bundestrainerin auf eine Vertragsauflösung.
    Hrubesch führte das Team in dieser unruhigen Phase noch zum Gruppensieg in der Nations League. Nach einem 3:0 gegen Dänemark Anfang Dezember - dem besten Länderspiel des Jahres - blieb ein 0:0 in Wales nur folgenlos, weil Island im Parallelspiel Schützenhilfe leistete. Durchatmen.

    Alexandra Popp redet in der ZDF-Doku Klartext

    Alarmsignale hätten rückblickend schon die schwachen Leistungen im ersten Quartal gegen Schweden (0:0), Niederlande (1:0) oder Brasilien (1:2) sein müssen.
    Im Mai kam der FC Bayern auf die Idee, ausgerechnet an den deutschen Nationalspielerinnen ein Exempel mit der verspäteten Abstellung zu statuieren.

    ZDF-Dokuserie "Born for this"
    :So erlebten die DFB-Frauen das WM-Debakel

    Zuerst äußerte sich Martina Voss-Tecklenburg, nun kommen die Spielerinnen zu Wort. Die ZDF-Doku "Born for this" gewährt exklusive Blicke hinter die Kulissen des DFB-Teams.
    Alexandra Popp
    mit Video

    Lagerkoller im WM-Quartier

    Das Team wuchs nie zu einer echten Einheit zusammen. "Wir waren nicht optimal vorbereitet", gestand Kapitänin Alexandra Popp in der ZDF-Doku "Born for this". Ein Quartier in der "Einöde", wie Lena Lattwein das Camp im Örtchen Wyong nannte, schürte den Lagerkoller.
    Defizite in der Kommunikation resultierten letztlich daraus, dass man zu viel übereinander statt miteinander sprach. Die Bundestrainerin fühlte sich am Ende unverstanden.
    Die deutsche Elf entwickelte sich nach der Vize-Europameisterschaft nicht weiter, während andere Nationen längst die nächsten Schritte eingeleitet hatten. Deutschland scheiterte in seinen Gruppenspielen gegen Marokko (6:0), Kolumbien (1:2) und Südkorea (1:1) zwar in erster Linie an sich selbst, aber selbst bei einer besseren Haltung hätte es bei objektiver Betrachtung kaum für mehr als das Viertelfinale gereicht.

    Nia Künzer neue Sportdirektorin

    In der FIFA-Weltrangliste ist das DFB-Team nur noch Sechster. Die offiziell erst am 1. Januar 2024 beginnende, aber schon in alle wichtigen Fragen eingebundene Nia Künzer findet als neue Sportdirektorin viele Baustellen vor: "Es ist elementar für die Entwicklung in allen Bereichen", sagt die Weltmeisterin von 2003, "dass wir in die Erfolgsspur zurückfinden und auch wieder Titel gewinnen." Der letzte war der Olympiasieg 2016 noch unter Silvia Neid.
    Hrubesch holte damals in Rio Silber mit den Männern. Er würde im Falle einer erfolgreichen Qualifikation für Olympia ("das absolute Highlight bei den Frauen") bis Sommer weitermachen. Ansonsten braucht es Optionen in der Hinterhand.

    Im April startet die EM-Qualifikation

    Über Colin Bell (Nationaltrainer Südkorea) oder Jill Ellis (zweimalige Weltmeistertrainerin der USA) wurde intern gesprochen.
    Schon im April startet die EM-Qualifikation, die zum ersten Mal im Nations-League-Format ausgespielt wird. Deutschland bekommt in der Kategorie A gewiss keine leichten Gegner. Aber vielleicht kann man sich ja wieder was wünschen.

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