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Pannen und Misskommunikation:Wie Faesers Hessen-Wahlkampf misslingt
von Peter Wagner, Wiesbaden
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Mit viel Euphorie ist die Hessen-SPD mit ihrer Spitzenkandidatin Faeser in den Landtagswahlkampf gestartet. Davon ist nicht mehr viel übrig. Wie es dazu kam.
Nancy Faeser und die SPD liegen weit abgeschlagen in Umfragen vor der Wahl in Hessen.
Quelle: dpa
"SPD Hessen will kommunales Wahlrecht für ausländische Bürger bereits nach sechs Monaten": Diese Schlagzeile und die folgende zerknirschte Entschuldigung des hessischen SPD-Generalsekretärs Christoph Degen für einen "redaktionellen Fehler im Wahlprogramm" ist der vorläufige Tiefpunkt der holprigen Wahlkampagne, die Nancy Faeser eigentlich zur hessischen Ministerpräsidentin führen soll.
Von diesem Ziel scheint die Bundesinnenministerin zweieinhalb Wochen vor dem Wahltermin weit entfernt. Fehler, Pannen und Ungeschicklichkeiten reihen sich aneinander. Der Beobachter fragt sich, ob die SPD-Kampagne einen Kopf, eine Strategie und ein klares Ziel hat.
Machtwort von Faeser zu Weiß lässt auf sich warten
Dabei hatte es so gut begonnen am 3. Februar in Friedewald: Faeser erklärt die Spitzenkandidatur für Hessen - eingerahmt von den SPD-Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger (Saarland) und Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz). Die Spitzengremien jubeln frenetisch, geballte Frauenpower gegen dekadenlange Oppositionsdepression. Wer dabei war, spürte Aufbruchstimmung, Mobilisierung wie lange nicht bei den Genossen.
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Dann folgt die lähmende Affäre um den SPD-Abgeordneten Marius Weiß. Der hatte den Landtags-Parkausweis für seine Frau kopiert, Ermittlungen wegen Urkundenfälschung, es dauert drei lange Monate, bis Faeser offensichtlich ein Machtwort spricht.
Ein gefundenes Fressen für die politischen Gegner. Weiß entschuldigt sich widerwillig, tritt vom Vorsitz des wichtigen Hanau-Untersuchungsausschusses zurück, akzeptiert einen Strafbefehl von 80 Tagessätzen - und erhält dennoch den aussichtsreichen Listenplatz 14 auf dem Wahlparteitag.
Chaos-Parteitag in Hanau
Dort, Mitte Juni in Hanau, wundern sich Beobachter aufs Neue: Die Jusos protestieren gegen die gerade von ihrer Spitzenkandidatin Faeser mühsam verhandelte EU-Asyl-Reform: T-Shirts "Not our Europa" überall im Saal. Eine Pressemitteilung der Hessen-SPD zu den Listen-Ergebnissen ihres Wahlparteitags? Fehlanzeige.
Der Kanal der Plattform X (Twitter) der Hessen-SPD: seitdem tot. Hier, auf diesem Parteitag, muss auch der angebliche Fehler passiert sein, als aus sechs Jahren Wartezeit fürs kommunale Wahlrecht sechs Monate wurden.
Olaf Scholz mit genug Rückendeckung für Faeser?
Was Parteifreunde leisten können, erlebt Nancy Faeser dann bei der ersten Wahlkampf-Reise mit Olaf Scholz durch Hessen. Dieser Freitag im August wird ihr im Gedächtnis bleiben: Der Kanzler lobt vor Hoteliers der Dehoga in Wiesbaden das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz, "das er selbst gerade am Mittwoch unterschrieben habe".
Die Urheberschaft Faesers wird mit keinem Wort erwähnt. Und als Nancy Faeser danach spricht, wendet sich Scholz ab, dreht ihr den Rücken zu. Zufall?
Causa Schönbohm wird für Faeser zum Problem
Dabei könnte Nancy Faeser Rückendeckung brauchen: Die Causa Schönbohm setzt ihr zu und dass der politische Gegner hier Angriffspunkte suchen würde, hätte ihren Beratern in Bund und Land klar sein müssen.
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Umso mehr erscheint ihre eigene politische Kommunikation in dieser Sache unglücklich. Und ihr Parteifreund Castelucci erweist ihr mit dem Interview im heute-journal dazu einen Bärendienst, als er die Versetzung von Schönbohm ungeschickt auf falsche Anschuldigungen zurückführt und damit den Kritikern Faesers in die Karten spielt:
Ampel und Rheinland-Pfalz: Faeser verteilt Lob an falscher Stelle
Druck, Belastung auf der Berliner Bühne, dazu die ungelöste EU-Flüchtlingskrise - wie viel Kraft bleibt für den hessischen Wahlkampf? Gibt es eine Strategie? Die Umfragewerte sehen die SPD etwa gleichauf mit Grünen und AfD, 13 Punkte hinter der CDU mit 31 Prozent. Das mit Abstand unbeliebteste Koalitionsmodell in allen Umfragen ist die Ampel - und Faeser favorisiert ausgerechnet die Ampel, auch "weil Rheinland-Pfalz dafür die beste Blaupause" sei.
Das Nachbarland über den grünen Klee zu loben zieht sich durch viele Faeser-Reden - angesichts lang gepflegter nachbarschaftlicher Konkurrenz kommt das in Hessen gar nicht gut an.
Faeser-Vorschlag Katastrophe für Einzelhandel?
Weiterer Faeser-Fehl-Vorschlag: Sie will einen neuen hessischen Feiertag am 1. Dezember, dem Verfassungstag. Was würden dann die Hessen tun: Sie fahren für ihre Weihnachtseinkäufe in die sechs Nachbarländer, eine Katastrophe für den Einzelhandel, warnen die Verbände.
"Die besten Kräfte für Hessen" lautet das Motto der SPD für den Wahlkampf. Zweifellos ist Faeser die beste Kandidatin, die Hessens SPD im Köcher hatte. Ihr Wahlkampf lässt daran zweifeln, dass sie auch die besten Kräfte im eigenen Team hat.
Peter Wagner ist Leiter des ZDF-Landesstudios in Hessen.
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