Treffen mit Rüstungsfirmen:"Ungewöhnlicher Schritt" der Nato
Interview
Rüstungskonzerne bei Nato:Treffen mit Branche "ungewöhnlicher Schritt"
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Beim Nato-Treffen in Brüssel geht es um Waffen für Kiews Gegenoffensive. Auch Rüstungskonzerne sind eingeladen. "Ein ungewöhnlicher Schritt", sagt Sicherheitsexperte Kaim.
Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik im ZDF-Morgenmagazin.15.06.2023 | 4:48 min
Die Nato-Verteidigungsminister beraten heute in Brüssel mit der Rüstungsindustrie über Engpässe bei Munitions- und Waffenlieferungen. Nato-Chef Jens Stoltenberg hatte vor dem Treffen die Bündnisländer aufgerufen, die Gegenoffensive der Ukraine mit weiteren Waffen zu unterstützen. Zudem kündigte er einen "Aktionsplan für die Rüstungsproduktion" an, um Kiew die nötige Munition liefern zu können.
Es sei "ein sehr ungewöhnlicher Schritt, dass der Nato-Generalsekretär hochrangige Vertreter der globalen Rüstungsindustrie eingeladen hat", sagt der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik im ZDF-Morgenmagazin. Die Nato habe bei der Rüstungsproduktion begrenzte Möglichkeiten und sei in dieser Frage auf die Kooperation der Mitgliedsstaaten angewiesen.
Sehen Sie das ganze Interview mit Markus Kaim oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt der Sicherheitsexperte ...
... zu weiteren Waffenlieferungen:
Das Problem, dass sich die Waffen- und Munitionslager leeren, deute sich seit längerer Zeit an, so Kaim.
Es gebe Zusicherungen - etwa die Zusage der Europäischen Union von einer Million Granaten in diesem Jahr - "das wird nicht erreicht werden".
Die Nato will die Engpässe bei den Munitions- und Waffenlieferungen an die Ukraine beenden. Die Verteidigungsminister treffen sich dazu heute erstmals mit Vertretern der Rüstungsindustrie.15.06.2023 | 2:31 min
Dass der Nato-Generalsekretär die Chefs von mehr als 20 Rüstungskonzernen aus Europa und den USA eingeladen habe, sei ein "ungewöhnlicher Schritt". Laut Kaim will Stoltenberg damit einen "politischer Impuls" setzen, um die nationale Rüstungsproduktion anzufachen. Denn das Problem der Nato sei, dass sie "nur begrenzte Möglichkeiten" habe.
... zur Nato-Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben:
In der jüngst vorgestellten Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung sei bereits im Text angedeutet, dass letztlich alles unter einem finanziellen Vorbehalt stehe. "Wir sehen wieder Bemühungen, Geld einzusparen, auch wenn das Verteidigungsministerium erstmal ausgenommen ist", sagt Sicherheitsexperte Kaim.
Er hält es für "eine Fehleinschätzung zu glauben, in den nächsten Jahren könnte die Bundesregierung mit einem Füllhorn über die Lande ziehen und die Rüstungsbeschaffung so organisieren und finanzieren, wie das gewünscht wird".
Sollte der Krieg in der Ukraine zügig enden, "dann würde dieser transformative Impuls wahrscheinlich auch wieder nachlassen".
... zum Wunsch der Ukraine nach einer Nato-Mitgliedschaft:
Mit Blick auf den Nato-Gipfel in Vilnius im Juli seien unterschiedliche Lager zu erkennen: Deutschland, Frankreich und die USA seien in dieser Frage sehr zurückhaltend. "Es gibt einen Konsens, die Frage jetzt nicht zu thematisieren, solange der Krieg noch läuft, weil man dann befürchtet, direkt Kriegspartei zu werden." Und es gebe ein zweites Lager, vor allem aus osteuropäischen Staaten, die auf Fortschritte in dieser Richtung drängen.
Aber die Form bleibe bis jetzt vage. Seiner Einschätzung nach wird es eine institutionelle Aufwertung der Nato-Ukraine-Kommission hin zu einem Nato-Russland-Rat geben, die dann höherrangig auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs werde.
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