Koalitionsnavi zur Landtagswahl:Wahl in Hessen: Wer könnte mit wem?
Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. CDU, Grüne, SPD, FDP: Das Koalitionsnavi schaut, bei welchem Parteienbündnis es inhaltlich passen würde.
In Hessen wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Derzeit wird das Land von einer Koalition aus CDU und Grünen regiert.
Quelle: dpa
Laut
ZDF-Politbarometer extra zur
Wahl in Hessen hat die CDU mit Ministerpräsident Boris Rhein die Nase vorn. Die
CDU käme zurzeit auf 32 Prozent,
die Grünen mit ihrem Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir nur noch auf 17 Prozent, die
SPD ebenfalls auf 17 Prozent, die
AfD auf 16 Prozent, die
FDP auf fünf Prozent,
die Linke auf drei Prozent und die Freien Wähler auf vier Prozent.
Damit hätte die jetzige Regierung aus CDU und Grünen weiterhin eine Mehrheit, genauso auch ein Bündnis aus CDU und SPD. Für eine Regierung der SPD unter Führung von
Nancy Faeser mit Grünen und FDP würde es hingegen nicht reichen.
Vor den Landtagswahlen kann in Hessen die CDU in der Projektion zulegen. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer Extra. In Bayern hätte die CSU weiter schwache Werte.
Koalitionsnavi schaut auf mögliche Parteienbündnisse in Hessen
Wer überhaupt mit wem inhaltlich koalieren könnte, bei welchen Parteien es inhaltliche Überschneidungen oder auch Differenzen gibt, zeigt unser Koalitionsnavi.
"Freie Fahrt": Bei diesen Themen sind sich die Parteien zum Großteil einig.
"Vorfahrt achten/Baustelle": Wozu haben die Parteien unterschiedliche Vorstellungen, über die verhandelt werden muss?
"Unfallgefahr": Was sind die Fragen, bei denen Koalitionäre grundsätzlich abweichende Positionen haben, an denen Verhandlungen auch scheitern könnten?
Das Navigationstool wurde wissenschaftlich betreut vom Lehrstuhl für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen - unter der Projektleitung von Professor Andreas Blätte.
Wirtschaft, Wohnen, Arbeit und Soziales
CDU - Grüne
- Beide Parteien wollen Entbürokratisierung und Digitalisierung. Die CDU sieht so die Möglichkeit von Existenzgründungen innerhalb von 48 Stunden.
- Die CDU will innovative Ideen in allen Wirtschaftsbereichen mit Hessenfond fördern, Grüne wollen Klima- und Transformationsfond von mindestens sechs Milliarden Euro.
- Die Grünen wollen das Sozialbudget um 50 Prozent auf 200 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. CDU will sozialpolitische Maßnahmen in Fonds mit 150 Millionen Euro bündeln.
- Die Grünen wollen Wohnungsbau erneut mit zwei Milliarden Euro fördern und ökologisch ausrichten. Die CDU will junge Familien beim Erwerb der ersten Immobilie mit "Hessengeld" von 10.000 Euro pro Erwerbsperson plus 5.000 Euro für jedes Kind unterstützen.
- CDU und Grüne halten an der Schuldenbremse fest. Die Grünen wollen sie allerdings um die Möglichkeit von Krediten mit konkretem Tilgungsplan für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz flexibilisieren.
CDU - SPD
- Die SPD will mit Transformationsfonds die Wirtschaft Hessens zukunftsfähig machen, die CDU will innovative Ideen in allen Sektoren mit Hessenfonds fördern.
- Die SPD will Anspruch auf berufliche Qualifizierung durch eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie umsetzen. Die CDU will Menschen mit Weiterbildungsinitiative auf die Veränderungen in der Arbeitswelt vorbereiten.
- CDU und SPD wollen die Anerkennung von Abschlüssen von Fachkräften aus dem Ausland beschleunigen. SPD will Landesprogramm zur Anwerbung und Integration ausländischer Fachkräfte, die CDU unbefristete Arbeitserlaubnis für ausländische Absolventinnen deutscher Hochschulen.
- Die SPD will langfristig ausgerichtete Sozialpolitik mit nachhaltig finanzierten Sozialbudget. Die CDU möchte mit einem hessischen Familiengeld Kinderarmut bekämpfen.
- Zur Bekämpfung der Wohnungsnot wollen CDU und SPD die Umnutzung von Gewerbeimmobilien vereinfachen.
- Um Zukunftsinvestitionen sicher finanzieren zu können, fordert die SPD eine Konjunkturkomponente der Schuldenbremse.
SPD - Grüne - FDP
- Entbürokratisierung und Digitalisierung ist mit unterschiedlichen Akzenten Konsens (FDP: Kontakt zwischen Gründern, Unternehmen und Behörden nach One-Stop-Shop-Prinzip).
- Grüne und SPD wollen soziale und ökologische Standards stärker bei der Wirtschaftsförderung und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigen. FDP dagegen.
- SPD und Grüne wollen Ausbildungswerke schaffen, die junge Menschen bei der beruflichen Ausbildung umfassend unterstützen. Die SPD will, dass sich Betriebe, die nicht ausbilden, an den Ausbildungskosten der Betriebe beteiligen, die überdurchschnittlich ausbilden. Grüne und FDP dagegen.
- Grüne und SPD wollen den sozialen Wohnungsbau ankurbeln, FDP aber gegen Markteingriffe. Sie will, dass mehr gebaut wird - etwa indem Bauanträge automatisch als genehmigt gelten, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten entschieden wurden.
- Grüne und SPD wollen die Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen reformieren. Die FDP lehnt ein Aufweichen der Schuldenbremse strikt ab: Sie will eine Investitionsquote, um die öffentliche Infrastruktur mindestens zu erhalten.
Inneres und Migration
CDU - Grüne
- CDU und Grüne wollen die Polizei bürgernah stärken - auf den Polizeistationen und bei den Polizeistreifen.
- Die CDU will Gesichtserkennung in der Fahndung einsetzen, die Grünen lehnen eine flächendeckende Videoüberwachung des öffentlichen Raums ab.
- CDU und Grüne wollen schnellere Gerichtsverfahren unter anderem durch mehr Personal. Die Grünen wollen die Justiz durch die Entkriminalisierung von Bagatelldelikten wie dem ticketlosen Fahren im ÖPNV oder dem "Retten" von weggeworfenen Lebensmitteln ("Containern") entlasten.
- Die Grünen wollen Asylsuchenden, die sich in Hessen ein Leben aufgebaut haben, einen Spurwechsel ermöglichen. Die CDU will konsequent abschieben, sie lehnt Spurwechsel vom Asyl- in ein Einwanderungsverfahren ab.
CDU - SPD
- CDU und SPD für mehr sichtbare Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum. Dazu fordert die SPD einen zusätzlichen Streifenwagen für jede Polizeistation und entsprechend mehr (und besser bezahltes) Polizeipersonal.
- Beide Parteien wollen verhindern, dass Waffen in die Hände von Extremisten und Mitgliedern verfassungsfeindlicher Vereinigungen gelangen.
- Die CDU will die Teilnahme an Rechtstaatsklassen und Deutschkursen verpflichtend machen und bestimmte Integrationspflichten ausdrücklich in das Hessische Integrationsgesetz aufnehmen. Die SPD möchte auch EU-Ausländerinnen und -Ausländern sowie Menschen mit Migrationsgeschichte den kostenlosen Zugang zu Integrations- und Sprachkursen ermöglichen.
Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt, der Wahlkampf ist in vollem Gange. Wie stellen sich die Parteien zum Wahlkampfthema Migration auf?11.09.2023 | 1:50 min
SPD - Grüne - FDP
- Grüne, SPD und FDP für mehr Personal bei der Polizei. Die FDP fordert bis 2027 1.500 zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten: Dafür soll Realschülerinnen und Realschülern wieder der Einstieg in den hessischen Polizeidienst ermöglicht werden.
- Das Landesamt für Verfassungsschutz wollen Grüne, SPD und FDP reformieren und stärker unter parlamentarische Kontrolle stellen.
- Der Spracherwerb ist für Grüne, SPD und FDP bei der Integration von zentraler Bedeutung. Dieser soll durch niedrigschwellige Angebote unterstützt werden.
- Die SPD fordert das kommunale Wahlrecht für alle Menschen, die länger als sechs Jahre in hessischen Kommunen leben.
- Während die Grünen Abschiebungen nur "behutsam" einsetzen wollen, möchte die FDP, dass Abschiebungen "konsequent" durchgeführt werden.
Mehr Grenzkontrollen, schnelle Abschiebungen, mehr Hilfe vom Bund: Kurz vor der Wahl machen die Parteien in Hessen ihre Positionen in der Migrationspolitik deutlich. Ein Überblick.
von Susana Santina
Bildung, Kinder und Jugend
CDU - Grüne
- CDU und Grüne für Fortschritte bei der Digitalisierung, für den Ausbau ganztägiger Angebote und kostenfreies Schüler-Landesticket sowie für inklusive Beschulung in den allgemeinbildenden Schulen - bei Erhalt von Förderschulen.
- Die CDU hält am differenzierten Schulsystem und an Ziffernnoten fest, während die Grünen flächendeckend Angebote für längeres gemeinsames Lernen in Integrierten Gesamtschulen und die Ziffernnoten vor der dritten Klasse durch Entwicklungsberichte ersetzen wollen.
- CDU und Grüne wollen kostenfreie Ausbildung zum Meister, Techniker oder Fachwirt. Die Grünen wollen dabei Schulgelder für die Ausbildung in sozialen Berufen abschaffen.
CDU - SPD
- Die SPD will Elternbeiträge für Kitas komplett abschaffen. Die CDU will das für Kinder ab drei Jahren, insofern Mittel aus Länderfinanzausgleich verfügbar sind.
- Gegen den Lehrermangel wollen CDU und SPD bessere Besoldung von Grundschullehrkräften (nach A13), die SPD will außerdem Stipendienprogramm für Mangelfächer.
- Die SPD will "kompetenzorientierte Lernleistungsbeschreibungen" als Alternative zu Ziffernnoten etablieren sowie auf Basis von Sozialindikatoren Klassengrößen reduzieren und Schulen in besonders herausfordernden Lagen stärker unterstützen.
- Hochschulen: Die CDU will die Grundfinanzierung im Nachfolge-Hochschulpakt ab 2025 steigern, die SPD will gebührenfreies Studium für alle und dafür den hessischen Verwaltungskostenbeitrag abschaffen.
Grüne - SPD - FDP
- Grüne, SPD und FDP wollen Ausbau von Kita- und Krippenplätzen und mehr Schulen mit Ganztagsangeboten und Ganztagsschulen. Die Grünen wollen dabei pro Jahr 50 Schulen zusätzlich zu gebundenen Ganztagsschulen weiterentwickeln.
- Für digital gestützten Unterricht in jedem Klassenraum will die SPD IT-Support und Fortbildungen für alle Lehrkräfte.
- Die FDP will Informatik-Unterricht in der Sekundarstufe I flächendeckend einführen.
- Grüne und SPD gegen Studiengebühren. Die FDP will kostenfreien ersten berufsqualifizierenden Abschluss bis einschließlich Master an staatlichen Hochschulen, die Hochschulen sollen aber selbst entscheiden, ob sie die Studierenden angemessen an den Kosten des Studiums beteiligen.
In Hessen wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Junge Menschen beschäftigt vor der Wahl vor allem das Thema Bildung und Schule. Sie haben Forderungen an die Politik.
von Eva Schulz
Energie, Klima und Mobilität
CDU - Grüne
- Die CDU will ein klimaneutrales Hessen bis 2045. Die Grünen wollen das 2035 erreicht haben - sie wollen dafür die Einhaltung von Sektorzielen systematisch überwachen.
- CDU und Grüne wollen die Elektroladeinfrastruktur ausbauen sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren unter anderem für Photovoltaikanalagen und überregionale Stromleitungen vereinfachen und beschleunigen.
- Die Grünen wollen durch neue Mobilitätskonzepte bis 2030 landesweit den Autoverkehr um ein Drittel senken. Ein pauschales Verbot von Verbrennungsmotoren lehnt die CDU allerdings ab.
- Die CDU will die letzten vom Netz genommenen Kernkraftwerke als strategische Reserve zunächst weiterhin vorhalten.
CDU - SPD
- CDU und SPD wollen die Landesverwaltung bis 2030 klimaneutral machen.
- Die CDU möchte zum klimaneutralen Heizen Nah- und Fernwärmenetze weiter ausbauen, ein Verbot von neuen Gas- und Ölheizungen lehnen sie ab. Die SPD möchte den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärmebereitstellung bis 2030 verdoppeln.
- Beim ÖPNV wollen CDU und SPD ein deutlich ausgebautes Angebot. Die CDU strebt dazu einen 30-Minuten-Takt an. Auf dem Land soll der ÖPNV nach Wunsch von CDU und SPD durch On-Demand-Angebote wie Bürgerbusse oder Anruf-Sammeltaxis ergänzt werden.
- Um klimaneutrale Mobilität für alle zu ermöglichen, möchte die SPD ein "echtes Sozialticket" einführen.
Bund und Länder streiten um die Finanzierung des Deutschlandtickets. Dabei ist nicht einmal genau bekannt, wie viele Milliarden an Bundesmitteln pro Jahr in den ÖPNV fließen.
von Luisa Billmayer
Grüne - SPD - FDP
- Grüne und SPD wollen einen CO2-Schattenpreis im Haushalt etablieren, um die Klimawirkungen von Haushaltspositionen transparent zu machen.
- Die FDP will beim Klimaschutz priorisieren, was mit wenig Aufwand die größte Treibhausgasreduktion bringt. Förderprogramme und klimapolitischen Maßnahmen des Landes sollen daraufhin evaluiert werden.
- SPD und Grüne wollen zwei bzw. 2,2 Prozent der Landesfläche Hessens für die Windkraft einsetzen. Die FDP sieht größere Potenziale in windreichen Küstenregionen, die Nord-Süd-Stromtrassen "Ultranet" und "SuedLink" sollen deshalb zügig umgesetzt werden.
- Die SPD möchte begonnene Straßenbauprojekte (z.B. A44, A49) abschließen, dann aber keine neuen Autobahnprojekte mehr anstoßen. Die FDP will weiterhin Investitionen in Neu- und Ausbauten der Straßeninfrastruktur.
- SPD und Grüne befürworten Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen, während die FDP an den geltenden Regeln festhalten möchte.
Quelle: ZDF