Warum der Generalbundesanwalt gegen Hamas-Kämpfer ermittelt

    FAQ

    Verfahren gegen Hamas-Kämpfer:Warum der Generalbundesanwalt ermittelt

    von Samuel Kirsch und Christoph Schneider
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    Der Generalbundesanwalt hat ein Ermittlungsverfahren gegen Hamas-Kämpfer eingeleitet. Warum sich die deutsche Strafverfolgungsbehörde einschaltet und was die Ermittlungen bedeuten.

    Baden-Württemberg, Karlsruhe: "Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof" steht auf einem Schild am Eingang zum Gebäude der Bundesanwaltschaft.
    Der Generalbundesanwalt hat Ermittlungen gegen Mitglieder der Terrororganisation Hamas aufgenommen. (Symbolbild)
    Quelle: dpa

    Der Generalbundesanwalt hat ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Mitglieder der radikalislamischen Terrororganisation Hamas eingeleitet.
    Gegenstand der Ermittlungen der Karlsruher Behörde sind mutmaßliche schwere Straftaten, nämlich Mord, Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Geiselnahme zu Lasten deutscher Staatsangehöriger. Das teilte die Bundesanwaltschaft auf ZDF-Anfrage am Dienstagnachmittag mit. Bislang richten sich die Ermittlungen noch gegen unbekannte Hamas-Mitglieder. Deren Identität gilt es aufzuklären und ihnen konkrete Straftaten nachzuweisen.
    Die Ermittlungen betreffen also nicht die Hamas als Organisation, sondern einzelne Hamas-Kämpfer. Es geht außerdem ausschließlich um die Verfolgung von Straftaten, die bereits geschehen sind oder noch begangen werden. Für die Frage, wie mögliche deutsche Geiseln befreit werden können, um weitere Straftaten zu verhindern, ist das Auswärtige Amt in Zusammenarbeit mit den israelischen Sicherheitsbehörden zuständig, nicht der Generalbundesanwalt.
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    Warum schaltet sich der Generalbundesanwalt ein?

    Voraussetzung dafür, dass der Generalbundesanwalt die Strafverfolgung übernehmen kann, ist, dass die mutmaßlichen Opfer Deutsche sind. Der Generalbundesanwalt muss außerdem von einer besonderen Bedeutung der Fälle ausgehen.
    Dafür spricht hier, dass die mutmaßlichen Täter Mitglieder der Hamas als einer Organisation mit staatsähnlicher Herrschaftsgewalt im Gazastreifen sind und dass die Taten, wegen derer ermittelt wird, im Kontext einer großen und konzertierten terroristischen Aktion stattfanden, sodass auch deutsche Staatsschutzinteressen berührt sein könnten.
    Außerdem dürfte für den Generalbundesanwalt die Notwendigkeit, bei den Ermittlungen international vernetzt mit Behörden anderer Staaten zusammenzuarbeiten, mit entscheidend dafür gewesen sein, die Strafverfolgung als Bundesbehörde zu übernehmen und sie nicht den Staatsanwaltschaften einzelner Bundesländer zu überlassen.




    Wie ermittelt der Generalbundesanwalt?

    Um zu ermitteln, welche Straftaten verübt wurden und wer die Täter sind, kann der Generalbundesanwalt beziehungsweise die für ihn tätigen Polizeibehörden, etwa das Bundeskriminalamt, auf frei verfügbare Quellen wie die zahlreichen Handyvideos von den Terrorangriffen der Hamas zurückgreifen.
    Wichtig dürfte aber insbesondere auch der Austausch von Erkenntnissen mit israelischen Sicherheitsbehörden und über das internationale Polizeinetzwerk Interpol sein. Auch der deutsche Auslandsgeheimdienst, der Bundesnachrichtendienst, könnte Erkenntnisse zu den mutmaßlichen Tätern liefern.
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    Was könnte das Ergebnis der Ermittlungen sein?

    Sollte es gelingen, Hamas-Kämpfern konkrete Straftaten an Deutschen in Israel nachzuweisen, könnten sie rechtlich gesehen vor deutschen Gerichten angeklagt und nach deutschem Strafrecht verurteilt werden. Dazu wäre allerdings, sofern die Personen in Israel gefasst werden, eine Auslieferung nach Deutschland erforderlich.
    Samuel Kirsch und Christoph Schneider sind Redakteure in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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