Interview
Deutscher Botschafter:Seibert: Israel "tief verwundet, aber geeint"
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"Der Zulauf zum Militär, der ist gewaltig", sagt der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert. Wie er das angegriffene Land wahrnimmt, schildert er im ZDF.
Das Interview mit Steffen Seibert in voller Länge.09.10.2023 | 4:16 min
ZDF: Was weiß man denn über die Situation der Geiseln in Gaza? Darunter sollen ja auch Deutsche sein.
Steffen Seibert: Ja, man weiß leider sehr, sehr wenig. Und das macht natürlich die Situation für die Angehörige in dieser Ungewissheit noch viel grausamer. Wir sprechen viel mit den Familien. Es sind ja auch Familien von israelisch-deutschen Doppelstaatlern dabei, die nicht wissen, ob ihre Angehörigen jetzt dorthin verschleppt wurden - und wenn ich ehrlich bin:
Wir können nur sagen, dass unsere deutschen Behörden sehr eng mit den israelischen Behörden zusammenarbeiten, in Kontakt stehen. Dass es natürlich diplomatische Bemühungen gibt - über Umwege vielleicht auf Hamas einzuwirken, dass sie diese Menschen freilassen. Denn das muss ganz klar die Forderung sein. Diese Entführten müssen menschenwürdig behandelt und so schnell wie möglich freigelassen werden.
ZDF: Wie nehmen Sie Israel gerade wahr, zwei Tage nach den beispiellosen Angriffen?
Seibert: Ich nehme Israel als ein sehr tief verwundetes Land war, aber auch als ein ganz geeintes und fest entschlossenes Land. Was es an internem Streit und Zerrissenheit in Israel gab - und es war ja gewaltig, seit Januar jede Woche diese Demonstrationen von Hunderttausenden - das ist nicht verschwunden, aber es tritt in den Hintergrund. Der Zulauf zum Militär, der ist gewaltig.
Rechte, Linke, Säkulare, Religiöse wollen jetzt ihr Land verteidigen. Auch viele Gegner der Besatzung sind eingerückt und zu den Waffen gegangen. Weil sie sagen: Das ist nicht Befreiungskampf, was Hamas da macht, das ist nackter, menschenverachtender Terror, wie wir ihn eigentlich nur vom Islamischen Staat kennen.
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Und das darf kein Teil der Zukunft dieser Region sein. Jetzt geht es um die Verteidigung des Kernlands Israel und seiner Bevölkerung. Und da steht dieses Land zusammen, und ich finde bewundernswert zusammen.
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ZDF: Es heißt ja immer, die Sicherheit Israels gehöre für Deutschland zur sogenannten Staatsräson. Was bedeutet das ganz konkret in diesem Fall?
Seibert: Also ich finde, dieser Satz stimmt heute genauso wie 2008, als die damalige Bundeskanzlerin Merkel ihn in der Knesset ausgesprochen hat. Was heißt er jetzt konkret? Vor allem, denke ich, dass wir eindeutig sind, dass wir ganz eindeutig sagen:
Hamas ist eine Terrororganisation. Auch da müssen wir ganz klar und eindeutig sein. Und sie sind hier vorgegangen, genau wie der Islamische Staat vor einigen Jahren gegen die Jesiden. Da gibt es keine Rechtfertigung aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt.
Im Gegenteil: Hamas wirft die Sache einer politischen Beilegung dieses Konflikts, die sich ja viele internationale Partner Israels, unter anderem auch Deutschland, wünschen würden, wirft diese Sache weit zurück.
Und ich glaube, das klar zu benennen, jetzt Solidarität mit Israel zu zeigen. Das steckt auch in diesen Satz drin.
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ZDF: Wird es denn auch militärische Unterstützung geben bei Anfrage?
Seibert: Das steht jetzt überhaupt nicht zur Debatte. Eine solche Anfrage gibt es nicht. Die Israelis tun jetzt das, was sie glauben, tun zu müssen. Und das ist ein Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen.
Der Bundeskanzler, die Außenministerin haben ja zurecht davor gewarnt, dass jetzt andere Terror-Akteure, beispielsweise Hisbollah im Libanon auf die Idee kämen, sich den Terroraktionen der Hamas anzuschließen. Das wäre ein Flächenbrand. Das wäre ein Zwei-Fronten-Krieg für Israel - und natürlich eine katastrophale Verschlechterung dieser ohnehin schon schlechten Situation.
Die Fragen stellte Antje Pieper. Sehen Sie das Interview oben im Video. Einzelne Passagen davon wurden für die Textform sprachlich redigiert.
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Quelle: ZDF
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